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STUDIE REFERIERT
Morbus Crohn
Therapie engmaschig kontrollieren
Literatur: 1. Hanauer SB: Targeting Crohn’s disease. Lancet 2018; 390 (10114): 2742–2744.
Ziel einer offenen, randomisierten und kontrollierten Studie war es zu untersuchen, ob Biomarker bei der Anti-TNF-Therapie eines Morbus Crohn von Bedeutung sind.
Lancet
Herkömmliche Therapieverfahren mit Kortikosteroiden, Immunmodulatoren und Tumornekrosefaktor-(TNF-)Hemmern sind bei Morbus Crohn (MC) nicht immer ausreichend wirksam. Es stellt sich die Frage, ob eine engmaschige Kontrolle der charakteristischen Biomarker wie dem Stuhl-Calprotectin und dem C-reaktiven Protein (CRP) dem üblichen klinischen Management, welches lediglich die klinische Symptomatik und die endoskopischen Befunde erfasst, überlegen ist. Klärung bringen sollte hier CALM, eine offene, randomisierte und kontrollierte Phase-III-Studie, die in 22 Ländern an 74 Spitälern und ambulanten Zentren durchgeführt wurde und 244 erwachsene Patienten im Alter zwischen 18 bis 75 Jahren mit endoskopisch nachgewiesenem aktivem MC einschloss. Alle Patienten erhielten zunächst eine Behandlung mit Prednison. Nach neun Wochen wurden alle Patienten nach dem Zufallsprinzip im Verhältnis 1:1 einer Therapiestrategie zugeordnet. Während bei der einen Gruppe lediglich die klinische Symptomatik (u.a. Crohn's Disease Activity Index [CDAI]) der therapeutischen Entscheidung zugrunde lag, kamen in der Gruppe der engmaschig Kontrollierten die Konzentrationen von CRP sowie des StuhlCalproteins hinzu. Der Patientenstatus wurde in den Wochen 11, 23 und 35 bestimmt, und die therapeutischen Massnahmen wurden schrittweise verstärkt (kein Adalimumab; Adalimumab 160/80/40 mg pro Woche; Adalimumab 40 mg/Woche plus Azathioprin 2,5 mg/Tag), falls sich die Therapie mit Prednison als nicht ausreichend wirksam erwiesen hatte (CDAI < 100 Punkte im Vergleich zur Baseline oder CDAI ≥ 200 oder Prednisoneinnahme; Kriterien bei engmaschiger Kontrolle waren: CDAI ≥ 150, CRP ≥ 5 mg/l, Stuhl-Calprotein ≥ 250 µg/g oder Prednisoneinnahme). Primärer Endpunkt war der Anteil der Patienten, bei welchen 48 Wochen nach Randomisierung die Mukosa geheilt war (CDEIS [Crohn’s Disease Endoscopic Severity Index] < 4) und bei welchen die Schleimhaut keine tiefen Ulzera zeigte. Einbezug von Biomarkern Die Heilung der Mukosa wurde bei 37 (30%) der Patienten erreicht, bei welchen ein klinisches Management durchgeführt worden war, und bei 56 (46%) der engmaschig Kontrollierten. Die mithilfe des Cochran-Mantel-HaenszelTests ermittelte Differenz betrug 16,1 Prozent (95%-Konfidenzintervall [KI]: 3,9–28,3; p = 0,01). Sekundäre Endpunkte wie eine Remission lagen in der Gruppe der engmaschig Kontrollierten höher. Auch erwies sich die Therapie bei den engmaschig Kontrollierten als erfolgreicher, und auf therapeutische Massnahmen konnte schneller verzichtet werden (z.B. 47% bei engmaschiger Kontrolle und 22% bei klinischem Management nach 22 Wochen). Unerwünschte Ereignisse traten in beiden Gruppen gleich häufig auf. Diese Untersuchung bestätigt die Ergebnisse anderer Studien, dass eine frühe Therapie mit einem TNF-a-Blocker von Nutzen ist. Auch bisherige Studien kamen zu dem Ergebnis, dass der Beginn einer Anti-TNF-Therapie befürwortet werden kann, weil es hier eine höhere Chance für eine Remission, Heilung der Mukosa und Unversehrtheit des Darms gibt. Hierbei besteht offenbar ein Zusammenhang zwischen Krankheitsdauer und Wirksamkeit der Therapie. In einer Analyse einer Gruppe von Patienten, welche unter einer moderaten bis schweren aktiven Crohn-Erkrankung litten und die mit Adalimumab behandelt wurden, war bei einer Krankheitsdauer von unter 2 Jahren die Wahrscheinlichkeit für eine Remission höher als bei 3-jähriger Krankheitsdauer. Die REACT-Studie zeigte eine Abnahme schwerer Nebenwirkungen unter Adalimumab. Nachdem sich Kortikosteroide als wirkungslos erwiesen hatten, wurde in der REACT-Studie den Patienten Adalimumab mit einem Antimetaboliten gegeben, wobei die Medikamentendosen schrittweise erhöht wurden. Im Rahmen der STRIDEEmpfehlungen werden sowohl klinische Remission als auch endoskopische Remission als kombinierter Endpunkt definiert. Verschiedene Studien zeigten jedoch, dass Entzündungsparameter wie das Stuhl-Calprotectin und CRP nützlich sind. Eine Veröffentlichung von Hanauer (1) bezieht sich auf die CALM-Studie. Hanauer stellt fest, dass es Übereinstimmungen zwischen MC und der rheumatoiden Arthritis gibt. Diese betreffen die auf Autoimmunreaktionen basierende Pathogenese, die entzündlichen Prozesse, die Symptomatik und die Therapie. Auch hier sind TNF-aBlocker von Nutzen. Frühzeitige Therapieintensivierung nützt CALM ist die erste Studie, die zeigt, dass eine frühzeitige Dosissteigerung eines Anti-TNF bei Morbus Crohn von Nutzen sein kann. Grundlage der Entscheidung sollten die klinische Symptomatik sowie die Konzentrationen spezifischer Biomarker wie CRP und StuhlCalprotectin sein. Zukünftige Studien sollten die Wirkungen solcher Strategien auf langfristige Ergebnisse wie Darmschäden, Operationen, Hospitalisationen und Behinderungen untersuchen. L CBT Interessenlage: Die Autoren der referierten Originalpublikation haben finanzielle und nicht finanzielle Unterstützung von verschiedenen Unternehmen erhalten. Quelle: Colombel JF et al.: Effect of tight control management on Crohn’s disease (CALM): a multicentre, randomised, controlled phase 3 trial. Lancet 2018: 390(10114): 2779–2789. ARS MEDICI 5 | 2018 205