Transkript
FORTBILDUNG
Serie: Der Arzt als Unternehmer
Krankheit, Unfall, Tod – Tipps zur persönlichen Notfallvorsorge
Systematische Beschäftigung mit Lebensnotfällen
Schicksalsschläge ereilen uns unerwartet. Es fällt schwer, sich mit den negativen Szenarien im Leben auseinanderzusetzen. Trotzdem haben wir als Praxisinhaberinnen und -inhaber die Verantwortung, diese Aspekte im Interesse unserer Mitarbeitenden und Familienmitglieder in eine Langfristplanung miteinzubeziehen. Um eine möglichst umfassende Übersicht über die verschiedenen Themenbereiche zu erhalten, ist es sinnvoll, sich systematisch mit möglichen Lebensnotfällen zu beschäftigen.
Leodegar Kaufmann und Daniel Roth
Bei kurzzeitiger Arbeitsunfähigkeit können die Auswirkungen fehlender Versicherungsleistungen noch verkraftbar sein. Deutlich heikler wird es bei längerfristigen, krankheitsbedingten Absenzen des Praxisinhabers oder gar allfälliger Invalidität. Diesbezüglich ist eine Analyse der finanziellen Auswirkungen unumgänglich. Welches sind die Leistungen aus der 1. (AHV, IV), der 2. (BVG) und der 3. Säule (freiwilliges Sparen)? Wie hoch ist mein Bedarf? Ihr Versicherungsberater kann Ihnen die monetären Auswirkungen bei kurzzeitiger Arbeitsunfähigkeit, Invalidität und den Stand der Altersvorsorge anhand einer Gesamtberatung aufzeigen.
Genügender Versicherungsschutz bietet Sicherheit
Lassen Sie sich den unterschiedlichen Lebensphasen entsprechend (Ausbildung, Arbeit als Assistent, Praxisgründung, Familie, Haus, Kinder, Studium Kinder, Kinder sind «ausgeflogen», beide Partner arbeiten, Pensionierung) alle Jahre wieder einmal eine Versicherungsübersicht erstellen. Diese zeigt, ob Sie unter- oder überversichert sind. Um die Kosten einer Gesamtlösung im Griff zu behalten, sind Sie jedoch aufgefordert, die vorgeschlagene Komfortlösung zu prüfen. Bei vorhandenen finanziellen Reserven sind Sie durchaus in der Lage, Risiken auch selbst zu tragen. Prüfen Sie die Leistungen beizeiten! Ist der Versicherungsfall einmal eingetreten, können keine Zusatzversicherungen mehr abgeschlossen werden. Auf unserer Homepage (www.inspecta.ch) haben wir Ihnen ein Muster einer möglichen Versicherungsübersicht bereitgestellt. Anhand dieser Vorlage können Sie zusammen mit Ihrem Versicherungsvertreter die notwendigen Informationen zusammentragen.
Vollmacht, Vorsorgeauftrag, Patientenverfügung
Was geschieht, wenn Sie plötzlich verunfallen, wenn Sie urteilsunfähig werden? Ist Ihre Stellvertretung in der Praxis sichergestellt? In vielen Praxen trifft man immer wieder Fälle an, in denen der Praxisinhaber einziger Zeichnungsberechtigter (bei Einzelfirmen) oder einziger Verwaltungsrat
mit Einzelunterschrift (bei AG oder GmbH) ist. Diesbezüglich ist es sicherlich sinnvoll, sich zu überlegen, welche zusätzlichen Personen für eine weitere Unterschriftsberechtigung infrage kommen. Mittels einer schriftlichen Vollmacht können Sie eine andere Person ermächtigen, an Ihrer Stelle rechtsgültig zu handeln. Eine solche Vollmacht kann auf einzelne Rechtsgeschäfte beschränkt oder im Sinne einer Generalvollmacht umfassend sein. Die Vollmacht kann zeitlich befristet (ein Jahr, die Zeit einer Ferienabwesenheit oder eines Spitalaufenthaltes) oder zeitlich unbefristet sein. Soll die Vollmacht über den Tod hinaus wirksam bleiben, ist dies ausdrücklich festzuhalten. Besondere Beachtung sollte dem Zahlungsverkehr geschenkt werden. Möchten Sie jemanden ermächtigen, Zahlungen bei Ihrer Bank in Auftrag zu geben, ist dringend zu empfehlen, die bankeigenen Vollmachtformulare zu verwenden. Soll die Vollmacht erst ab Eintritt der eigenen Urteilsunfähigkeit wirksam werden, können eine oder mehrere Personen mittels Vorsorgeauftrag beauftragt werden, an eigener Stelle rechtswirksam zu handeln. Der Vorsorgeauftrag kann dabei nur für Teile oder für die gesamte Personen- und Vermögenssorge sowie für die Vertretung im Rechtsverkehr erteilt werden. Absolut persönliche Rechte, wie zum Beispiel die Errichtung eines Testamentes, können allerdings nicht delegiert werden. Die Errichtung eines Vorsorgeauftrages ist an Formvorschriften geknüpft. Es gibt, ähnlich wie beim Testament, zwei Möglichkeiten, einen Vorsorgeauftrag zu verfassen. Entweder wird ein Vorsorgeauftrag vollständig von Hand geschrieben, datiert und unterzeichnet (Vorlagen finden Sie beispielsweise auf der Homepage der Pro Senectute www.prosenectute.ch, auf unserer Homepage www.inspecta.ch oder auf der Homepage der zuständigen KESB-Stellen) oder durch einen Notar öffentlich beurkundet. Werden die Formvorschriften nicht eingehalten, kann der Vorsorgeauftrag keine Wirkung entfalten. Dann wird die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) im Falle der Urteilsunfähigkeit des Vorsorgeauftraggebers Massnahmen des Erwachsenenschutzrechts prüfen müssen.
