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Titel
Infektiologie und Impfungen – Ihre Patientinnen und Patienten haben mehr Impfluecken als Sie glauben
Untertitel
Interview mit Prof. Dr. Ulrich Heininger Leitender Arzt und Chefarzt-Stv. Pädiatrie Pädiatrische Infektiologie und Vakzinologie Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB)
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Rückblick 2018/Ausblick 2019
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39127
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Rückblick 2018/Ausblick 2019

Infektiologie und Impfungen
Prof. Dr. Ulrich Heininger Leitender Arzt und Chefarzt-Stv. Pädiatrie Pädiatrische Infektiologie und Vakzinologie Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB)

Was ändert sich dadurch für das Vorgehen in der Hausarztpraxis?
Unter den schwierigen Rahmenbedingungen (siehe auch meine
Antwort auf die Frage 5) ist es eine echte Herausforderung für
die Grundversorger, ihren Patientinnen und Patienten den nach
Stand des Wissens optimalen Impfschutz zukommen zu lassen.

Ihre Patientinnen und Patienten haben mehr Impflücken, als Sie glauben!

Wurden 2018 in Ihrem Fachgebiet neue Medikamente zugelassen, die die Therapie erheblich verbessern könnten?
Nein, leider nicht. Nach wie vor ist es sehr bedauerlich, dass
viele in den Ländern um uns herum zugelassenen Impfstoffe uns
in der Schweiz nicht allgemein zur Verfügung stehen.

Welche neuen Erkenntnisse des letzten Jahres in Ihrem Fachgebiet fanden Sie besonders spannend?
Wir haben auf dem Gebiet der Impfprävention als einem wichtigen Pfeiler der Gesundheitsvorsorge für unsere gesamte Bevölkerung grosse Schritte nach vorne gemacht, insbesondere was die Impfempfehlungen betrifft. So können nun Erwachsene mit Risikofaktoren ab dem Alter von 50 Jahren und alle anderen ab dem Alter von 65 Jahren gegen Herpes zoster geimpft werden. Das ist die gute Nachricht. Die weniger gute: Diese Impfung ist leider nicht mit dem derzeit besten Impfstoff (eine inaktivierte Vakzine) möglich, da dieser in der Schweiz bis heute nicht zugelassen ist. Und leider bis anhin noch immer ohne Kostenübernahme durch die Krankenversicherungen.

Auf welche Studienresultate sind Sie für 2019 besonders gespannt?
Das sind eher nicht neue Studienresultate, sondern das ist die Umsetzung der neuen Impfempfehlungen von BAG und EKIF. Wir werden 2019 eine Reihe neuer Impfempfehlungen für Kinder in der Schweiz haben, nämlich folgende: 1. Die Hepatitis-B-Impfung wird für alle Säuglinge als Basis-
impfung empfohlen, ebenso die Pneumokokken-Konjugatimpfung (bisher nur «ergänzend» empfohlen). 2. Die Basisimpfungen im 1. Lebensjahr umfassen nur noch 2 Impfdosen (DTPa/IPV/Hib/IPV/HBV), die 3. Dosis wird eingespart, und dies ohne nennenswerten Verlust der Schutzwahrscheinlichkeit.

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3. Die 1. MMR-Impfung wird neu bereits mit 9 statt 12 Monaten empfohlen, die 2. Dosis mit 12 statt 15 bis 24 Monaten; frühere Impfung bedeutet früheren Schutz, und dies ist in der Schweiz bei nach wie vor zirkulierenden Masernviren wichtig.
4. Die Meningokokken-Gruppe-C-Impfempfehlung wird auf quadrivalenten Schutz (A, C, W und Y) erweitert. Zulassungskonform wird dies allgemein ab dem Alter von 24 Monaten empfohlen. Damit wird der gegenwärtigen Epidemiologie invasiver Meningokokkeninfektionen Rechnung getragen und das Schutzspektrum bezüglich einer zwar seltenen, aber immer lebensbedrohlichen Krankheit signifikant erweitert.
Und was «fürchten» Sie am meisten?
Dass die Schweiz für Hersteller von Medikamenten noch unattraktiver wird, als sie es ohnehin schon ist. Ich befürchte, dass

dann immer mehr Lieferengpässe von Impfstoffen und anderen Medikamenten zu echten Versorgungsengpässen führen könnten. Auch wenn ich mich wiederhole: Dies unterminiert das Vertrauen der Bevölkerung in unsere Medizin und schadet nicht zuletzt auch dem Impfgedanken und damit unserer Gesundheit. Nach Ansicht weiter Teile der Ärzteschaft ist die Politik aufgefordert zu handeln.

Was ist Ihre wichtigste Botschaft für die Kolleginnen und Kollegen in der Hausarztpraxis 2019?

Nehmen Sie weiterhin Ihre Verantwortung wahr, und kontrol-

lieren Sie regelmässig den Impfstatus Ihrer Patientinnen und Pa-

tienten. Diese haben mehr Impflücken, als Sie glauben, und diese

Lücken lassen sich einfach aufdecken und beheben – man wird

es Ihnen danken! Und wenn Sie Hilfe brauchen: Die Experten

von INFOVAC helfen Ihnen gerne (www.infovac.ch).

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