Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Simple Frage: Wie schwer ist ein Kilo? Das sog. Ur-Kilo, ein Zylinder aus Platin und Iridium, liegt seit 1889 in einem Tresor in Paris. Er wurde seither erst viermal rausgenommen. Beim letzten Mal zeigte sich: das Ur-Kilo ist im Vergleich zu seinen sechs Kopien (eine davon in der Schweiz) seit 1889 um 60 Millionstelgramm leichter geworden. Tja, unsereiner nimmt zu, das UrKilo nimmt ab. Warum, weiss niemand. Wie schwer ist also heute ein Kilo? Nur noch 999,999940 Gramm? Den Wissenschaftern genügt solch vages Gewiege natürlich nicht. 1 Kilo wird deshalb in Zukunft vermutlich mittels einer Watt-Waage definiert. Sehr genau, aber leider so kompliziert, dass sich die Waage wohl nie in unseren Badezimmern durchsetzen wird. Egal, so genau wollen wir unser Übergewicht ja meist gar nicht kennen.
LLL
Das französische Amt für Jagd und Wild bestätigt, dass seit 2000 insgesamt 364 Personen irrtümlich von Jägern getötet wurden. Diese Zahl ist grösser als die der Opfer aller Terroranschläge in Frankreich im gleichen Zeitraum. Das letzte Opfer ist ein Mountainbiker aus England. Pech, der Jäger verwechselte ihn trotz schönstem Wetter offenbar mit einem radelnden Hirsch. Vielleicht sollten die französischen Jäger etwas häufiger zum Augenarzt – und Biologieunterricht erhalten.
LLL
Die frivole Gisela, fast ohne Sarkasmus: Während einer Geburt müssen Frauen derartig starke Schmerzen aushalten, dass es ihnen beinahe möglich ist, nachzuempfinden, was Männer bei einer Erkältung durchstehen müssen!
LLL
Mal wieder ein alter Witz, sorry. Der Besucher in der Psychiatrischen Klinik fragt den Direktor, wie man entscheide,
ob jemand in die geschlossene Anstalt eingeliefert werde. Der Direktor: Wir füllen eine Badewanne, geben dem Kandidaten einen Löffel, eine Tasse und einen Eimer und bitten ihn, die Badewanne zu leeren. – Besucher: Ach, ein normaler Besucher nimmt natürlich den Eimer, damit’s schneller geht. – Direktor: Nein, ein normaler Mensch zieht den Stöpsel raus … wünschen Sie ein Zimmer mit oder ohne Balkon?
LLL
Gibt es einen Unterschied zwischen einem Whistleblower und einem Denunzianten? Gute Frage! Antwort: Nein, es sei denn, man nehme die Moral zu Hilfe. Aber genau die ist eine sehr launische Verbündete, die sich liebend gern den Herrschenden andient. Ist, wer steueroptimierende Banker verrät, ein Whistleblower oder ein Denunziant? Und einer, der Sozialarbeiter anschwärzt, die allzu grosszügig Geld verteilen? Denunziant oder Whistleblower? Das Problem: selbst Moral wird vom Duft von Macht und von Interessen angelockt.
LLL
Die Welt ist – verständlicherweise – gegen Mauern. Nur: nicht gegen die Sperranlagen zwischen Israel und Gaza bzw. Westjordanland (Palästina), nicht gegen die 5-fach-Zäune, der Saudis, die sie mit Hilfe der Deutschen gegen Migranten aus Irak (900 km) und Jemen (1800 km) bauen, nicht gegen die Mauer, die Mexiko gegen Guatemala bauen will, nicht gegen die (sehr wirksamen) Zäune an Europas Südostgrenzen, nicht gegen den 2700 km langen verminten Wall, der Marokko gegen Westen abschirmt, nicht gegen 500 bzw. 4000 km Stacheldrahtzaun, die Indien gegen Pakistan bzw. Bangladesh abschotten, nicht gegen die «grüne Linie» in Zypern oder gegen den zu zwei Dritteln bereits unter Obama fertiggestellten «Tortilla Wall» zwischen den USA und Mexiko. Wohl aber gegen Trumps Mauer an der US-mexikanischen Grenze, die etwas aus den Schlagzeilen
geraten ist. Fazit: Scheinheiligkeit ist salonfähig. Aber sie nervt.
LLL
Der zynische Nachbar: Das Gefährliche am Hirntod: Er bleibt oft jahrelang unbemerkt.
LLL
Die Schweiz und Deutschland verstehen sich gut, das fand auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seinem Besuch. Nur das mit der direkten Demokratie hält er für keine so gute Idee – für Deutschland. Dass das Volk kompetent über (fast) alles ab- und mitbestimmen können soll (sogar über Subventionen für Kühe mit Hörnern), das traut er seinen Landsleuten nicht zu. Die, so ihr oberster Repräsentant, hätten eben «eine andere politische DNA». Hoppala. Übersetzt in Alltagssprache heisst das: die Deutschen sind zu dumm, als dass man sie über komplizierte Sachfragen abstimmen lassen könnte. Oder zu unzuverlässig beim selbstständigen Denken. Die deutsche Polit- und Medienelite sieht das Wohl Deutschlands deshalb eher in einer Art «betreutem Denken». Warum nicht? Das ist bequem für alle und geht gut, solange die Betreuer anständig sind. Nur: genau darauf sollten sich die Betreuten nicht verlassen. Und die Schweizer, die nicht betreut werden wollen, schon gar nicht von einem Europa der Steinmeiers & Co.? Die sollten alles dafür tun, sich die direkte Demokratie nicht ausreden oder wegnehmen zu lassen.
LLL
Und das meint Walti: Ich habe mich entschlossen, zu kündigen und durch die Welt zu reisen, bis all mein Erspartes aufgebraucht ist. Meinen Berechnungen nach sollte ich gegen 18 Uhr wieder zuhause sein.
Richard Altorfer
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ARS MEDICI 23 | 2018