Transkript
FORTBILDUNG
Vaginale Beschwerden lange ein Tabuthema
Lasertherapie kann Symptome lindern
Nach Geburten, in der Menopause oder nach Erkrankungen kann sich eine vulvovaginale Atrophie entwickeln, die belastende Symptome induziert. Eine Lasertherapie kann das Gewebe zur Neoangiogenese anregen, den Schleimhautaufbau fördern und eine Symptomlinderung bewirken.
Jennifer Gmeiner, Meryem Kara und Bettina Rümmelein
Behandlungen im und am Intimbereich sind in der Schweiz noch immer ein Tabuthema. Warum eigentlich? Symptome wie beispielsweise anhaltender Juckreiz im Intimbereich und Harninkontinenz sind ein Thema, das viele Frauen betrifft, insbesondere in der Menopause oder nach Geburten, was die Lebensqualität stark beeinträchtigen kann.
Lange ein Tabuthema – Dinge, über die «frau» nun spricht
Durch Mundpropaganda stellt die vaginale Laserbehandlung beispielsweise bei Trockenheitssymptomatik in der Menopause, Harninkontinenz Grad I und postpartaler Relaxationssymptomatik inzwischen keine Seltenheit mehr dar. Ästhetische Aspekte haben bei diesem Thema zunächst einen untergeordneten Stellenwert, obwohl auch eine Straffung, eine Resurfacing-Behandlung oder Depigmentierung der Vulva in der gleichen Sitzung erfolgen kann. Angemerkt sei, dass eine Resurfacing-Behandlung auch medizinischen Stellenwert aufweisen kann, wie zum Beispiel bei Lichen sclerosus. Ziel der Behandlung ist es, über Mikroverletzungen und Hitzewirkung den Zustand der Schleimhaut sowie des Bindegewebes zu verbessern. Hierdurch soll der Harnröhren-Verschlussdruck gebessert werden. Studien haben gezeigt, dass Dicke, Durchblutung, Elastizität (bzw. Straffung) und Feuchtigkeit messbar zunehmen. Die FDA warnt in ihrer Stellungnahme vom 30.8.2018 vor dem aggressiven Marketing zum Einsatz der Technik für die vaginale Rejuvenation, da sie hierfür nicht untersucht wurde. Die Zulassung besteht für die Zerstörung präkanzerösen zervikalen und vaginalen Gewebes und die Ablation von Kondylomen. Sie weist auf diverse Fallpublikationen hin, in denen vaginale Verbrennungen, Narben und Schmerzen berichtet werden. Die FDA weist aber auch ausdrücklich auf die möglichen Chancen für Brustkrebspatientinnen hin, die unter einer schweren vaginalen Trockenheit leiden wegen medikamentös induzierter früher Menopause.
Prozent (%)
die Menopause liegt bei fünfzig Jahren. Vaginale Atrophie, Harninkontinenz und fehlende Spannkraft der Vagina sind in der Menopause noch ein grosses Tabuthema. Eine induzierte Menopause bezeichnet das Ende der Monatsblutung durch chirurgische Entfernung der Ovarien (mit oder ohne Hysterektomie) oder ist die Folge einer medikamenteninduzierten Suppression der Ovarien. In beiden Fällen treten die Symptome des Östrogenmangels auf. Unter vaginaler Atrophie versteht man die Rückbildung der Wand der Scheide und der Epithelfalten. In der Menopause, ob natürlich oder induziert, bewirken sinkende Östrogenwerte bei nahezu 50 Prozent der Frauen, dass die Vaginalschleimhaut und das äussere Genitalgewebe (Schamlippen) dünner und empfindlicher werden (vaginale Atrophie). Die Vaginalschleimhaut verliert durch verminderte Feuchtigkeit ihre Schutzschicht. Juckreiz, Brennen, Schmerzen, häufige Infekte und ein beeinträchtigtes Sexualleben durch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie) sind die Folgen. Dies lässt sich gut mit Östrogenen behandeln. Eine lokale Anwendung von Vaginaltabletten, -zäpfchen oder -creme ist möglich, aber trotz geringer systemischer Wirkung zum Beispiel nach Brustkrebserkrankungen kontraindiziert und von einigen Frauen auch nicht gewünscht.
