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STUDIE REFERIERT
Bluthochdruck
Sport oder Medikamente: Was wirkt besser?
Hypertonieleitlinien empfehlen zur Behandlung des Hochdrucks ausser Medikamenten auch Lebensstilmassnahmen wie Sport. Aber wie effektiv senkt körperliche Aktivität den systolischen Blutdruck im Vergleich zu Antihypertensiva? Eine Metaanalyse liefert Daten zu dieser Frage.
British Journal of Sports Medicine
Immer mehr Menschen bekommen Antihypertensiva verordnet – und dieser Trend wird sich noch verstärken, da anerkannte Fachgesellschaften wie die American Heart Association (AHA) und das American College of Cardiology (ACC) den systolischen Grenzwert zur Definition der Hypertonie gesenkt haben. Dass Trainingsprogramme den systolischen Blutdruck senken können, ist bekannt. Wissenschaftler des Department of Health Policy, London School of Economics and Political Science, London, verglichen kürzlich in einer Netzwerkmetaanalyse, wie effektiv Sport beziehungsweise Medikamente den systolischen Blutdruck senken können.
Im Test: gängige Antihypertensiva und Trainingsprogramme
Ziel der Autoren war es, verschiedene Arten und Intensitäten von Trainingsprogrammen mit unterschiedlichen Antihypertensivaklassen hinsichtlich der systolischen Blutdrucksenkung zu vergleichen. Darüber hinaus beurteilten die Kollegen die Wirkung von Sport und Medikamenten auf den systolischen Blutdruck speziell bei Hypertonikern. Für die Metaanalyse berücksichtigten die Forscher randomisierte, kontrollierte Studien (RCT), in denen folgende Antihypertensiva zum Einsatz kamen:
ACE-(«angiotensin-converting enzyme»-) Hemmer, Angiotensin-2-Rezeptor-Blocker (ARB), Betablocker, Kalziumantagonisten und Diuretika. Analysiert wurden zudem aktuelle RCT, die den Effekt von Ausdauertraining sowie dynamischem oder isometrischem Krafttraining überprüften. Insgesamt wurden 197 Sportstudien mit 10 461 Teilnehmern und 194 Medikamentenstudien mit 29 281 Teilnehmern in die Metaanalyse eingeschlossen. Keine dieser Studien verglich direkt die blutdrucksenkende Wirkung von Sport und Medikamenten. Während alle Medikamentenstudien Patienten mit Hochdruck (≥ 140 mmHg) untersuchten, traf dies nur für 56 der Trainingsstudien zu.
Sport bei Hypertonikern so wirksam wie Blutdrucksenker
Analysen der Gesamtpopulation ergaben, dass Medikamente den systolischen Ausgangswert deutlicher senkten als Trainingsprogramme (durchschnittliche Differenz: –3,96 mmHg). Im Vergleich zu den Kontrollpersonen zeigten alle sportlichen Interventionen und alle Antihypertensivaklassen eine effektive Senkung des systolischen Ausgangswerts. Bei der separaten Auswertung nur der hypertensiven Teilnehmer fanden die
Studienärzte keine erkennbaren Unterschiede hinsichtlich der blutdrucksenkenden Wirkung von ACE-Hemmern, ARB, Betablockern und Diuretika im Vergleich zu Ausdauertraining oder dynamischem Krafttraining.
Basis für evidenzbasierte Diskussionen
Bei Hypertonikern sind verschiedene
Arten sportlicher Interventionen so
wirksam wie die meisten Antihyperten-
siva, wie die Autoren zusammenfassen.
Sie weisen darauf hin, dass struktu-
rierte Trainingsprogramme bis jetzt
noch nicht so gut untersucht sind wie
blutdrucksenkende Arzneimittel, und
dass es nach wie vor keine direkten Ver-
gleichsstudien gibt. Dennoch könnten
die vorliegenden Ergebnisse die Basis
für ein evidenzbasiertes Arzt-Patienten-
Gespräch zum Thema Sport und Blut-
drucksenkung bilden.
AW s
Quelle: Naci H et al.: How does exercise treatment compare with antihypertensive medications? A network meta-analysis of 391 randomised controlled trials assessing exercise and medication effects on systolic blood pressure. Br J Sports Med 2018, doi: 10.1136/bjsports-2018099921.
Interessenlage: Die Autoren der referierten Metaanalyse haben keine Interessenkonflikte deklariert.
ARS MEDICI 7 | 2019
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