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Zusammenfassungen: Valérie Herzog; Herausgeber: Dr. med. Erik von Elm Cochrane Schweiz, swiss.cochrane@chuv.ch
Neues aus der Cochrane Library
Protonenpumpenhemmer zur Behandlung von funktionellen Dyspepsiesymptomen
Die funktionelle oder nicht ulzerierte Dyspepsie äussert sich mit rezidivierenden epigastrischen Schmerzen ohne organische Ursache. Die Säurehemmung mit Protonenpumpenhemmern (PPI) stellt hier eine geläufige Behandlungsoption dar, doch der Einsatz von PPI wird kontrovers diskutiert. PPI werden gut vertragen, weisen aber im Langzeitgebrauch Nebenwirkungen auf. Ob sich eine PPI-Therapie als symptomlindernde Behandlung bei funktioneller Dyspepsie besser eignet als H2-Blocker oder Prokinetika, untersuchte ein systematischer Review mit 23 randomisierten kontrollierten Studien (n = 8759), die 2 bis 8 Wochen dauerten. 2 Studien zeigten eine leicht grössere symptomlindernde Wirkung von PPI im Vergleich zu Plazebo (RR: 0,88; 95%-KI: 0,82–0,94; n = 5968, 16 Studien, NNTB = 13). Des Weiteren könnten PPI den H2-Blockern in der Wirkung leicht überlegen sein (RR: 0,88; 95%-KI: 0,74–1,04; n = 740, 2 Studien, NNTB = 13), dies ebenso im Vergleich zu Prokinetika (RR: 0,90; 95%-KI: 0,81–1,00; n = 892, 4 Studien, NNTB = 20). Es konnte kein Unterschied bei der Behandlung von Dyspepsie-
symptomen zwischen PPI plus Prokinetika und Prokinetika
allein (RR: 0,85; 95%-KI: 0,68–1,08; n = 407, 2 Studien,
NNTB = 18) festgestellt werden.
Die PPI wiesen unabhängig von der Dosis eine Wirkung auf.
Niedrig dosierte PPI hatten eine vergleichbare Wirkung wie
die Standarddosis. Weder der Helicobacter-Status noch das
Herkunftsland, der Refluxstatus oder der Rom-III-Subtyp
hatten einen Einfluss auf die Wirksamkeit. Die Nebenwir-
kungen unterschieden sich in den verschiedenen Behand-
lungsgruppen im Vergleich zu PPI nicht.
Zur Wirksamkeit von PPI in der Behandlung von Sympto-
men der funktionellen Dyspepsie besteht demnach Evidenz.
PPI wirken leicht stärker als H2-Blocker und Prokinetika, so
die Schlussfolgerung der Review-Autoren.
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Abkürzungen: RR = risk ratio; KI = Konfidenzintervall; NNTB = number needed to treat to benefit
Quelle: Pinto-Sanchez MI et al.: Proton pump inhibitors for functional dyspepsia. Cochrane Database Syst Rev 2017; 3: CD011194.
EXPERTENKOMMENTAR
Prof. Manfred Essig Chefarzt Medizin Spital Zweisimmen 3770 Zweisimmen manfred.essig@spitalstsag.ch
Die Protonenpummenhemmer stellen derzeit eine häufig pragmatische Therapie für viele Krankheiten des oberen Magen-Darm-Traktes dar, die mit einer Vermehrung der Säurewirkung auf die Schleimhaut des oberen Gastrointestinaltraktes assoziiert sind. Dabei ist es wahrscheinlich unwesentlich, welche PPI verwendet werden. Es handelt sich um einen Klasseneffekt. Unsicherer ist die Wirksamkeit bei der funktionellen Dyspepsie, bei welcher mit unseren derzeitig zur Verfügung stehenden Messmethoden kein eindeutiges organpathologisches Korrelat besteht. Deshalb ist die Diskussion, ob Protonenpummenhemmer hier gerechtfertigt sind, durchaus sinnvoll, insbesondere da sie zu den meistverwendeten Medikamenten zählen. Grundsätzlich ist das Nebenwirkungsprofil überschaubar, aber im Langzeitgebrauch nicht einfach vernachlässigbar. Es gibt insbesondere Hinweise für eine Fehlbesiedelung des oberen Dünndarms sowie noch weitere Schäden, die diskutiert, aber zum Teil kontrovers beurteilt werden,
wie Nierenschäden, neurologische Defizite und anderes. Des-
halb ist die Frage nach dem aktuellen Cochrane Review, der
einen leichten Vorteil der PPI-Therapie gegenüber anderen
Substanzen wie H2-Blocker und Prokinetika sieht, kritisch zu
stellen. Dies besonders unter dem Aspekt, dass New Yorker
Kollegen im JAMA (1) vergangenen Oktober einen lesens-
werten Artikel publiziert haben, in welchem sie eine gemüse-
reiche basische Diät empfahlen und damit die gleichen Effekte
bei Refluxsymptomen wie mit einer PPI-Therapie erreichen
konnten. Insofern muss man kritisch diskutieren, dass eine
Nahrungsumstellung und ein gesunder Lebensstil durchaus
eine Therapieoption nicht nur bei definierten Symptomen
wie Reflux, sondern wahrscheinlich auch bei der funktionel-
len Dyspepsie darstellt. Dies sollte nicht dazu verleiten, PPI
unkritisch häufig einzusetzen, obwohl der Cochrane Review
leicht positive Effekte zeigt. Insbesondere unter dem Aspekt
der Smarter Medicine muss der unkritische, mit wenig Evi-
denz behaftete PPI-Einsatz hinterfragt werden. Generell
sollte eine medikamentöse Therapie nach Ausschöpfen aller
nicht pharmakologischer Therapien erwogen werden, wobei
in der Realität der Wunsch des Patienten nach schneller Hei-
lung einen gewissen Druck auf uns Mediziner ausübt. Eine
Aufklärung über die Lifestyle-Modifikation hat hier sicher
neben der zwar erkennbaren, jedoch kleinen Evidenz des
Cochrane Review noch einen Stellenwert.