Abbildung 1: Prävalenz der vulvovaginalen Atrophie (1)
Indikationen
1. Vaginale Atrophie und Atrophie der Vulva in der Menopause oder induzierter Menopause Definitionen (World Health Organization [WHO] – 1990): Die natürliche Menopause bezeichnet das permanente Ende der Regelblutungen (Menses) und ist bedingt durch den Verlust der ovariellen Funktion. Das Durchschnittsalter für
Auswirkungen der vaginalen Atrophie L Verringerung des Blutflusses und der Vaginalsekretion
(vaginale Trockenheit) L morphologische Veränderungen des Epithels der Vaginal-
schleimhaut. Durch die verringerte Glykogenproduktion der Epithelzellen der Vaginalschleimhaut erfolgt eine Abnahme der Glykogen-
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abhängigen Milchsäureproduktion und eine Abnahme der Lactobazillen, was zu einer Erhöhung des vaginalen pHWerts führt.
(A) Postmenopausale Vaginalschleimhaut mit Atrophie. Weniger Gefässe vorhanden. Signifikant dünneres Epithel mit Glykogenmangel. (B) Vaginale Schleimhaut im reproduktiven Alter; die Schleimhaut ist gut mit Blut versorgt und das Epithel besteht aus einer grösseren Anzahl von Zellschichten, besonders reich an Glykogen.
Abbildung 2: Vaginale Schleimhaut im postmenopausalen und repro-
duktiven Alter
(Courtesy of Prof. A. Calligaro, University of Pavia, Italy)
Beispiel aus der Praxis und Studien Eine Patientin kam erst einige Jahre nach ihrer ersten Behandlung wieder, um die zweite der drei Behandlungen, welche sonst in Abständen von einem Monat empfohlen werden, durchzuführen. Sie gab an, dass das Einführen des Laserhandstücks (ohne Gel) in der ersten der drei Behandlungen aufgrund ihrer Schleimhautatrophie und der daraus resultierenden Trockenheit sehr schmerzhaft gewesen sei. Die Folgebehandlungen wollte sie deshalb zunächst nicht durchführen. Da jedoch bereits nach einer Behandlung der Erfolg so durchschlagend und anhaltend gewesen sei und sich die Atrophie bereits stark verbessert habe, würde sie nun sehr gerne die Folgebehandlungen durchführen lassen. Auch einige Studien belegen diesen Erfolg. In einer neuen Studie von Eder SE (2) wurden beispielsweise 28 Frauen zwischen etwa 55 und 60 Jahren mit vulvovaginaler Atrophie und einhergehender sexueller Funktionsstörung dreimal mittels CO2-Laser im vierwöchigen Intervall behandelt. Eine signifikante Verbesserung der vulvovaginalen Atrophiesymptomatik konnte bereits nach einer durchgeführten Behandlung nach einem Monat festgestellt werden. Anschliessend an die dritte Behandlung konnten nach drei und sechs Monaten eine weitere signifikante Verbesserung der Beschwerden sowie der damit verbundenen sexuellen Funktion verzeichnet werden. Dieses Thema ist insbesondere für Frauen mit induzierter Menopause, zum Beispiel nach Ovarienentfernung und bei durchgeführter Chemo- und/oder Hormontherapie bei Mammakarzinom, interessant, bei denen eine herkömmliche, die Menopause verzögernde Hormonsubstitution kontraindiziert ist. Sie könnten von einer Vaginallaserung profitieren. In einer retrospektiven Studie von 2016 von Pagano T et al. (3) wurden 26 Frauen, alle mit hormonrezeptorpositivem Mammakarzinom und vulvovaginaler Atrophie, behandelt. Es wurde bei allen Probandinnen dreimal im Abstand von 30 bis 40 Tagen eine vaginale Laserbehandlung mittels CO2Laser durchgeführt. Nach jeder Behandlung erfolgte eine gynäkologische Untersuchung und eine Fragebogenbeurteilung mit visueller Analogskala. Auch bei dieser Patientinnengruppe konnte eine sehr gute Verbesserung der vulvovaginalen Atrophiesymptomatik verzeichnet werden.
