Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Kaum scheint die Sonne, sind die Fenster dreckig.
LLL
So wie es zu den sieben Weltwundern der Antike* (Kriegen Sie sie zusammen?) sieben moderne Pendants** gibt (Wetten, dass Sie die auch nicht kennen!), gibt es neben den sieben Todsünden der Bibel (Geiz, Gier, Zorn, Hochmut, Neid, Wollust und Faulheit) auch die sieben modernen Varianten, die da sind (gemäss Andreas Rebers): shoppen, ficken, fressen, fernsehen, Mediamarkt, Onlinehetze und sinnlos rumchillen.
LLL
Andreas Rebers, einer der wenigen deutschen Comedians, die mehr als die drei klassischen deutschen Comedy-Themen (Trump, AfD, Seehofer bzw. Scheurer) bearbeiten, über die deutsche Psyche: Sie besteht aus «Ich», «Über-Ich» und «Unter-mir». Ausserdem gibt es noch ein besonders problematisches «AusserSich». Nur etwas fehlt: das «Bei-Sich».
LLL
Mysteriös: Ketamin, ein starkes Schmerzmittel, wirkt auch gegen Depressionen – aber nur, wenn der Forscher, der das untersucht, ein Mann ist. Führt eine Frau die Versuche durch, bleibt das Ketamin ohne Wirkung. Das war das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie. Wie solche Geschlechterdiskriminierung zustande kommt, weiss niemand. Der Unterschied zwischen Männlein und Weiblein bleibt eben geheimnisvoll. Es würde einen nicht wundern, wenn man feststellte, dass das alles nur stimmt, wenn eine Journalistin, also eine Frau, darüber schreibt. Oder vielleicht glauben das nur Männer, und auch nur dann, wenn der Pöstler eine Frau ist. Ach, Sie glauben bald gar nichts mehr? Ja dann kann man Ihnen nur gratulieren – egal, ob Sie Mann oder Frau sind.
LLL
Die Begeisterung des Basler Polizeidepartements für den Tesla X 100D war riesengross. So gross, dass man eine (vorgeschriebene) Evaluation für überflüssig hielt. Na ja, nicht ganz, am Genfer Automobilsalon widmete man sich der Marktanalyse. Danach hielt die «Schugger» aber nichts mehr ab vom Kauf von sieben je 140 000 Franken teuren Patrouillenboliden. Man kann’s ja verstehen. Die Polizeien von Bologna und Rom haben sich gar babyblaue Lamborghinis Huracàn für je rund 300 000 Franken zugelegt. Und selbstverständlich überzeugende Gründe dafür gefunden, zum Beispiel dringende Blutkonserventransporte (Zwinker!). So wirklich gediegen geht’s allerdings nur in Dubai zu. Die Wüstenpolizei hat ihre Flotte von Aston Martins, Bentleys, Lamborghinis und Ferraris neu mit Bugatti Veyrons (für lasche 2 Millionen) ergänzt und jagt die bösen Buben jetzt notfalls mit über 400 km/h. Wir lernen: Polizeiarbeit kann durchaus Spass machen.
LLL
Okay, es ist unfair, aber so ganz unrecht hat der Kollege nicht: «Bei uns schwänzen die Teenies die Schule wegen Demos gegen den Klimawandel. Gleichzeitig bauen im Kongo ihre gleichaltrigen Gschpänlis Kobalt ab für Daddys E-Auto.»
LLL
Schlimm, diese alten, männlichen Weissen. Sie hatten in den letzten Jahrzehnten nichts Gescheiteres zu tun, als den Jungen Erfindungen wie das Flugzeug (für Ferien in der Karibik), Laptop, Tablet, Internet, Smartphone (Was? Die Römer kannten das noch nicht?), Facebook, Instagram, Zalando, Magnetresonanztomografie, Chemotherapeutika, die Anti-Baby-Pille (Wie? Die gibt’s erst seit dem Mittelalter?), Elektroautos und dergleichen zu hinterlassen.
LLL
Kari fragt sich, ob man von ihm je sagen wird, er habe «ein interessantes Leben» gehabt. Was ist das: ein «interessantes Leben»? Muss man dafür reich oder berühmt gewesen sein? Wichtige Leute getroffen haben? Was sind wichtige Leute? Prominente? Reiche? Muss man viel gereist sein? Und wenn ja, wohin? Muss man einen spannenden Beruf gehabt haben? Nur, was zum Teufel ist ein spannender Beruf? Muss man im Fernsehen gewesen sein? Sohn oder Tochter eines Diplomaten und in sechs verschiedenen Hauptstädten gewohnt haben? Führte, fragt sich Kari, meine Nachbarin, Bauerntochter mit acht Geschwistern, gelernte Damenschneiderin, verheiratet, keine Kinder, vom Mann verprügelt und verlassen und am Ende an einer seltenen, aber «spannenden» Krankheit gestorben, ein langweiliges Leben? Oder einfach ein tragisches? Vielleicht sollte man die Frage nach einem «interessanten Leben» gar nicht stellen. Warum nicht? Die frivole Gisela meint, «weil fast jedes Leben interessant ist». Ja, nur fast. «Kari, komm, wir stossen an. Auf die vielen armen Schlucker, die kein ‹interessantes Leben› geführt haben. Auf uns!»
LLL
Und das meint Walti: Unterschätzen Sie die Leistung alleinerziehender Kinder nicht! Mütter können arg anstrengend sein.
Richard Altorfer
*Hängende Gärten von Semiramis, Pyramiden von Giseh, Koloss von Rhodos, Grab des Halikarnassos, Leuchtturm auf Pharos, ArtemisTempel in Ephesos, Zeusstatue von Olympus. **Chichén Itzá (Mexiko), Chinesische Mauer, Cristo Redentor (Rio de Janeiro), Kolosseum, Machu Picchu, Petra und Taj Mahal.
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ARS MEDICI 5 | 2019