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Titel
Sport hilft Brustkrebspatientinnen
Untertitel
Ausdauer- und Krafttraining nach Chemotherapie
Lead
Regelmässige, über 16 Wochen ausgeübte körperliche Aktivitäten verbessern sowohl ein metabolisches Syndrom als auch die Blutwerte insgesamt und führen damit bei Frauen nach erfolgreicher Brustkrebstherapie möglicherweise zur Abnahme des Rezidivrisikos.
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-
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MEDIZIN — STUDIE REFERIERT
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-
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35398
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STUDIE REFERIERT
Ausdauer- und Krafttraining nach Chemotherapie
Sport hilft Brustkrebspatientinnen
Regelmässige, über 16 Wochen ausgeübte körperliche Aktivitäten verbessern sowohl ein metabolisches Syndrom als auch die Blutwerte insgesamt und führen damit bei Frauen nach erfolgreicher Brustkrebstherapie möglicherweise zur Abnahme des Rezidivrisikos.
Journal of Clinical Oncology

Das metabolische Syndrom geht nicht nur mit einer stammbetonten Adipositas, mit Hypertonie, Hyperglykämie und Dyslipoproteinämie einher, sondern führt auch zu einem um 17 Prozent erhöhten Risiko für Brustkrebs beziehungsweise einem dreifach erhöhten Risiko für ein Brustkrebsrezidiv. Die Entstehung eines metabolischen Syndroms wird durch Übergewicht, eine vorwiegend im Sitzen verbrachte Lebensweise, aber auch durch eine Brustkrebs-Chemotherapie zusätzlich begünstigt. Insbesondere bei Patientinnen nach erfolgreich behandeltem Brustkrebs, welche an Übergewicht leiden, ergibt deshalb eine Intervention zur Verbesserung der metabolischen Situation in Form regelmässiger körperlicher Aktivität grossen Sinn. Bisher fehlten jedoch Untersuchungsergebnisse, die beweisen konnten, dass körperliches Training eine positive Wirkung auf den gesamten Symptomenkomplex des metabolischen Syndroms ausübt. Die zwischen 2012 und 2016 in Kalifornien durchgeführte, randomisierte, kontrollierte Studie schloss 100 adipöse Frauen ein, welche innerhalb der letzten sechs Monate vor Studieneintritt eine Chemotherapie zur Behandlung einer Brustkrebserkrankung im Stadium 0 bis 3 erhalten hatten. Um in die Studie aufgenommen zu werden, mussten die Patientinnen zusätzlich Nichtraucherinnen sein, sich weniger als eine Stunde pro Woche körperlich betätigen und einen Body-Mass-Index (BMI) ≥ 25 kg/m² beziehungsweise einen Hüftumfang >88 cm aufweisen. Als primärer Endpunkt der Studie wurde ein modifizierter Z-Wert für das metabolische Syndrom berechnet, der sich aus dem Z-Wert der Knochendichtemessung sowie aus Hüftumfang, systolischem und diastolischem

Blutdruck, HDL (high-density lipoprotein), Triglyzeriden und Blutglukose zusammensetzt.
Kombination von Ausdauerund Krafttraining erstmals untersucht
Während der Studiendauer von 16 Wochen führte die Interventionsgruppe, bestehend aus der Hälfte der Studienpatientinnen (n = 50), an zwei Tagen pro Woche unter Anleitung eines geschulten Trainers ein je 80-minütiges Ausdauer- und Krafttraining sowie am dritten Tag ein Ausdauertraining von 50 Minuten durch. Die Adhärenz der Trainingsgruppe lag bei 95 Prozent, das Trainingsziel wurde bei 65 bis 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz angesetzt. Zahlreiche Blutwerte (Glukose, HDL, LDL [low-density lipoprotein], Cholesterin, Triglyzeride, HbA1c, C-reaktives Protein [CRP], Insulin, Interleukin-[IL-]6, IL-8, Tumornekrosefaktor[TNF-]α , Leptin, Adiponektin, Sexualhormone u.a.), Gewicht, Hüftumfang und Blutdruck wurden zu Studienbeginn sowie nach Ablauf der Interventionsphase von 4 Monaten und bei der Trainingsgruppe nochmals 3 Monate nach Studienende gemessen. In der Usual-care-Gruppe trugen die Teilnehmerinnen einen Beschleunigungsmesser und führten ein Bewegungstagebuch. Nach Ablauf der Studienphase konnte in der Vergleichskohorte keine Veränderung des Lebensstils oder der körperlichen Aktivitäten festgestellt werden.
Metabolisches Syndrom nach Chemotherapie häufig
Zu Studienbeginn wurde bei 77 Prozent der Studienteilnehmerinnen ein metabolisches Syndrom diagnostiziert. Nach Intervention waren es in der Trainings-

