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BERICHT
Phytotherapie bei klimakterischen Beschwerden
Entscheidend ist die Reproduktionsphase
Bei klimakterischen Beschwerden ist die Hormonersatztherapie zwar am effizientesten, doch kann sie bei vielen Frauen nicht eingesetzt werden. Eine valable und verträgliche Alternative dazu bietet die Phytotherapie. Dr. Gesa Otti-Rosebrock, niedergelassene Gynäkologin in Biel, gab an der 32. Jahrestagung für Phytotherpie einen Überblick über die therapeutischen Möglichkeiten mit Arzneipflanzen.
Die Menopause definiert sich als Zeitpunkt, bei dem in den vorangegangenen 12 Monaten keine Regelblutung mehr stattgefunden hat. Normalerweise betrifft dies Frauen um 51 Jahre. Nach diesem Zeitpunkt befindet sich die Frau in der Postmenopause. 2 von 3 Frauen können über einen mittleren Zeitraum von 2 bis 7 Jahren, manchmal bis 10 Jahre, klimakterische Beschwerden haben, 5 bis 10 Prozent auch noch nach dem 60. Lebensjahr, so Otti-Rosebrock zum Problem. Je nach Phase des hormonellen Übergangs, in der sich eine Frau während der Wechseljahre befindet, können unterschiedliche Symptome verstärkt auftreten. Um ein Therapiekonzept zu erstellen, gilt es erst herauszufinden, in welcher Reproduktionsphase sich die Patientin befindet. In der Perimenopause können dies unter anderem emotionale Schwankungen, Unruhe, Reizbarkeit, Traurigkeit, Wut und Ärger sein, begleitet von Mastodynie, Wassereinlagerungen und Gewichtsveränderungen. «Meist stehen die Frauen voll im Job und haben vielleicht Kinder in der Pubertät oder bereits pflegebedürftige Eltern. Konzentrationsstörungen, unkontrollierbare Stimmungsschwankungen oder Ängstlichkeit sind dabei nicht hilfreich, ebenso wenig für die Partnerschaft.» In der späten Prämenopause mit seltener werdenden Menstruationszyklen mit Follikelreifungsstörungen und anovulatorischen Zyklen oder Follikelpersistenzen kommt es zu einer ungenügenden Progesteronbildung. Es können verstärkte
Phytoöstrogene
Phytoöstrogene sind nicht steroidale Planzenstoffe, die an Östrogenrezeptoren binden. Sie üben östrogene und/oder antiöstrogene Wirkungen aus. Zu den wichtigsten Phytoöstrogen-Substanzklassen gehören die Isoflavone, die auch in einigen Nahrungsmitteln zu finden sind. Ihre Wirkstärke liegt bei etwa 1/100 bis 1/10'000 von Östradiol. Bei entsprechender Ernährung kann ein Plasmaspiegel von 50 bis 800 ng/ml erreicht werden. Die höchsten Isoflavonkonzentrationen sind in Sojabohnen und Rotklee zu finden. Die positiven Effekte der Phytoöstrogene werden unter anderem zurückgeführt auf ihre Bindungsaffinität hinsichtlich β-Östrogenrezeptoren, die vor allem im Herz-Kreislauf-System, in Knochen, Lunge, Blase, Prostata und Gehirn lokalisiert sind. Die Bindung an α-Phytoöstrogene, die vorwiegend in Fortpflanzungsorganen und Brustgewebe lokalisiert sind, ist deutlich geringer (14).
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Weissdorn (Crataegus oxyacantha)
Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa)
und verlängerte Blutungen auftreten. Zur Stabilisierung von Zyklus und Stimmung sowie zur Blutungsminderung kann therapeutisch ein Progesteronausgleich in der zweiten Zyklushälfte angestrebt werden. Je nach vorherrschenden Symptomen eignen sich verschiedene Heilpflanzen (Tabelle).
Optionen bei perimenopausalen Beschwerden
Bei perimenopausalen Symptomen bieten sich verschiedene Phytotherapeutika an. Mönchspfeffer (Vitex agnus castus) ist sowohl bei prämenstruellem Syndrom wie auch bei menstruellen Zyklusstörungen indiziert. Die Mönchspfefferfrüchte enthalten domapinerg wirkende Diterpene wie auch Iridoglykoside und Flavonoide. Diese senken das Prolaktin und stabilisieren das Progesteron. Bindungen an Opioidrezeptoren hemmen zusätzlich das follikelstimulierende Hormon, reduzieren die Östrogene und damit auch Wassereinlagerungen. In einer Metaanalyse belegten 13 von 14 Studien eine Wirkung auf die klimakterischen psychischen Symptome (1). Lavendelöl kann eingesetzt werden, wenn die klimakterischen Beschwerden sich durch Angststörungen artikulieren. In einer Metaanalyse über zwei doppelblinde, randomisierte und plazebokontrollierte Studien (n = 539) wurde für Lavendelöl beziehungsweise Silexan 160 oder 80 mg die gleiche Wirksamkeit wie für 20 mg Paroxetin belegt. Dies ohne Entzugserscheinungen nach Absetzen und bei guter Verträglichkeit (2). Eine weitere Möglichkeit besteht in der Gabe eines Kombinationspräparates, wie beispielsweise Relaxane®. Es enthält Trockenextrakte von Pestwurz, Passionsblume, Baldrian und
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Tabelle:
Phytotherapeutische Optionen bei Wechseljahrbeschwerden
Symptome Zyklusstabilisierung
Stimmungsausgleich
Blutungsminderung Hitzewallungen
Herzrasen
Phytotherapeutika
Vitex agnus castus (Mönchspeffer) Achillea millefolium (Schafgarbe) Alchemilla vulgaris (Frauenmantel) Daucus carota (wilde Möhre) Dioscorea villosa (wilder Yams)
Passiflora incarnata (Passionsblume) Melissa officinalis (Melisse) Lavandula angustifolia (Lavendel) Hypericum perforatum (Johanniskraut)
Hamamelis virginiana (Zaubernuss) Capsella bursa-pastoris (Hirtentäschel) Potentilla erecta (Blutwurz) Erigeron Canadensis (kanadisches Berufskraut)
Cimicifuga racemosa (Traubensilberkerze) Salvia officinalis (Salbei) Humulus lupulus (Hopfen) Rheum rhapoticum (sibirischer Rabarber) Trifolium pratense (Rotklee) Glycine max (Soja)
Crataegus oxyacantha (Weissdorn)
Handelsname (Beispiele) Premens®, Opran®, Prefemin®
Lasea® Hyperiplant®, Jarsin®, Hyperimed®, Rebalance®, Remotiv®
Cimifemin®, Climavita®, Femicin®, Feminelle® Menosan®
Cardiplant®, Zeller Herz®
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Rotklee (Trifolium pretense)
Sojabohne (Glycine max)
Mönchspfeffer (Vitex agnus castus)
Melisse und wirkt bei situativer Angst, psychovegetativen und somatoformen Störungen vergleichbar mit Oxazepam (3–5).
