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STUDIE REFERIERT
Biologika bei rheumatoider Arthritis
Rituximab, Abatacept und Tocilizumab im Vergleich
Patienten mit therapierefraktärer rheumatoider Arthritis profitieren seit einigen Jahren von neuen, gentechnologisch hergestellten Biologika. Eine Beobachtungsstudie vergleicht erstmals Wirksamkeit und Nebenwirkungen und findet eine Verbesserung der Symptome vor allem unter Rituximab und Tocilizumab, weniger unter Abatacept.
British Medical Journal
Obwohl sich die Lebensqualität von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) seit Beginn der Behandlung mit TNF-(Tumornekrosefaktor-)α-Inhibitoren wesentlich verbessert hat, sprechen nur zwei Drittel der Patienten überhaupt auf diese Therapie an. Alternativ kommen deshalb neuere und mithilfe von Gentechnik hergestellte Biologika zum Einsatz: Rituximab (MabThera®, Rixathon®), ein monoklonaler Antikörper, führt über die Bindung an das CD20-Antigen zu einer Zerstörung der B-Lymphozyten, Abatacept (Orencia®) hemmt durch Bindung an CD80 und CD86 selektiv die T-Zell-Aktivierung, und Tocilizumab (Actemra®) ist ein monoklonaler Immunglobulin-(Ig-) G1-Antikörper gegen den humanen Interleukin-(IL-)6-Rezeptor. Für alle drei Medikamente konnte die Wirksamkeit gegenüber Plazebo mittels randomisierter, kontrollierter Studien (RCT) nachgewiesen werden, untereinander wurden diese Biopharmaka bisher jedoch nie miteinander verglichen.
Register ermöglichen Datenvergleich
Der Franzose Jacques-Eric Gottenberg und sein Team führten vom September 2005 bis August 2013 erstmals eine prospektive Kohortenstudie durch, basierend auf den Untersuchungsergebnissen der französischen Gesellschaft für Rheumatologie, welche die drei Datenregister Autoimmunity and Rituximab (AIR), Orenica and Rheumatoid Arthritis (ORA) und REGistryRbAcTEmra (REGATE) betreut. Aus 107 Kliniken wurden 3162 Patienten im Alter über 18 Jahre rekrutiert, welche die Diagnosekriterien einer RA des
American College of Rheumatology (ACR) von 1987 erfüllten und während mindestens 24 Monaten eine i.v.Behandlung mit einem der drei Studienmedikamente erhielten. Ausgeschlossen wurden Patienten mit einer Kontraindikation gegen eines der Biologika wie beispielsweise eine schwere kardiovaskuläre Erkrankung, aktive Infekte oder eine schwere Immunschwäche. Primärer Endpunkt war die Beibehaltung der medikamentösen Behandlung über 24 Monate ohne ein Therapieversagen. Zu Letzterem zählten Eintritt des Todes, Abbruch der Therapie oder Notwendigkeit einer Behandlung mit einem konventionellen krankheitsmodifizierenden Antirheumatikum (disease-modifying anti-rheumatic drug, DMARD), einem anderen Biotherapeutikum oder höheren Kortisondosen. Zu den sekundären Endpunkten zählten unter anderem die Reduktion des DAS28 (Disease Activity Score, 28 definierte Gelenke) beziehungsweise die Abnahme der Anzahl schmerzhafter, geschwollener Gelenke und der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) gemäss der European League Against Rheumatism (EULAR).
Mit Rituximab und Tocilizumab längere Behandlung möglich
Nach 24 Monaten wurden 86,6 Prozent der Patienten noch mit Rituximab behandelt, mit Abatacept 39,3 Prozent beziehungsweise 63,4 Prozent mit Tocilizumab. Die durchschnittliche Einnahmedauer war bei Rituximab und Tocilizumab länger (19,8 resp. 19,1 Monate) als bei Abatacept (15,6 Monate). Die positive Ansprechrate gemäss EULAR-Kriterien war 2 Jahre
nach Behandlungsbeginn bei Rituxi-
mab und Tocilizumab besser als bei
Abatacept. Schwere Nebenwirkungen
(Infektionen, kardiale Komplikatio-
nen, Krebs, Tod) traten unter allen drei
Biologika gleichermassen auf, jedoch
häufiger unter Abatacept. Die längere
Behandlungsdauer unter Rituximab
und Tocilizumab ist laut Autoren nicht
auf das bessere Sicherheitsprofil, son-
dern auf die bessere Wirksamkeit dieser
beiden Medikamente zurückzuführen.
Als grösste Schwäche der Studie wer-
den von den Autoren die bei Beobach-
tungsstudien naturgemäss fehlende
Randomisierung und ein Verordnungs-
Bias angesehen. Hingegen bilden die
Registerdaten viel eher ein «real-life
setting» ab, als dies mit einer RCT
möglich wäre, und sie liefern zudem
eine hohe Zahl von Studienteilneh-
mern.
Erstmals konnte eine Studie anhand
von realen Daten aus der Praxis aufzei-
gen, dass bei erwachsenen Patienten
mit RA und fehlendem Ansprechen auf
TNF-α-Inhibitoren Rituximab und
Tocilizumab nach 2-jähriger Behand-
lung trotz ähnlicher Nebenwirkungen
offenbar häufiger zu einer Verbesse-
rung der Symptome führen als Abata-
cept.
MIK s
Quelle: Gottenberg JE et al.: Comparative effectiveness of rituximab, abatacept, and tocilizumab in adults with rheumatoid arthritis and inadequate response to TNF inhibitors: prospective cohort study. BMJ 2019; 364: I67.
Interessenlage: Die Autoren der referierten Originalstudie haben keine Interessenkonflikte deklariert.
ARS MEDICI 7 | 2019
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