Transkript
STUDIE REFERIERT
Orale Behandlung des Nagelpilzes
Antimykotikatherapie noch nicht optimal
Welches orale Antimykotikum führt zur besten klinischen Heilung und dazu, dass unter dem Mikroskop oder in der Kultur keine Pilze mehr nachgewiesen werden können? Dieser Frage ging ein CochraneReview nach, das Terbinafin mit den sogenannten Azolantimykotika verglich.
JAMA
Ein aktueller, im Rahmen der «JAMA Clinical Evidence Synopsis» erschienener Cochrane-Review untersuchte die Effektivität und die Sicherheit von oralen Therapien zur Behandlung von Pilzinfektionen. Dabei wurden 48 RCTStudien mit insgesamt 10 200 Patienten überprüft. Alle Studien wurden zwischen 1984 und 2014 durchgeführt und dauerten mindestens 12 Wochen. Die Studienteilnehmer waren durchschnittlich 36 bis 68 Jahre alt und unterzogen sich einer ambulanten Nagelpilzbehandlung. Zur oralen Therapie wurden die im englischen Sprachgebrauch als «azoles» bezeichneten, auf -azol endenden Antimykotika eingesetzt, von denen einzig die Triazolderivate wie Fluconazol (z.B. Diflucan®), Itraconazol (ItraconazolGenerika) oder Voriconazol (z.B. Vfend®) systemisch angewendet werden können. Oder es wurde Terbinafin (Lamisil®) eingesetzt. Die Studienmedikamente wurden sowohl mit Plazebo, untereinander oder mit Griseofulvin, einem in der Schweiz nicht zugelassenen Antimykotikum, verglichen. Als primäre Endpunkte galten die klinische (u.a. normales Aussehen der Nägel) und die mykologische Heilung (negativer Befund unter dem Mikroskop und/oder in der Kultur). Zu den sekundären Endpunkten gehörten das Auftreten von Arzneimittelnebenwirkungen und das Ausmass der Rezidivrate.
Terbinafin zeigt bessere Heilungsraten
Für Terbinafin konnte gegenüber Plazebo eine deutlich höhere klinische Heilungsrate nachgewiesen werden (370 vs. 62 pro 1000 Patienten, p < 0,001). Auch bezüglich der mykologischen Untersuchungsergebnisse schloss Terbinafin im Vergleich zu Plazebo besser ab (755 vs. 167, p < 0,001). Die Azolantimykotika liessen gegenüber Plazebo nicht nur ein klar besseres klinisches
(309 vs. 14 pro 1000 Patienten, p < 0,001), sondern auch ein besseres mykologisches Outcome erkennen (431 vs. 74, p < 0,001). Verglichen mit Terbinafin schlossen die Azolantimykotika jedoch für beide Heilungsendpunkte deutlich weniger gut ab. Griseofulvin, das in der Schweiz nicht erhältlich ist, zeigte eine ähnliche Wirkung wie die Azole, ist jedoch deutlich weniger wirksam als Terbinafin. Hinsichtlich der als sekundärer Endpunkt definierten Rezidivrate schnitt Terbinafin gegenüber Plazebo besser ab (33 vs. 667 pro 1000 Patienten, p = 0,04). Im Vergleich zu Terbinafin lag die Rezidivrate der Azole ähnlich hoch. Arzneimittelnebenwirkungen traten bei den aktiven Substanzen genauso häufig auf wie unter Plazebo, und auch im Vergleich untereinander (Terbinafin vs. Azole) ergaben sich keine Unterschiede (346 vs. 346, p = 0,95). Hingegen kam es unter Griseofulvin zu deutlich mehr Nebenwirkungen als unter Terbinafin oder den Azolantimykotika.
Orale antimykotische Therapie nur begrenzt wirksam
Sowohl Terbinafin als auch die Azolantimykotika gehen mit einer höheren Heilungsrate einher, als dies eine Plazebobehandlung tun würde, und beide Medikamente weisen eine vergleichbare Nebenwirkungsrate auf. Im direkten Vergleich zeigt Terbinafin gegenüber den Azolen jedoch einen besseren Heilungserfolg auf. Obwohl Terbinafin und Azolantimykotika wirksame Behandlungsmethoden für Onychomykosen sind, kam es nur bei 31 bis 57 Prozent der Patienten zu einer klinischen Heilung mit normalem Aussehen der Nägel. Der negative Pilznachweis unter dem Mikroskop beziehungsweise in der Kultur gelang bei immerhin 43 bis 76 Prozent der Studienteilnehmer. Es ist deshalb wichtig, Patienten zu Beginn einer Pilzbehandlung über die mitunter be-
grenzte Wirksamkeit dieser Therapien aufzuklären, damit die Erwartungen an den Heilungserfolg nicht überschätzt werden. Auch die Informationen über potenzielle Nebenwirkungen und Arzneimittelinteraktionen sollten vor Behandlungsbeginn ausreichend vermittelt werden.
Guidelines bestätigt
Einschränkungen bei der Aussagekraft dieses Reviews lagen unter anderem deshalb vor, weil 16 der untersuchten Studien nicht verblindet waren und der Schweregrad der Nebenwirkungen, insbesondere eine mögliche Hepatotoxizität, nicht bewertet wurde. Einige Studien wurden zudem mit Ketoconazol durchgeführt, dem seit 2013 von der amerikanischen Food and Drug Administration wegen hepatotoxischer Nebenwirkungen die Zulassung zur Behandlung von Nagelinfektionen entzogen wurde. In der Schweiz ist Ketoconazol seit Längerem nur als Shampoo und Creme zur äusserlichen Behandlung der Pityriasis versicolor und der seborrhoischen Dermatitis zugelassen. Die aktuellen Guidelines empfehlen Terbinafin und Azolantimykotika als FirstLine-Therapien bei einer Nagelmykose, wobei Terbinafin bevorzugt wird. Die Resultate dieses Cochrane-Reviews bestätigen damit die bisherigen Richtlinien. Ein Therapieversagen kam trotz bestmöglicher verfügbarer oraler Antimyktika häufig vor (24–69%), weshalb Behandlungsmethoden mit besserer Wirksamkeit wie beispielsweise eine Kombination aus verschiedenen Medikamenten oder die operative Nagelentfernung, aber auch gänzlich neue Therapien weiter untersucht werden sollten. MIK L
Interessenlage: Die Autoren haben keinerlei Interessenkonflikte angegeben.
Quelle: Kreijkamp-Kaspers S et al.: Oral medications to treat toenail fungal infection. JAMA 2018; 319(4): 397–398.
ARS MEDICI 12 | 2018
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