2. Stressinkontinenz Grad I (Synonym: Belastungsinkontinenz, Stress urinary incontinence [SUI]) Definition: Von einer Stressinkontinenz spricht man, wenn es bei intraabdomineller Druckerhöhung aufgrund einer ein-
geschränkten Funktion des Blasenschliessmuskels zu einem unwillkürlichen Harnabgang kommt (4). Ursachen: Stressinkontinenz kann konstitutionell oder durch mehrere vaginale Geburten hervorgerufen werden. Grad I–IV sind möglich. Verantwortlich sind Bandapparatschäden der Urethra oder eine Beckenbodenschwäche. Sie ist ein häufiges Problem direkt nach Geburten oder in der Menopause (4). Studien: Die Wirksamkeit einer vaginalen Laserbehandlung bei einer milden Harninkontinenz konnte jüngst in Russland von Neimark et al. in einer zweijährigen Studie nachgewiesen werden. Diese erschien im Mai 2018 (5) und untersuchte 98 Frauen von 37 bis 63 Jahren im Zeitraum von 2016 bis 2018. Die Frauen wurden in verschiedene Stressinkontinenzgrade (Typ 1, 2a, 2b) und nach Vaginalprolapsgraden (0–2) eingeteilt. Die Behandlung erfolgte mittels Er:YAG-2940nm-Laser. Zur Kontrolle wurden zwei Fragebögen jeweils ein und zwei Monate nach der Behandlung abgegeben, eine Biopsie der Vaginalschleimhaut und eine Laser-DopplerFlowmetrie zur Messung des vaginalen Blutflusses wurden durchgeführt. Die Fragebogen zeigten als Resultat eine Effektivität der Behandlung bei 73 Prozent der Behandelten. Am meisten profitierten die Patientinnen mit einer milden Harninkontinenz (Typ 1 und 2a). Die Biopsie der Vaginalschleimhaut zeigte eine Zunahme der Neoangiogenese und die LaserDoppler-Flowmetrie eine Verbesserung des mikrovaskulären Blutflusses. Eine weitere Studie von Blaganje M et al., ebenfalls im Mai 2018 publiziert, zeigte ähnliche Ergebnisse (6). An dieser Studie nahmen 114 prämenopausale Frauen mit Harninkontinenz teil, die in eine Behandlungs- und eine Kontrollgruppe aufgeteilt wurden. In der Interventionsgruppe wurde mittels Er:YAG-Laser behandelt, in der Kontrollgruppe ohne Energie-Output. Nach drei Monaten wurde anhand von Fragebögen eine signifikante Verbesserung der Beschwerden in der Behandlungsgruppe festgestellt. Insgesamt sehr erfreuliche Ergebnisse, die in unserer Praxis auch so bestätigt werden können. Der Vaginallaser wirkt im Rahmen des Schleimhautaufbaus der Vagina indirekt verstärkend auf den Blasenausgang, wie man an der anatomischen Grafik gut erkennen kann (Abbildung 3).
