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STUDIE REFERIERT
Diabetes Typ 2
Antidiabetika-Klassen und Mortalität
SGTL-2-Hemmer und GLP-1-Agonisten sind bei Diabetes Typ 2 mit einer geringeren Gesamtsterblichkeit und einer geringeren kardiovaskulären Mortalität verbunden als Plazebo oder keine Behandlung, DPP-4-Inhibitoren jedoch nicht. Zu diesem Ergebnis kamen britische Forscher in einer Netzwerkmetaanalyse.
JAMA
In internationalen Richtlinien wird für Diabetes-Typ-2-Patienten, deren glykämische Ziele mit Metformin nicht erreicht werden können, eine Behandlung mit neueren Antidiabetika-Klassen empfohlen, wie den inkretinbasierten Dipeptidyl-Peptidase-4-(DPP-4-)Inhibitoren und Glukagon-Like-Peptid-1-(GLP-1-) Agonisten oder aber den Natrium-Glukose-Cotransporter-2-(SGTL-2-)Inhibitoren. Bis anhin wurden noch keine direkten Vergleiche dieser Substanzklassen bezüglich kardiovaskulärer Endpunkte durchgeführt. Deshalb evaluierten Sean Zheng vom Imperial College in London und seine Arbeitsgruppe mithilfe einer Netzwerkmetaanalyse die Wirksamkeit von SGLT-2-Hemmern, DPP-4-Inhibitoren und GLP-1-Antagonisten im Hinblick auf die Reduzierung der Sterblichkeit und kardiovaskulärer Endpunkte. Im Rahmen ihrer Untersuchung werteten die Forscher 236 randomisierte klinische Studien mit insgesamt 17 6310 Teilnehmern aus, in denen die Medikamente untereinander, mit Plazebo oder mit keiner Behandlung verglichen worden waren.
SGLT-2-Hemmer und GLP-1Agonisten senken Mortalität
SGLT-2-Hemmer und GLP-1-Agonisten waren im Vergleich zu Plazebo oder keiner Behandlung (Kontrollgruppen) mit einer signifikant geringeren Gesamtsterblichkeit verbunden (Hazard Ratio [HR] 0,80; 95% Konfidenzintervall [KI] 0,71–0,89 bzw. HR 0,88; 0,81–0,94). Zwischen SGLT-2-Hemmern und GLP1-Antagonisten zeigte sich im Hinblick auf die Mortalität kein signifikanter Unterschied (HR 0,91; 95%-KI: 0,79–1,04). DPP-4-Hemmer waren im Vergleich zu den Kontrollgruppen dagegen nicht mit einer verminderten Sterblichkeit assoziiert (HR 1,02; 95%-KI: 0,94–1,11).
Ähnliche Ergebnisse wurden im Zusammenhang mit der kardiovaskulären Mortalität beobachtet. SGLT-2-Hemmer und GLP-1-Antagonisten waren mit einer geringeren kardiovaskulären Sterblichkeit assoziiert als die Kontrollgruppen (HR: 0,79; 95%-KI: 0,69–0,91 bzw. HR: 0,85; 95%-KI: 0,77–0,94), wiederum ohne signifikanten Unterschied, wenn man SGLT-2-Hemmern und GLP-1-Antagonisten bezüglich der kardiovaskulären Mortalität miteinander verglich (HR: 0,93; 95%-KI: 0,78–1,10). Unter DPP-4-Hemmern war auch die kardiovaskuläre Mortalität mit derjenigen der Kontrollgruppen vergleichbar (HR: 1,00; 95%-KI: 0,91–1,11).
SGTL-2-Hemmer senken Herzinsuffizienzund Herzinfarktrate
Unter SGLT-2-Hemmern traten signifikant weniger Herzinsuffizienzereignisse auf als in den Kontrollgruppen (HR: 0,62; 95%-KI: 0,54–0,72), dies galt auch im Vergleich mit DPP-4-Hemmern (HR: 0,55; 95%-KI: 0,46–0,67) oder GLP-1-Antagonisten (HR: 0,67; 95%KI: 0,57–0,80). GLP-1-Antagonisten und DPP-4-Hemmer unterschieden sich im Hinblick auf die Rate der Herzinsuffizienzereignisse nicht signifikant von den Kontrollgruppen. SGTL-2-Inhibitoren waren mit weniger Herzinfarkten verbunden als Plazebo oder keine Behandlung (HR: 0,86; 95%-KI: 0,77–0,97).
Nebenwirkungsrate unter GLP-1-Agonisten am höchsten
Unter GLP-1-Agonisten kam es häufiger zu Nebenwirkungen, die zum Studienabbruch führten, als unter SGLT2-Hemmern (HR: 1,80; 95%-KI: 1,44–2,25) und DPP-4-Inhbitoren (HR: 1,93; 95%KI: 1,59 – 2,35).
Was bedeutet das für die Praxis?
SGLT-2-Hemmer und GLP-1-Agonisten
waren DPP-4-Inhibitoren sowohl hin-
sichtlich der kardiovaskulären als auch
der Gesamtmortalität überlegen. Die un-
terschiedliche Wirksamkeit der inkretin-
basierten Medikamentenklassen könnte
auf die Aktionsmechanismen der Sub-
stanzen zurückzuführen sein, vermuten
die Studienautoren. DPP-4-Hemmer be-
wirken zwar einen Anstieg der GLP-1-
Konzentration, die Erhöhung ist jedoch
gering im Vergleich zur supraphysiologi-
schen Supplementation mit GLP-1-Ago-
nisten. Dieser Unterschied könnte auch
die ausgeprägtere Reduzierung der
HbA1c-Werte, der Nüchternglukose und
des Körpergewichts erklären, die mit
GLP-1-Hemmern im Vergleich zu
DPP-4-Inhibitoren erzielt wird.
Insgesamt kommen die Autoren zu dem
Schluss, dass SGLT-2-Hemmer mögli-
cherweise gegenüber inkretinbasierten
Antidiabetika bevorzugt werden sollten,
da sie mit der ausgeprägtesten Senkung
der Gesamtsterblichkeit und der kardio-
vaskulären Mortalität verbunden sind.
Allerdings sollten nach Ansicht der Wis-
senschaftler zur Ermittlung des best-
möglichen Behandlungsalgorithmus im
Hinblick auf kardiovaskuläre End-
punkte noch weitere Vergleiche der drei
Substanzklassen mit einer Metformin-
Monotherapie oder mit Metformin-
Kombinationstherapien vorgenommen
werden.
L
Petra Stölting
Quelle: Zheng SL et al.: Association between use of sodium-glucose cotransporter 2 Inhibitors, glucagon-like peptide 1 agonists, and dipeptidyl peptidase 4 inhibitors with all-cause mortality in patients with type 2 diabetes: a systematic review and meta-analysis. JAMA 2018; 319(15): 1580–1591.
Interessenlage: Einer der sieben Autoren der referierten Studie hat Gelder von mehreren Pharmaunternehmen erhalten.
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ARS MEDICI 13 | 2018