Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Chirurgie
Supermikrochirurgie: Lymphgefäss genäht
Operation geschädigt worden war.
Der Ductus thoracicus ist das
grösste Lymphgefäss des Körpers
und führt von den Lenden über
den Brustraum bis zum Hals. Bei
Tumoroperationen am Hals oder
in der Brusthöhle werden mitunter
grössere Lymphgefässe durch-
trennt. Diese konnten bis anhin
nicht wiederhergestellt werden,
was lebensbedrohlich sein kann.
Prof. Nicole Lindenblatt (2. von links) während einer supermikro- Lindenblatt und ihr Team machten
chirurgischen Operation (Foto: USZ)
das Leck durch Einfärben der Lym-
phe mit einem Fluoreszenzfarb-
Zum ersten Mal in der Schweiz gelang es stoff sichtbar und verbanden die offenen Stel-
einem Team um die Chirurgin Prof. Nicole Lin- len mit einer benachbarten Vene, um so den
denblatt am Universitätsspital Zürich, die physiologischen Abfluss der Lymphe wieder
Funktionalität des Ductus thoracicus wieder- zu gewährleisten. Der Faden, mit dem die Ge-
herzustellen, nachdem dieser bei einemTumor- fässe zusammengenäht wurden, war dünner
patienten im Rahmen einer onkologischen als ein Haar, die Nadel mit einem Durchmes-
ser von 0,05 Millimeter war zwei Millimeter lang. «Chirurgisch gesehen galt es bisher als nahezu unmöglich, den Milchbrustgang zu reparieren, weil er manchmal nur einen Millimeter Durchmesser aufweist und man ihn in der Wunde oder der Narbe oft nicht findet», so Lindenblatt. Bis anhin hatte man in solchen Fällen versucht, das Lymphgefäss zu unterbinden, was oft nicht richtig funktionierte. Weltweit wurde die Operation bisher erst wenige Male durchgeführt. Nebst Patienten, die sichwegen Tumoren, herzchirurgisch oder nach Unfällen operieren lassen müssen, kann die Operation auch bei angeborenen Fehlbildungen des Milchbrustgangs infrage kommen. USZ/RBO L
Universitätsspital Zürich, Medienmitteilung vom 27. Dezember 2018
Onkologie
Tumorzellen in Fett verwandeln oder ausbremsen
Forscherteams der Universität und des Universitätsspitals Basel haben kürzlich gleich zwei neue Strategien entdeckt, mit denen man die Bildung von Metastasen hemmen könnte. Das Team um Prof. Gerhard Christofori machte sich die enorme Wandlungsfähigkeit von Tumorzellen zunutze. Diese Zellen haben bekanntermassen «embryonale» Eigenschaften, wodurch sie praktisch ungebremst wachsen und sich in verschiedene Formen weiterentwickeln können – auch in völlig harmlose Fettzellen, wenn man sie mit bestimmten Substanzen behandelt. In Versuchen mit Mäusen gelang es, Brustkrebszellen, die sich sehr schnell teilen, sozusagen in die Irre zu schicken. Eine Kombination aus Rosiglitazon und Trametinib bewirkte, dass sich die Tumorzellen in Adipozyten verwandelten und somit weder in das benachbarte Gewebe einwandern noch Metastasen bilden konnten. «Dieser neuartige Therapieansatz könnte zukünftig genutzt werden, um in Kombination mit konventioneller Chemotherapie das primäre Tumorwachstum und gleichzeitig
auch die Bildung von tödlichen Metastasen zu unterdrücken», so Christofori (1). Prof. Nicola Aceto und sein Team identifizierten Substanzen, welche die Bildung von Tumorzellverbänden aus zirkulierenden Krebszellen rückgängig machen können. Krebszellen, die sich zu solchen Zellverbänden verbinden können, haben offenbar ein höheres Metastasierungspotenzial. Über die zugrundeliegenden Mechanismen ist wenig bekannt. Das Forscherteam untersuchte darum die DNA-Methylierungsmuster einzelner zirkulierender Krebszellen sowie von Tumorzellverbänden von Brustkrebspatientinnen und im Tiermodell bei Mäusen. Die DNAMethylierung triggert das An- oder Abschalten von Genen. Tatsächlich fand man bei den Krebszellen und Krebszellverbänden typische Methylierungsmuster mit Bezug auf Gene, die bei der Proliferation und Metastasierung eine Rolle spielen. Auf der Suche nach einem Wirkstoff, der die Bildung der Krebszellverbände unterdrücken könnte, testete dasTeam 2486 von der US-Arzneimittelbehörde FDA zugelas-
sene Substanzen, die für unterschiedliche
Indikationen eingesetzt werden. Darun-
ter fanden sich einige Natrium-Kalium-
ATPase-Inhibitoren, die in vitro eine Auf-
lösung der Tumorzellverbände bewirkten.