Abbildung 3: Indirekt verstärkende Wirkung des Vaginal-
lasers auf den Blasenausgang (Beispiel Er:YAG-Laser
Petit Lady)
©Lutronic
3. Postpartales Relaxationssyndrom und Dammschnittnarben Definition: Ein Verlust von Elastizität und Spannkraft der Vagina mit Verlust der sexuellen Erregbarkeit sowie leichte Harninkontinenz können nach der Geburt eines Kindes folgen. Studie: Hier ist auf die oben bereits erwähnte zweijährige Belastungsinkontinenz-Studie von Neimark (5) hinzuweisen, die Frauen ab 37 Jahren einbezog. Der Vaginallaser wirkt ebenfalls durch den Schleimhautaufbau straffend und durch die verdickte Vaginalschleimhaut
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gegen eine leichte postpartale Inkontinenz (siehe Stressinkontinenz). Auch eine Dammschnittnarbe und gegebenenfalls damit einhergehende Schmerzen, insbesondere beim Geschlechtsverkehr, können bei dieser Methode und mittels Vulvaaufsatz mitbehandelt werden.
4. Lichen sclerosus et atrophicus vulvae Definition: Beim Lichen sclerosus et atrophicus vulvae ist die Dermis des weiblichen Genitalbereichs degenerativ verändert, man findet eine weissliche Atrophie und Hyperplasie. Daraus resultiert eine Schrumpfung der Vulva mit Sklerosierung des subkutanen Fettgewebes, man sieht glänzend weisse, nahezu spiegelnde, oberflächenglatte Plaques. Spürbare Anzeichen sind häufig ein Pruritus vulvae, eine Vulvodynie sowie Kohabitationsbeschwerden (7). Ätiologie und Behandlungsmöglichkeiten: Die Erkrankung tritt vor allem vor der Pubertät und in der Menopause auf. Der Lichen sclerosus et atrophicus vulvae zählt zu den fakultativen Präkanzerosen, in circa 5 Prozent der Fälle entsteht daraus ein Karzinom. Die Ursache ist derzeit unbekannt. Zusammenhänge mit autoimmunen Mechanismen werden diskutiert. Bislang gilt die symptomorientierte Therapie als Standard. Dazu gehört nicht nur die individuelle rückfettende Lokalpflege, sondern auch die äussere Anwendung von glukokortikoid- und hormonhaltigen Externa. Die Indikation zu einem chirurgischen Vorgehen sollte nur in Ausnahmefällen und durch erfahrene Operateure gestellt werden. Alternativ zu den lokalen Therapien wurden in den letzten Jahren auch die Kryotherapie, der CO2-Laser und der gepulste Farbstofflaser zum Einsatz gebracht. Von der ersten erfolgreichen Anwendung eines gepulsten Farbstofflasers bei einem blutenden genitalen Lichen sclerosus et atrophicus bei einem 7-jährigen Mädchen wurde 1993 von Rabinowitz (8) berichtet. In einem Fallbericht einer 1997 durchgeführten Farbstofflaserbehandlung der Laserklinik Karlsruhe konnte ebenfalls eine erfolgreiche Behandlung mit dem gepulsten Farbstofflaser nachgewiesen werden. Der Lichen sclerosus war histologisch nicht mehr nachweisbar (9). Studie: In einer Studie von 2016 von Baggish MS (10) wurden 23 Frauen mit postmenopausaler Atrophie und in einer zweiten Studiengruppe 27 postmenopausale Frauen mit Lichen sclerosus mittels CO2-Laser behandelt. Nach 3 Behandlungen bei der Atrophiegruppe und 3 bis 4 Behandlungen der Lichen-sclerosus-Gruppe mit einem jeweiligen Behandlungsintervall von 4 bis 6 Wochen wurde mittels vaginaler Mikroskopie und Befragung der Patientinnen ein durchaus positives Ergebnis festgestellt. Die Atrophiesym-
ptomatik, wie zum Beispiel Trockenheit, hatte sich bei 22 von 23 Patentinnen verbessert, und die mikroskopische Untersuchung zeigte signifikante Verbesserungen von Farbe, Elastizität und Feuchtigkeit der Vaginalschleimhaut. Eine Dyspareunie konnte bei 18 von 21 Frauen verbessert werden. Bei der Lichen-sclerosus-Gruppe konnte bei 24 von 27 Teilnehmerinnen ein Nachlassen des Juckreizes und ähnlicher Symptomatik festgestellt werden. Bei 26 von 27 Patientinnen zeigte die mikroskopische Untersuchung eine Verbesserung bei Hautfarbe, Elastizität und Durchblutung. Fazit: Die Lasertherapie kann bei korrekter Indikationsstellung eine gute ergänzende Therapieoption sein.
