Transkript
STUDIE REFERIERT
Weniger verpasste Kolonkarzinome dank neuer immunchemischer Stuhltests
Okkultes Blut im Stuhl wird üblicherweise mit einem Guajak-Test nachgewiesen, obwohl dessen Sensitivität relativ gering ist. Mit den neuen immunchemischen Methoden werden mehr Kolonkarzinome entdeckt, obwohl falsch negative Resultate ebenfalls vorkommen.
BMJ
Weltweit sind kolorektale Karzinome (KRK) die dritthäufigste Krebsart bei Männern und die zweithäufigste bei Frauen. Durch einen fäkalen okkulten Bluttest (FOBT) und, bei positivem Ergebnis, nachfolgender Koloskopie lässt sich eine Reduktion der KRK-Sterblichkeit um 15 bis 33 Prozent erreichen. Die Inzidenz von Intervallkarzinomen, das heisst KRK, die zwischen einem negativen Screeningbefund und der nächsten Untersuchung auftreten, hängt auch von der Sensitivität des Stuhltests ab und widerspiegelt dessen Qualität. Der zurzeit am häufigsten verwendete Screeningtest ist der Guajak-Test (gFOBT, z.B. Haemoccult®), der auf dem Nachweis von Häm-Komplexen beruht (humane und tierische). Zunehmend werden auch immunchemische Stuhltests (FIT: fecal immunochemical test, z.B. OC Sensor) eingesetzt. FIT weisen ein humanspezifisches Globulin im Blut nach und sind sensitiver als gFOBT. Ein einmaliger FIT genügt, um fäkales okkultes Blut nachzuweisen, und erlaubt zudem eine quantitative Aussage über die gefundene Blutmenge. Hinzu kommt, dass durch die einfachere Handhabe eine höhere Beteiligungsrate am KRKScreening erzielt wird.
Weniger Intervallkarzinome nach FIT
Um die Inzidenzrate von Intervallkarzinomen nach gFOBT beziehungsweise FIT zu ermitteln, führte ein Team an der Erasmus-Universität Rotterdam eine Metaanalyse der verfügbaren Studien durch. Nur die Daten von asymptomatischen Probanden mit einem Alter ≥ 40 Jahre wurden in die Analyse eingeschlossen, um den Verhältnissen eines populationsbasierten Screeningprogramms nahezukommen.
Primärer Endpunkt war die gepoolte Inzidenz von Intervallkarzinomen nach einem gFOBT- oder FIT-Screening pro 100 000 Patientenjahre in einer durchschnittlichen Vorsorgepopulation. Die Nachweisschwelle des FIT lag im Durchschnitt bei 20 (10–200) g Hb/g Fäkalien. Resultate der Stuhlproben von fast 7 Millionen Studienpatienten wurden analysiert. Die Gesamtdauer des Follow-ups aller Patienten mit negativem Ergebnis betrug 32 Millionen Patientenjahre. 11 943 Kolonkarzinome wurden mittels Screening und 5548 als Intervallkarzinome (nach negativem gFOBT oder FIT) entdeckt. Sowohl nach herkömmlichen als auch nach den neuen immunchemischen Stuhltests traten Intervallkarzinome auf, jedoch weniger häufig nach FIT als nach gFOBT (20 vs. 34 pro 100 000 Patientenjahre). Bei den Intervallkarzinomen nach gFOBT entsprach das beinahe so vielen Karzinomen wie durch den Screeningtest selbst gefunden worden waren. Das Verhältnis von Intervallkarzinomen zu Screeningkarzinomen lag beim FIT bei 1:2,6 und beim gFOBT bei 1:1,2. Die geringere Sensitivität der gFOBT liegt an der relativ hohen Nachweisschwelle von 150 g Hb/g Fäkalien, wohingegen der Cut-off der FIT bei 5 bis 10 g Hb/g Fäkalien liegt. Neben der Art der Screeningmethode spielt auch das Alter beim Auftreten von Intervallkarzinomen eine Rolle – je älter die Patienten waren, umso häufiger wurden diese entdeckt – sowie die Anzahl der bereits durchgeführten Stuhltests. Die Autoren der Metaanalyse weisen darauf hin, ihre Resultate vorsichtig zu interpretieren, da eine grosse statistische Heterogenität zwischen den ein-
zelnen Studien vorlag und Unterschiede bei den verwendeten Test-Kits vorkamen.
Fazit für die Praxis
Mit FIT werden weniger KRK verpasst. Trotzdem sollten Patienten darauf hingewiesen werden, dass auch nach einem negativen Testergebnis das Neuauftreten eines Kolonkarzinoms möglich ist und allfällige Symptome deshalb ernst genommen werden müssen.
MIK s
Quelle: Wieten E et al.: Incidence of faecal occult blood test interval cancers in population-based colorectal cancer screening: a systematic review and meta-analysis. Gut 2018 Jun 22; Epub ahead of print.
Interessenlage: Die Autoren der Studie geben an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.
ARS MEDICI 23 | 2018
975