Gleichzeitig verschwanden auch die er-
wähnten typischen Methylierungsmuster.
Diese Substanzen könnten darum mögli-
cherweise vor Metastasen schützen (2).
Sowohl für die Verwandlung von Tumor-
in Fettzellen als auch die spezifische
Methylierungsbremse gilt, dass sich diese
Ansätze noch im Stadium der Grund-
lagenforschung befinden. Ob und wann
sie klinisch relevant werden könnten,
wird die Zukunft zeigen.
RBO L
Universität Basel, Medienmitteilungen vom 10. und 17. Januar 2019
1. Ishay-Ronen D et al.: Gain fat—lose metastasis: converting invasive breast cancer cells into adipocytes inhibits cancer metastasis. Cancer Cell 2019; 35(1): 17–32.
2. Gkountela S et al.: Circulating tumor cell clustering shapes DNA methylation to enable metastasis seeding. Cell 2019; 176(1-2):98–112.
6 ARS MEDICI 1+2 | 2019
Kardiologie
Herzinfarkt: Zürcher Frauen zögern zu lange
Rückspiegel
Gemäss einer kürzlich veröffentlichten Studie des Stadtspitals Triemli zögern Frauen bei einem Herzinfarkt länger als Männer, bis sie medizinische Hilfe in Anspruch nehmen – einerseits weil sie Herzinfarkte fälschlicherweise als typische Männerkrankheit betrachten, andererseits weil bei Frauen häufig andere Symptome auftreten als bei Männern. «Die Intensität der Beschwerden bei Frauen und Männern ist zwar ähnlich, aber die Lokalisation variiert. Patienten mit Brustschmerzen, die in den linken Arm ausstrahlen, vermuten am ehesten einen Herzinfarkt als Ursache, wobei dies das typische Symptom bei Männern ist. Frauen hingegen haben häufig auch Schmerzen im Rücken, den Schultern, im Oberbauch oder Kiefer», so Studienautor Dr. Matthias Meyer, Kardiologe am Stadtspital Triemli. Analysiert wurde in der Studie der Behandlungsverlauf bei 967 Frauen und 3393 Männern, die von 2000 bis 2016 am Stadtspital Triemli wegen eines akuten STEMI aufgenommen wurden. Sobald die Patientinnen und Patienten im Spital eingetroffen waren, fanden sich keine geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Behandlung. Anders sah es bei dem Zeitverzug zwischen Infarkt und Notruf aus: Die Frauen
warteten im Durchschnitt 37 Minuten länger
als die Männer bis sie medizinische Hilfe such-
ten. Dieser Verzug blieb über all die Jahre in
etwa konstant.
Im Spital verstarben nach einem STEMI mehr
Frauen (5,9%) als Männer (4,5%). Allerdings sei
dafür primär nicht das Zögern der Frauen ver-
antwortlich, heisst es in einer Medienmittei-
lung zur Studie. «Die Spitalsterblichkeit hängt
mehr von den akuten Komplikationen eines
Herzinfarkts ab als von den zeitlichen Verzöge-
rungen. Aber wir wissen aus früheren Studien,
dass die Behandlungsgeschwindigkeit einen
Einfluss auf das Langzeitüberleben hat. Des-
halb zählt bei einem Herzinfarkt jede Minute.
Bei Auftreten von Infarktsymptomen wie Brust-
schmerzen, Schmerzen im Hals, Nacken, den
Schultern, im Rücken oder Oberbauch, welche
mehr als 15 Minuten anhalten und häufig von
Übelkeit, Schweissausbrüchen, Atemnot oder
existenzieller Angst begleitet sind, sollte deshalb
sofort professionelle Hilfe in Anspruch genom-
men werden», sagte Meyer.