5. Rejuvenation und Pigmentierung der Vulva Nicht nur bei Vulvaatrophie in der Menopause und bei Erkrankungen wie Lichen sclerosus sind Vulvabehandlungen gefragt. Auch in Zeitschriften liest man immer wieder von Straffung oder Rejuvenation und Bleaching der Vulva. Äusserliche, ästhetisch störende Pigmentveränderungen im Genitalbereich und eine leichte Erschlaffung der Schamlippen können ebenfalls in der gleichen Sitzung mit der Vaginallaserung mittels Vulvaaufsatz mitbehandelt werden. Die äussere, fraktionierte Laserbehandlung erzielt, wie bei einer fraktionierten Laserbehandlung des Gesichts, durch Reepithelisierung des Gewebes eine Verbesserung des Hauttons (reduziert oberflächliche Pigmentierung), der Elastizität und Textur der Haut.
Durchführung
Vorbereitungsmassnahmen Der Behandlung sollten eine gründliche internistische und gynäkologische Anamnese sowie eine Untersuchung beim Gynäkologen inklusive eines PAP-Abstrichs vorausgehen. Der PAP-Abstrich darf nicht mehr als 3 Monate zurückliegen. Bei Verdacht auf Lichen sclerosus sollte zunächst eine histologische Untersuchung erfolgen. Der Behandlungszeitpunkt sollte ausserhalb der Zyklusmitte sein. Auf eine vorherige Rasur sollte hingewiesen werden.
Handhabung Das Laserhandstück ist mit einem gynäkologischen Vaginalschallkopf vergleichbar und wird ohne Gel in die Vagina eingeführt (Abbildung 4–6). Die Behandlung dauert je nach Laserart zirka 5 bis 20 Minuten. Bei manchen Geräten muss das Handstück in Etappen bis 360° gedreht werden, bei anderen findet nur ein 45°-Winkelausgleich statt, um den gesamten Vaginalkanal abzudecken.
Abbildung 4 und 5: Das Vaginallaserhandstück ist einem gynäkologischen Schallkopf ähnlich, zwei Beispiele (links Mona Lisa Touch [©DEKA]), rechts Er:YAG-Laser Petit Lady [©Lutronic]).
Abbildung 6: Vulvarejuvenation unter
Aussparung des Urethraausgangs mit
Vulvaaufsatz von Petit Lady
©Lutronic
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Behandlung mit CO2-Laser versus Er:YAG-Laser
Den Befürwortern der CO2-Laser zufolge zeichnet sich diese Behandlung durch eine höhere Eindringtiefe aus. Damit erreiche man mehr Ablation (ca. 100 µm), mehr Koagulation sowie eine dickere Bindegewebsschicht. Man arbeitet teilweise mit speziellen, kurzen, hohen Ablationsimpulsen, die die oberflächlichen thermalen Schäden gering halten, in der Tiefe das Bindegewebe stimulieren und somit auch Tiefenwirkung und ein lang anhaltendes Resultat versprechen. Argument für die Behandlung mit Er:YAG-Laser ist deren Befürwortern zufolge schonenderes Arbeiten. Dies würde weniger Verletzungsgefahr bedeuten, und laut einer Studie von Adrian Gaspar (Gynecology Department, Mendoza University Argentinia, veröffentlicht durch die Firma Lutronic [13]) sei das Resultat der Laserbehandlung länger anhaltend. L Schonender durch weniger Ablation bei teilablativen Geräten (ca.