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FORTBILDUNG
Mit einer Patientenverfügung sorgt man für Situationen vor, in denen man durch einen Unfall oder eine Krankheit nicht mehr selber entscheiden kann. Man hält im Voraus fest, welchen medizinischen Massnahmen man zustimmt und welche man ablehnt. Das erleichtert Ärztinnen und Ärzten, schwierige Entscheide zu fällen, und entlastet auch Angehörige. Die Patientenverfügung kann für sich alleine erstellt werden oder Teil eines Vorsorgeauftrages sein. Auf der Homepage der FMH (www.fmh.ch) können Vorlagen für Patientenverfügungen heruntergeladen werden.
Für den Todesfall: Testament oder Ehe- und Erbvertrag
Für einen allfälligen Todesfall ist vorab abzuklären, wer gemäss gesetzlichen Bestimmungen des Güter- und Erbrechts wie viel Nachlassvermögen erhalten soll. Wird dabei festgestellt, dass die gesetzliche Lösung nicht ideal ist, kann via Testament, Ehe- und Erbvertrag oder Begünstigung einer Todesfallrisikoversicherung eine sinnvollere Lösung angestrebt werden.
Schlussbemerkung und Fazit
Gleichzeitig kann zur Abrundung dieses Themenkreises die
Planung der Altersvorsorge miteinbezogen werden. Mittels
Vorausberechnung der AHV, der mutmasslichen BVG-Rente
gemäss Vorsorgeausweis und der Vermögenswerte anhand
der Steuererklärung lässt sich rasch eine Gesamtübersicht er-
stellen. Es lohnt sich, dies frühzeitig anzugehen, da der Auf-
bau eines genügenden Alterskapitals vielfach unterschätzt
wird.
Damit Sie für den Notfall genügend vorgesorgt haben, ist ein
strukturiertes Vorgehen zweckmässig. Auf der Homepage
der inspecta treuhand ag (www.inspecta.ch) finden Sie eine
«Checkliste zur Notfallvorsorge», anhand derer Sie, in Zu-
sammenarbeit mit Ihrem Versicherungsberater und Treuhän-
der, eine umfassende Lösung erarbeiten können.
Vorsorge ist Chefsache, bei der es sinnvoll ist, Unterstützung
beizuziehen. Die Führung des Projekts gehört jedoch in Ihre
Hände, damit Sie nicht zum Spielball von Beratern werden.
Anhand der genannten Checkliste behalten Sie die Zügel je-
derzeit in der Hand.
L
Es gibt drei Testamentsformen: 1. Beim eigenhändigen Testament verfassen Sie ihren letzten
Willen von Anfang bis Ende von Hand, datieren es mit Jahr, Monat und Tag der Errichtung und unterzeichnen es. Das Testament kann zu Hause aufbewahrt oder bei einer Amtsperson beziehungsweise einem Notar, einer Notarin gegen Bezahlung einer Gebühr in Verwahrung gegeben werden. 2. Bei einem öffentlichen Testament teilen Sie einer Amtsperson beziehungsweise einer Notarin, einem Notar und unter Anwesenheit von zwei Zeugen Ihren Willen mit. Die Amtsperson fasst den Willen in einer Urkunde zusammen und bewahrt das unterzeichnete Dokument auf. Mit ihrer Unterschrift beweisen die Zeugen, dass Sie verfügungsfähig waren und sie den Inhalt der Verfügung kennen. 3. Das mündliche Testament kommt nur zur Anwendung, wenn es nicht möglich ist, ein Testament in einer anderen Form zu errichten (z.B. bei drohender Todesgefahr). In einem solchen Fall müssen Sie Ihren Willen vor zwei Zeugen erklären. Diese Zeugen müssen diesen Willen sofort unter Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag und unter Erwähnung der besonderen Umstände schriftlich festhalten und unterzeichnet an die Gerichtsbehörde weiterleiten.
Leodegar Kaufmann
Dr. oec. HSG
Daniel Roth
dipl. Treuhandexperte, Partner
Kontakt: inspecta treuhand ag Espenmoosstrasse 1 Postfach 144 9008 St. Gallen E-Mail: roth@inspecta.ch
Der Erbvertrag ist neben dem Testament die zweite vom Gesetz vorgesehene Form für Verfügungen von Todes wegen. Mittels Erbvertrag trifft der Erblasser mit einer Person bindende Abmachungen über seinen Nachlass. Der Erbvertrag bedarf der gleichen Form wie das öffentliche Testament. Oft werden Ehevertrag und Erbvertrag gekoppelt und in einer einzigen Urkunde erstellt. Im ehevertraglichen Teil werden güterrechtliche Anordnungen getroffen (z.B. eine vom Gesetz abweichende Vorschlagzuteilung wie die Meistbegünstigung) und im erbvertraglichen Teil Verfügungen von Todes wegen. Aufgrund der Einheit der Urkunde sind auch auf die ehevertraglichen Bestimmungen die Formerfordernisse des Erbvertrages anzuwenden.
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