USZ/red L
Pressemitteilung der Stadt Zürich vom 10. Januar 2019
Transplantation
Zahl der Organspenden leicht gestiegen
Mit 158 postmortalen Spendern ist die Zahl der Organspender in der Schweiz im Vergleich zum Jahr 2017 um 10 Prozent gestiegen. Es handelte sich um 126 Spender im Hirntod (DBD: donation after brain death) und 32 Spender im Hirntod nach Herz-Kreislauf-Stillstand (DCD: donation after cardiac death). 68 Patienten sind 2018 auf der Warteliste verstorben. Die Liste umfasste Ende Dezember 1412 Patienten, die auf ein passendes Transplantat warten. Nach wie vor sind die fehlende Willensäusserung sowie die Unkenntnis über den Wunsch verstorbener Personen betreffend Organspende die Hauptgründe dafür, dass mögliche Organspenden nicht durchgeführt werden. Seit Oktober 2018 gibt es darum eine elektronische Alternative zur Organspendekarte. Unter www.organspenderegister.ch kann jede in der Schweiz oder im Fürstentum Liechtenstein wohnhafte Person ab 16 Jahren ihren Entscheid für oder gegen eine Organspende dokumentie-
ren. Verstirbt eine Person im Spital und steht die
Frage nach einer Organspende im Raum, können
zuständige Ärzte nach beschlossenem Therapie-
abbruch den Registereintrag über die nationale
Koordination von Swisstransplant konsultieren.
Im Dezember 2018 konnte erstmals eine ver-
storbene Person aufgrund ihres Registereintrags
als Spenderin ausgewiesen werden.
Bis Ende 2018 haben sich bereits mehr als
44 000 Personen in das Register eingetragen,
rund zwei Drittel von ihnen sind 20 bis 50 Jahre
alt. Künftig sollen öffentliche Kontaktstellen in
Spitälern und Gemeindeverwaltungen den Regis-
trierungsvorgang weiter vereinfachen und Inter-
essierte beim Erstellen eines Registereintrags
unterstützen. Als erste Gemeinde hat sich Mon-
treux bereit erklärt, eine solche Pilotkontakt-
stelle einzurichten.
Swisstransplant/red L
Medienmitteilung von Swisstransplant vom 17. Januar 2019
Vor 10 Jahren
Bitcoins
Am 3. Januar 2009 werden die ersten 50 Bitcoins erzeugt. Die sogenannte Kryptowährung gilt als erstes erfolgreiches, von Banken unabhängiges digitales Geld beziehungsweise Zahlungssystem. Der Erfinder der Bitcoin-Technologie nennt sich Satoshi Nakamoto. Wer hinter dem Pseudonym steckt, ist bis heute unklar. Es könnte sich auch um eine Gruppe von Programmierern gehandelt haben.
Vor 50 Jahren
Schweizer Reaktorunfall
Am 21. Januar 1969 kommt es zu einer Explosion im Kernreaktor in Lucens, Kanton Waadt. Das Atomkraftwerk in Lucens ist der erste und einzige Versuchsreaktor mit ausschliesslich in der Schweiz entwickelter Technologie. Glücklicherweise kommt es nicht zu einer Kontamination der Umgebung; der Versuchsreaktor befindet sich in einer tiefen Felskaverne. Der schwerste atomare Zwischenfall der Schweiz wird im Nachhinein trotzdem als genauso schwer eingestuft wie die partielle Kernschmelze des US-amerikanischen Atomkraftwerks Three Mile Island zehn Jahre später. Nach dem Reaktorunfall in Lucens wird die Entwicklung eigener Kernkraftwerke in der Schweiz gestoppt. Im Juli 1969 geht der Reaktor Beznau 1 ans Netz, ein US-amerikanisches Produkt. Beznau 1 ist bis heute in Betrieb. Der Reaktor in Lucens wurde dekontaminiert und abgebaut.
Vor 100 Jahren
Neue Arbeitszeiten
Die maximale Arbeitszeit in Industriebetrieben wird in der Schweiz gesetzlich auf 48 Stunden pro Woche begrenzt. RBO L
ARS MEDICI 1+2 | 2019