30 µm) und weniger oberflächlicher thermaler Schaden (ca. 10 µm, im Gegensatz zum CO2-Laser mit ca. 70 µm)
L schnellere Reepithelialisierung und weniger Downtime
L tiefe thermale, aufbauende Wirkung mit angeblich länger anhaltenden Ergebnissen.
Es gibt auch 90°-Handstücke, die in diesem Winkel über den Vaginalkanal in Richtung Harnblase gedreht und nur bei Harninkontinenz eingesetzt werden. Die Laserimpulse werden auf die Vaginalschleimhaut und im Anschluss, bei Bedarf, mit einem speziellen Vulvahandstück zusätzlich (unter Aussparung des Urethra Ausgangs) auf die Vulva abgegeben. Empfehlenswert sind drei Behandlungen im Abstand von zirka 4 Wochen. Oft können schon nach einer Sitzung Verbesserungen festgestellt werden.
Gerätetypen und Wirkung
CO2-Laser L CO2-Laser sind ablativ und haben eine tiefe Penetration.
Die Wellenlänge beträgt 10 600 nm. L Der Laserstrahl wird fraktioniert, es entsteht ein siebartiges
Muster mit intakten Gewebebrücken. L Der CO2-Laser-Strahl erzeugt Hitze und vaporisiert (ver-
kocht) den Wasseranteil der Zielzellen.
Erbium-YAG-Laser L Er:YAG-Laser haben eine Wellenlänge von 2940 nm. Sie
haben 10 bis 15-mal mehr Affinität zur Wasserabsorption als der CO2-Laser. L Es gibt rein nicht ablative Geräte: tiefer thermaler Effekt mit Erhitzung der Gewebe auf rund 65° C. L Teilablative Geräte: Oberflächlichere Abtragung als CO2, zusätzlich aber thermaler Effekt. Hier steht zunächst die Kollagenschrumpfung durch Hitze im Vordergrund und im Endeffekt ebenso dessen Neuproliferation.
Radiofrequenz Die Radiofrequenztechnik wirkt intravaginal straffend und damit auch transurethral einer leichten Stressinkontinenz entgegen (11). Die Radiofrequenztechnik gewinnt im Rahmen der Vulvastraffung derzeit zunehmend an Bedeutung. Einige Firmen bieten zusätzlich zum ablativen Vulvaaufsatz auch den radiofrequenzbasierenden Aufsatz an. Die Strukturen unter der Haut werden mittels Radiofrequenz-Vulvaaufsatz auf maximal 45 °C erhitzt. Die Behandlung wird ebenfalls gut toleriert und als Wärme empfunden.
Generelle Wirkung auf das Gewebe Generelle Wirkung auf das Gewebe nach vaginalem Laser beziehungsweise nach Hitzebehandlung durch Radiofrequenz (12) (Abbildung 7): 1. Schwellungsphase beziehungsweise akute thermale Phase
(ca. 48–72 h) mit Wundheilungskaskadenanregung und Kollagenschrumpfung durch Ausschüttung chemischer Faktoren: zum Beispiel Hitzeschockprotein (HSP70). Der Körper reagiert mit einer lokalen, unspezifischen Entzündung mit Ödembildung. 2. Proliferationsphase (ca. 30 Tage): «Straffungsstadium» – Neue Fibroblasten wandern ein, es kommt zu einer
Kollagenbildung. 3. Remodelling-Phase (nach ca. 30 Tagen)
– Histologisch nachweisbares neues Bindegewebe: Kollagen, Glykosaminoglykane mit Einsprossung neuer Blutgefässe (Angiogenese).
Der Laser schafft multiple kleinste Läsionen (thermale Nekrosen): Neubildung von Kollagen durch Anregung der Wundheilungskaskade.
Was ist zu beachten, welche Risiken gibt es?
