Transkript
FORTBILDUNG
Asthma in der Schwangerschaft
Leitlinienempfehlungen der DGP
In der Schwangerschaft ist eine gute Asthmakontrolle von grosser Bedeutung. In der S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie bei Patienten mit Asthma wird deshalb empfohlen, die Langzeit- und die Bedarfsbehandlung während der gesamten Schwangerschaft unverändert fortzusetzen. Dies gilt auch für die Stillzeit.
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
Eine Schwangerschaft beeinflusst auch den Verlauf einer Asthmaerkrankung. Bei etwa einem Drittel der Patientinnen verbessert sich die Symptomatik, bei einem Drittel bleibt sie unverändert, und bei einem weiteren Drittel verschlechtert sich die Asthmakontrolle. Häufig kommt es in diesem Zeitraum auch zu mehr Exazerbationen. In der S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie bei Patienten mit Asthma haben Experten der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und anderer Fachgesellschaften Empfehlungen zur Asthmabehandlung bei Schwangeren zusammengestellt.
Beratung
Eine unzureichende Asthmakontrolle kann zu Schwangerschaftskomplikationen und zu Entwicklungsstörungen des Fötus führen. So werden bei Asthmapatientinnen häufiger Präeklampsien, Schwangerschaftsdiabetes, eine Ablösung der Plazenta oder eine Placenta praevia beobachtet. Beim Fötus kann es zu Wachstumshemmung, zur vorzeitigen Geburt und zur Neugeborenenhypoxie kommen. Bei einer guten Asthmakontrolle während der gesamten Schwangerschaft sind diese Risiken im Vergleich zu Schwangeren ohne Asthma dagegen gar nicht oder nur geringfügig erhöht. Asth-
mapatientinnen sollten deshalb bereits zu Beginn einer Schwangerschaft eine Beratung zur Bedeutung und Aufrechterhaltung einer guten Asthmakontrolle sowie zur Sicherheit der Medikamente erhalten.
Pharmakotherapie
Die Gefahren einer unzureichenden Asthmakontrolle überwiegen bei Weitem die (häufig überschätzten) Medikamentennebenwirkungen. Inhalative Glukokortikosteroide (ICS), Beta-2-Sympathomimetika, Montelukast (Singulair® und Generika) oder Theophyllin (Unifyl®, Amonophyllin®) sind nicht mit einem erhöhten Risiko für fötale Missbildungen verbunden. ICS beugen Asthmaexazerbationen in der Schwangerschaft vor. Das Absetzen dieser Medikamente ist dagegen mit einem signifikanten Risiko für Exazerbationen verbunden. Da ICS und lang wirksame Beta-2-Sympathomimetika (LABA) bei üblicher Dosierung als sicher gelten, ist auch keine Dosisreduzierung erforderlich. Die Leitlinienexperten raten deshalb, die Langzeit- und die Bedarfsbehandlung während der gesamten Schwangerschaft unverändert fortzusetzen. Eine Behandlung mit Leukotrienrezeptorantagonisten kann in der Schwangerschaft fortgesetzt werden, sollte jedoch nicht neu begonnen werden.
MERKSÄTZE
In der Schwangerschaft sollten alle Asthmamedikamente ohne Dosisreduzierung weiterhin angewendet werden.
Auch während der Stillzeit kann die Asthmamedikation unverändert beibehalten werden.
Von einem Behandlungsbeginn mit Leukotrienrezeptorantagonisten wird während der Schwangerschaft abgeraten.
Spezifische Immuntherapien und Influenzaimpfungen sollten vor Beginn der Schwangerschaft vorgenommen werden.
Aminoglykoside, Tetrazykline und Chinolone dürfen während der Schwangerschaft nicht angewendet werden.
Monitoring
Bei schwangeren Asthmapatientinnen sollte im Rahmen der regelmässigen Untersuchungen auch die Asthmakontrolle überprüft werden. Bei Veränderungen wird die Medikation entsprechend angepasst. Bei schwerem Asthma empfehlen die Experten auch eine Überwachung des Ungeborenen. Patientinnen mit schlecht einstellbarem Asthma sollten von einem Pneumologen und einem Gynäkologen gemeinsam betreut werden.
Atemwegsinfekte
In der Schwangerschaft werden Asthmapatientinnen häufig anfälliger für virale Atemwegsinfekte. Zu deren Behandlung sind keine Antibiotika erforderlich. Falls im Krankheitsverlauf dennoch Antibiotika indiziert sein sollten, raten die Experten zur Anwendung von Penicillinen und Cephalospori-
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nen. Erythromycin (Erythrocin®) gilt ebenfalls als sicher, kann aber mit gastrointestinalen Nebenwirkungen wie Übelkeit verbunden sein. Aminoglykoside sollten wegen der Otound der Nephrotoxizität vermieden werden. Tetrazykline dürfen aufgrund wachstumshemmender Effekte nicht angewendet werden. Chinolone sind kontraindiziert, weil sie Knochendefekte verursachen können.
