Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
«Nur weil man paranoid ist, heisst das noch nicht, dass man nicht verfolgt wird.» Ist vielleicht der wichtigste Satz, wenn von Verschwörungstheorien und Fake-News die Rede ist.
LLL
Erinnern Sie sich an Knut, den Eisbären? Hätte er sprechen können, er wäre gewiss ebenfalls ans WEF in Davos eingeladen worden.
LLL
Gilbert Keith Chesterton, der Erfinder von Pater Brown: «Seit die Menschen nicht mehr an Gott glauben, glauben sie nicht an nichts, sie glauben allen möglichen Unsinn.»
LLL
Die Frage ist nicht, ob Steuern nötig sind. Natürlich sind sie’s. Der Staat muss schliesslich wichtige Dienstleistungen erbringen und bezahlen. Die Frage ist: wieviel Steuern sind nötig? Die Antwort «des Staates», gemeint sind jene, die die Dienstleistungen organisieren, also die Regierungen, ist überall auf der Welt die gleiche: «Mehr!» Gibt man dem Staat, dann braucht er das Geld. Gibt man ihm mehr, braucht er mehr. Gäbe man ihm alles, er würde alles verbrauchen, denn Aufgaben und Ausgabemöglichkeiten, Dienstleistungen und Zukunftsinvestitionen gibt es unendlich viele. Das alles ist kein Vorwurf. Nur eine Feststellung. Die Schlussfolgerung: man muss dem Staat «weniger» Steuermittel zur Verfügung stellen. Regierung und Verwaltung werden damit gute Arbeit leisten, denn es sind gute Leute. Ach, Sie fragen «Weniger als was»? Egal. Jedenfalls weniger.
LLL
Jetzt wird auch noch aufräumen zum Kult. Auf Youtube und andern nach
trashigen Themen gierenden Radio- und TV-Kanälen tritt Frau Marie Kondo, genannt die «japanische Aufräummeisterin», auf. Auf Netflix läuft eine Docusoap: «Tidying up with Marie Kondo». Die hübsche, sehr aufgeräumte Dame gibt Kurse, schreibt Bücher, lässt sich interviewen, kurz, ist überall präsent und verdient ein Heidengeld. Mit «Magic cleaning» versucht die elfenhaft zarte Japanerin uns davon zu überzeugen, dass die meisten Dinge, die bei uns herumstehen, ihre Aufgabe längst erfüllt haben und deshalb weg können. Die Erinnerungen in unseren Köpfen genügen. Und natürlich macht Marie Kondo – sie kommt schliesslich aus Japan und ist eine «Meisterin» (in Anlehnung an Zen) – aus dem Aufräumen ein Ritual. Nichts gegen Rituale, meint der etwas messihafte Nachbar, aber die Lavasteine vom Ätna, die Muscheln aus Neuseeland, das Stück Seehundfell aus Argentinien, die Halskette von den Samburu und die vielen ungelesenen Bücher sowieso – die bleiben hier, bis zu meinem Tod. Basta. Eher fliegt Youtube aus meiner Favoritenleiste als mein alter Spielzeugkran in den Müllsack. Dasukurāru? (Japanisch)
LLL
Ja, ja, die Bayern. Ein wenig gleichen sie den Schweizern. In München dominieren Arroganz und Schickeria – wie in Zürich. Auf dem Land Bodenständigkeit und Eigensinn. Den Satz könnte man sich auch auf Berndeutsch vorstellen: «Wir hams uns ned ausgsuacht a Bayer zum sei. Mir ham hoid narrisch vui Glück ghabt!»
LLL
Reinigungsmittel sind giftig, Pommes frites und Big Macs verstopfen die Arterien, Diesel killt die Lungen, bei Flugreisen und Röntgen wird man massiv bestrahlt, Handys erzeugen Hirntumore. Schlimm! Vor 300 Jahren gab’s das alles noch nicht. Damals war die Lebens-
erwartung aber auch nur halb so hoch wie heute.
LLL
Der Begriff bureaucratie wurde vom Franzosen Vincent de Gournay (1712– 1759) geprägt und als «Bürokratie» ins Deutsche übernommen. Das Kunstwort ist zusammengesetzt aus «bureau» und «cratie» (Griechisch «krateia» = Herrschaft, Gewalt, Macht). Der Ursprung des Wortes «bureau» (Schreibtisch, Arbeitszimmer) ist das lateinische Wort «burra», das einen «groben Wollstoff, beziehungsweise ein zottiges Gewand» bezeichnet, mit dem Schreibtische überzogen wurden. Später wurde der Ausdruck auf den Schreibtisch selbst und am Ende auch auf den Ort übertragen, wo sich der Schreibtisch befindet. Wörtlich bedeutet Bürokratie somit «Herrschaft der Verwaltung».
LLL
Man ist erinnert an das Bonmot «Die Ehe ist ein Versuch, zu zweit mit den Problemen fertig zu werden, die man allein niemals gehabt hätte.» Ganz ähnlich lösen Bürokraten Probleme von Leuten an Orten, wo die Leute bis zum Eingreifen der Bürokraten gar keine Probleme hatten.
LLL
Und das meint Walti (aus dem Schwäbischen zurück): Nix gschwätzt, isch gnuag globt.
Richard Altorfer
56 ARS MEDICI 3 | 2019