Eine vorherige gründliche internistische und gynäkologische
Anamnese und eine gynäkologische Untersuchung sind obli-
Abbildung 7: Generelle Wirkung auf das Gewebe nach vaginalem Laser beziehungsweise nach Hitzebehandlung durch Radiofrequenz. (A): Ausgangslage: Vaginalschleimhaut mit für die vaginale Atrophie typischem, dünnem Deckgewebe; (B): Schleimhautaufbau einen Monat nach der ersten Behandlung klar dickeres Deckgewebe; (C): Schleimhautaufbau einen Monat nach der zweiten Behandlung
(Courtesy of Prof. A. Calligaro, University of Pavia, Italy)
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Anhaltspunkte zu Kosten, Anzahl und Dauer der Behandlungen
L Einzelbehandlung Vaginallaser etwa Fr. 650.– / Vulva (Schamlippen) Fr. 400.–
L Generell sind nach Studienlage zunächst 3 Sitzungen empfohlen, dies kann individuell nach oben oder unten abweichen.
L Je nach Gerät dauert eine Vaginallaserbehandlung rund 5 bis 20 Minuten, die Vulvabehandlung weitere 5 bis 10 Minuten.
Marktübersicht*
(*erstellt von Lutronic, Vollständigkeit kann nicht garantiert werden)
Wellenlänge CO2/10 600 nm
Hybrid 2940 nm + 1470 nm ER:YAG/2940 nm
Radio Frequency
Hersteller
Produktname
Deka
Mona Lisa Touch
Lumenis
FemTouch
Alma Lasers
Femilift
Syneron & Candela
Intima
Sciton
diVa
Laser Smartxide AcuPulse PixelCO2
CO2RE Joule
Lutronic Asclepion
Fotona Viveve Medical Thermi Aesthetics
BTL
Petit Lady Juliet
IntimaLase Viveve
ThermiVA Protege Elite/Intima
Action II MCL 31 Smooth XS Viveve
Indikationen des Vaginallasers im Überblick
L Reduktion der postmenopausalen vaginalen Atrophie mit Trockenheitssymptomatik
L generelle Verbesserung bei Verengung und Vernarbungen des Scheideneingangs
L ergänzende Behandlung des Lichen sclerosus et atrophicus vulvae L Verbesserung vaginaler Veränderungen nach Entbindungen/Verbes-
serung des vaginalen Relaxationssyndroms (VRS) L generell vaginale Straffung L Verbesserung von leichter Stressinkontinenz (SUI) L Verbesserung des Sexualempfindens bei geweiteter Vagina oder
Dyspareunie L verbessertes Erscheinungsbild bei Erschlaffung und Pigmentierung
der Vulva
gat, eine vorherige Rasur ist insbesondere bei Vulvabehandlungen erforderlich, aber auch sonst sinnvoll (siehe Vorbereitungmassnahmen). Mögliche Nebenwirkungen sind bei rein ablativen Laserbehandlungen beispielsweise Schmerzen, Blutung, Wundheilungsstörungen, weisslicher Ausfluss, Narben sowie vereinzelt vaginale Zysten (aufgezählt nach abnehmendem Risiko, aus einer Studie von Adrian Gaspar, Gynecology Department, Mendoza University Argentinia, veröffentlicht durch
die Firma Lutronic [14]). Generell ist eine vaginale Laserbe-
handlung durch eine fehlende nervliche Innervation in gros-
sen Teilen der Vagina (gegebenenfalls Energielevel am Vagi-
nalausgang senken) schmerzarm und hat in der Praxis bisher
zu keinen nennenswerten Nebenwirkungen geführt. Leichte
Schwellungen und Rötungen im Vaginalbereich sind bis zu
zirka zwei Tage möglich, und zum Beispiel Juckreiz, Brennen,
ein brennendes Gefühl beim Wasserlassen und Ausfluss sind
bis zu drei Tage möglich. Direkt nach der Laserbehandlung
kann man wieder seinen gewohnten Tätigkeiten nachgehen,
auf Geschlechtsverkehr sollte jedoch etwa drei Tage verzich-
tet werden. Bei Neigung zu genitalem Herpes wird eine orale
Herpesprophylaxe empfohlen.