Schwere Exazerbationen
Da der Fötus in einer Umgebung mit niedrigen Sauerstoffpartialdrücken heranwächst, stellt ein Asthmaanfall für Mutter und Kind einen Notfall dar. Eine schwere Exazerbation sollte daher immer im Krankenhaus unter Überwachung des Fötus behandelt werden. In der zweiten Schwangerschaftshälfte ist auch ein Gynäkologe hinzuzuziehen. Um eine Hypoxie des ungeborenen Kindes zu vermeiden, sollte frühzeitig mit kurz wirksamen Beta-2-Sympathomimetika (SABA), systemischen Glukokortikosteroiden und einer Sauerstoffbehandlung begonnen werden. Zur Verbesserung der fötalen O2-Utilisation werden eine O2-Sättigung von 95 Prozent und ein Kohlendioxidpartialdruck (PaCO2) von weniger als 35 mmHg angestrebt. In schweren Fällen können inhalatives Ipratropiumbromid (Atrovent®, Rhinovent® und Generika) und intravenöse Beta-2-Sympathomimetika appliziert werden.
Immuntherapien und Impfungen
Eine Schwangerschaft gilt als Kontraindikation für den Beginn einer spezifischen Immuntherapie (SIT). Die Fortsetzung einer SIT mit Inhalationsantigenen ist dagegen bei guter Verträglichkeit möglich. Influenza- und Pneumokokkenimpfungen sollten bei schwangeren Asthmapatientinnen aufgrund der unzureichenden Datenlage hinsichtlich potenzieller Risiken möglichst vor Beginn einer Schwangerschaft vorgenommen werden.
Schwangere Asthmapatientinnen sollten eher eine Regionalals eine Allgemeinanästhesie erhalten. Für die Anästhesie empfehlen die Experten Fentanyl, für die Vollnarkose Propofol (Disoprivan® und Generika) oder Ketamin (Ketelar® und Generika). Zur intrapartalen Wehenhemmung können – wie bei Schwangeren ohne Asthma – Beta-2-Sympathomimetika gegeben werden. Bei vorzeitiger Wehentätigkeit ist auch der Oxytocinantagonist Atosiban (Tractocile®) für Asthmapatientinnen geeignet. Wenn während der letzten 48 Stunden vor der Geburt hohe SABA-Dosierungen angewendet wurden, kann beim Neugeborenen eine Hypoglykämie auftreten. In diesen Fällen sollte innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt der Blutzucker des Kindes kontrolliert werden. Zur Geburtseinleitung und zur Behandlung einer postpartalen Uterusatonie gilt Oxytocin (Syntocinon®) für Asthmapatientinnen als Medikament der ersten Wahl. Bei einer Geburtseinleitung mit Prostaglandinen muss die bronchokonstriktorische Wirkung dieser Medikamente berücksichtigt werden. Prostaglandin F2a (in der Schweiz nur als Tierarzneimittel im Handel) und Sulproston (Nalador®) sind bei Asthma kontraindiziert.
Stillzeit
Auch während der Stillzeit können alle Asthmamedikamente
unverändert angewendet werden. Von Theophyllin geht we-
niger als 1 Prozent der Dosis in die Muttermilch über. Bei
Prednisolon liegen die Konzentrationen in der Muttermilch
bei 5 bis 25 Prozent der Serumkonzentration. Der Anteil in-
travenös oder oral applizierten Prednisolons in der Mutter-
milch beträgt weniger als 0,1 Prozent. Somit wird der gestillte
Säugling nur geringen und klinisch unbedeutsamen Steroid-
mengen ausgesetzt.
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Management während der Geburt
Während einer Entbindung kommt es nur selten zu Exazerbationen. Bronchokonstriktionen infolge von Hyperventilation können mit inhalativen SABA behandelt werden. Für Patientinnen, die vor der Geburt ihres Kindes länger als 2 Wochen mehr als 7,5 mg Prednisolon/Tag (z.B. Prednisolon® Streuli) erhalten hatten, empfehlen die Experten während der Entbindung alle 6 bis 8 Stunden eine parenterale Applikation von 100 mg Hydrocortison (z.B. Solu-Cortef®).
Petra Stölting
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DPG): S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. Stand: 12.9.2017, gültig bis 31.12.2020. AWMF-Registernummer: 020-009.
Interessenlage: Zu den Interessenkonflikten der Autoren der referierten Leitlinie sind keine Informationen vorhanden.
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