gruppe nur noch 15 Prozent, in der Vergleichsgruppe mittlerweile jedoch 80 Prozent der Patientinnen, bei denen ein metabolisches Syndrom nachgewiesen werden konnte (χ² = 10,7, p = 0,004). Bemerkenswert ist die Persistenz der verbesserten Stoffwechselsituation der Trainingsgruppe auch nach 3-monatigem Follow-up. Ähnliche Resultate ergaben die Messungen des appendikulären Skelettmuskelmasseindex (ASM). Der Verlust von Muskelmasse an den oberen und unteren Extremitäten ist Hauptindikator für eine beginnende Sarkopenie, einen altersbedingten Muskelabbau, und kann mittels Dual-Röntgen-Absorptiometrie (DEXA) gemessen werden. Zu Studienbeginn wiesen 95 Prozent der Teilnehmerinnen eine sarkopenische Adipositas (SA) auf, eine für ältere Menschen typische Kombination aus Übergewicht und Verlust an Muskelmasse. In der Interventionsgruppe kam es nach 4-monatigem körperlichem Training im Vergleich zur Usual-care-Gruppe (p < 0,001), aber auch zu den eigenen Ausgangswerten (p ≤0,01) zu einer signifikanten Abnahme des ASM sowie des Körpergewichts beziehungsweise des BMI. Die Blutwerte der Trainingsgruppe verbesserten sich nach 4 Monaten Aktivität allesamt, insbesondere nahmen die Insulinresistenz sowie die proinflammatorischen Blutwerte (CRP, TNF-α, IL-6) und Östradiol ab, wohingegen bei der Gruppe mit unveränderter Lebensweise HOMA-IR (homeostatic model assessment for insulin resistance), Leptin und IL-8 signifikant zunahmen (p < 0,01). Deutlich verbesserte Stoffwechsellage Die Studie konnte zeigen, dass durch regelmässiges Ausdauer- und Krafttrai- ARS MEDICI 7 | 2018 289 STUDIE REFERIERT ning sowohl ein metabolisches Syndrom als auch eine sarkopenische Adipositas sowie die Blutwerte von übergewichtigen Frauen mit Status nach Brustkrebs-Chemotherapie signifikant verbessert werden können. Die Prävalenz einer SA bei Frauen nach erfolgreich behandeltem Brustkrebs (95%) liegt im Vergleich zu derjenigen von postmenopausalen Frauen ohne Krebsanamnese (25%) deutlich höher. Das damit häufig einhergehende metabolische Syndrom inklusive einer Insulinresistenz erhöht das Risiko für ein Tu- morrezidiv, weshalb der Verbesserung der Stoffwechselsituation bei der Nach- behandlung von Brustkrebspatientin- nen ein hoher Stellenwert zukommt. In der vorliegenden Studie wurde erstmals ein Ausdauer- mit einem Krafttraining kombiniert, was die positive Wirkung auf den Stoffwechsel möglicherweise zusätzlich begünstigt hat. Selbst 3 Mo- nate nach einem 16-wöchigen, unter Aufsicht durchgeführten Training per- sistieren die niedrigen Blutwerte, und die verbesserte Stoffwechselsituation bleibt konstant. MIK L Quelle: Dieli-Conwright CM et al.: Effects of aerobic and resistance exercise on metabolic syndrome, sarcopenic obesity, and circulating biomarkers in overweight or obese survivors of breast cancer: a randomized controlled trial. J Clin Oncol 2018, Jan 22, JCO.2017.75.7526. Interessenlage: Ein Teil der Autoren der referierten Originalstudie hat Forschungsgelder, Reisekostenerstattungen, Vortrags- und/oder Beraterhonorare von diversen Pharmaunternehmen erhalten. Eine der Autoren ist bei Advanced Tear Diagnostics beschäftigt und hält Anteile an dieser Firma. 290 ARS MEDICI 7 | 2018