L
Jennifer Gmeiner, Assistenzärztin Dermatologie Dr. med. Meryem Kara, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe Dr. med. Bettina Rümmelein, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie, Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML), Fähigkeitsausweis für Laserbehandlungen der Haut
Dr. Rümmelein AG – House of Skin & Laser Medicine
Bürglistrasse 11, 8002 Zürich; Grütstrasse 55, 8802 Kilchberg
Telefon: 043-343 93 01; E-Mail: info@dr-ruemmelein.ch
Internet: www.dr-ruemmelein.ch
Interessenlage: Dr. Rümmelein ist CEO der Smartaging Swiss Academy, die ihrerseits Kooperationsverträge mit zahlreichen Laserfirmen hat. Die Arbeit selber stand unter keinerlei Konflikten.
Referenzen: 1. Versi E et al.: Urogenital prolapse and atrophy at menopause: a preva-
lence study. Int Urogynecol J Pelvic Floor Dysfunct 2001; 12: 107–110. 2. Eder SE: Early effect of fractional CO2 laser treatment in Post-meno-
pausal women with vaginal atrophy. Laser Ther 2018; 27: 41–47. 3. Pagano T et al.: Fractional microablative CO2 laser for vulvovaginal atro-
phy in women treated with chemotherapy and/or hormonal therapy for breast cancer: a retrospective study. Menopause 2016; 23: 1108–1113. 4. Urology Guide. https://www.urology-guide.com/erkrankungen/blasenentleerungsstoerungen/belastungsinkontinenz/ 5. Neimark Al et al.: Outcomes of ER:YAG LASER treatment of stress urinary incontinence in women. Urologiia 2018; May (2): 20–25. 6. Blaganje M et al.: Non-ablative Er:YAG laser therapy effect on stress urinary incontinence related to quality of life and sexual function: A randomized controlled trial. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 2018; 224: 153–158. 7. Karrer S: Hauterkrankungen des weiblichen Genitales. In: Plewig G (Hrsg): Braun-Falco's Dermatologie, Venerologie und Allergologie, 7. Auflage, 2018. 1480–1481. 8. Rabinowitz LG: Lichen sclerosus et atrophicus treatment with the 585-nm flashlamp-pumped pulsed dye laser. Arch Dermatol 1993; 129(3): 381–382. 9. Greve B et al.: Extragenitaler Lichen sclerosus et atrophicus – Behandlung durch gepulsten Farbstofflaser. Der Hautarzt 1999; 50(11): 805–808. 10. Baggish M: Fractional CO2 laser treatment for vaginal atrophy and vulvar lichen sclerosus. J Gynecol Surg 2016; 32: 309–317. 11. Narulla J: Non-invasive energy-based treatments for vaginal rejuventation. Schweizer Zeitschrift für Dermatologie und Ästhetische Medizin 2017; 2: 10–12. 12. Prof. Dr. Meden H: «Tissue changes after vaginal laser treatment», Vortrag am Swiss Institute for New Concepts and Treatments (SINCT) Workshop: «Laser therapy for vulvo-vaginal atrophy», Inselspital Bern, 26. April 2018, Vortragsfolie beim Autor abrufbar. 13. Gaspar A et al.: Efficacy of Erbium:YAG laser treatment compared to topical estriol treatment for symptoms of genitourinary syndrome of menopause. Lasers Surg Med 2017; 49: 160–168. 14. Perino A et al.: Vulvo-vaginal atrophy: a new treatment modality using thermo-ablative fractional CO2 laser. Maturitas 2015; 80: 296–301.
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