Postmenopausale Phase: Hitze, Tachykardien, Schlafprobleme
Wenn die letzten Menstruationszyklen über 1 Jahr zurückliegen, kann es zu frühen postmenopausalen Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Herzrasen kommen. Die Abnahme der Ovarfunktion führt zu einem Östrogenmangel und in der Folge zu einem überaktiven hypo-
thalamischen GnRH(gonadotropin-releasing hormone)Pulsgenerator durch vermehrte Ausschüttung von GnRH. Die daran beteiligten Neurotransmitter bewirken im benachbarten Temperaturzentrum eine Weitstellung der Hautgefässe (hot flashes) und Tachykardien. Otti-Rosebrock: «Ein therapeutischer Ansatz ist hier die Stabilisierung des hypothalamischen Pulsgenerators. Dafür kommen mehrere Phytotherapeutika infrage: Traubensilberkerze, Salbei, Weissdorn, Artischocke, schwarze Johannisbeere, Hopfen, Zitronenmelisse, Baldrian.» Die dafür am besten untersuchte Arz-
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Passionsblume (Passiflora incarnate)
Lebensstilanpassung hilft bereits gegen Wallungen
Bei übergewichtigen Frauen kann eine Gewichtsreduktion
um mindestens 10 Prozent bereits zu einer Reduktion von va-
somotorischen Symptomen führen, wie die Women’s Health
Initiative unter anderem gezeigt hatte (12). Unterstützend zur
Reduktion von Hitzewallungen kann durch Nahrungsergän-
zung mit Omega-3-Fettsäuren eine Minderung von Frequenz
und Stärke erreicht werden (13). Salbeitee und lignanhaltiger
Grünsaft, Gemüse und Früchte sind weitere Optionen auf der
Nahrungsseite zur Unterstützung, so Otti-Rosebrock.
Trotz allem sollte man internistische Differenzialdiagnosen
beim Symptom Schwitzen nicht vergessen. Beispielsweise
sollte bei einer über 60-jährigen Frau, deren Menopause
schon 10 Jahre zurückliegt, bei plötzlich auftretendem
Schwitzen die Ursache auf jeden Fall internistisch abgeklärt
werden, so Otti-Rosebrock abschliessend.
L
Valérie Herzog
Johanniskraut (Hypericum perforatum)
neipflanze ist die Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa). Als Wirkmechanismus wurden SERM-ähnliche, antioxidative, antiinflammatorische und serotonerge Effekte gefunden (6), mit guter Effizienz bei klimakterischen Beschwerden (7). Es kommt nicht zu einer direkten Wirkung auf die ␣- und Östrogenrezeptoren (8). Daher können die zugelassenen Zubereitungen bei Frauen nach Mammakarzinom bedenkenlos eingesetzt werden, so Otti-Rosebrock. Weitere Möglichkeiten bestehen in der Behandlung mit sibirischem Rhabarber (Rheum rhapoticum). Die Inhaltsstoffe Hydroxystilben und Rhaponticin entfalten eine agonistische Wirkung am -Östrogenrezeptor mit signifikanter Reduktion von Hitzewallungen und Angststörungen, ohne Veränderungen am Brustgewebe oder am Endometrium auszulösen (9, 10). In der Kombination mit Johanniskraut (Hypericum perforatum), das bei depressiver Erkrankung eingesetzt wird, konnte eine synergistische Wirkverstärkung beobachtet werden (11). Zubereitungen aus Salbeiblättern (Salvia officinalis) sind als traditionelle Mittel zur Schweissbekämpfung eine weitere Option und wohletabliert, die Evidenzlage sei aber eher schwach, schränkt Otti-Rosebrock ein.
Quelle: Phytotherapeutische Behandlung von Wechseljahrbeschwerden – aktueller Stand. 32. Schweizerische Jahrestagung für Phytotherapie, 23.11.2017 in Brugg.
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