L
Referenz: 1. Zalvan CH et al.: A comparison of alkaline water and mediterranean diet
vs proton pump inhibition for treatment of laryngopharyngeal reflux. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2017; 143: 1023–1029.
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Persistierendes Asthma: Antileukotrien zusätzlich zum Kortikosteroid vorteilhaft
Bei erwachsenen und adoleszenten Patienten mit persistierendem Asthma ist als Erstlinientherapie die Behandlung mit niedrig dosierten inhalativen Kortikosteroiden (ICS) empfohlen. Bei suboptimaler Symptomkontrolle stellt die Zugabe von Antileukotrienen eine zusätzliche Option dar. Ein systematischer Review untersuchte nun die Fragestellung, ob eine Kombination von ICS und Antileukotrienen besser ist als eine ICS-Monotherapie in gleicher, höherer oder ausschleichender Dosis. Dazu wurden 37 randomisierte, kontrollierte Studien mit gesamthaft 6128 erwachsenen oder adoleszenten Patienten mit mildem bis moderatem Asthma herangezogen. In 24 Studien wurde als Zusatz Montelukast verwendet, in 11 Studien Zafirlukast und in 2 Studien Pranlukast. Unter der Kombination Antileukotrien/ICS halbierte sich, verglichen mit ICS-Monotherapie in gleicher Dosierung, die Anzahl Patienten von 9% auf 5%, die infolge Exazerbationen weitere orale Steroide während 3 Monaten benötigten (RR: 0,50; 95%-KI: 0,29–0,86). Bei einer Behandlungsdauer von 6 bis 16 Wochen entspricht das einer NNTB von 22 (95%-KI: 16–75), das heisst, dass 22 Patienten mit oralen Steroiden während einer Exazerbation innerhalb 3 Monaten behandelt werden müssen, damit 1 Patient einen Vorteil hat. Die morgendliche exspiratorische Flussrate (nicht aber die abendliche), das forcierte exspiratorische Einsekundenvolu-
men (FEV1), Asthmasymptome und nächtliches Aufwachen
schnitten unter der Kombination ebenfalls besser ab. Die
Nebenwirkungen waren für diesen Vergleich ähnlich.
Der Vergleich Antileukotrien/ICS mit einer ICS-Monothera-
pie in höherer ICS-Dosis zeigte keinen signifikanten Unter-
schied in der Anzahl Patienten, die exazerbationsbedingt
weitere orale Kortikosteroide benötigten. Auch nicht punkto
Lebensqualität oder Nebenwirkungen. Wurde das Kortison
dagegen in beiden Gruppen ausgeschlichen, kam es in der
Kombinationsgruppe häufiger zu schweren Nebenwirkun-
gen, und Verbesserungen der Lungenfunktion und der Asth-
masymptome blieben aus.
Verglichen mit der ICS-Monotherapie in gleicher Dosis ver-
mindert der Zusatz von Antileukotrienen zu ICS bei persis-
tierendem Asthma Exazerbationen und hilft, orale Kortiko-
steroide zu sparen, so das Fazit der Autoren. Ob die Kombi-
nation einer alleinigen ICS-Gabe in höherer Dosis überlegen
ist, bleibt unklar. Als ICS-sparend eignen sich Antileuko-
triene dagegen nicht.
L
Quelle: Chauhan BF et al.: Addition of anti-leukotriene agents to inhaled corticosteroids for adults and adolescents with persistent asthma. Cochrane Database Syst Rev 2017; 3: CD010347.
EXPERTENKOMMENTAR
Prof. Dr. med. Jürg Barben Leitender Arzt Pneumologie/Allergologie & CF-Zentrum Ostschweizer Kinderspital Claudiusstr. 6 9006 St. Gallen juerg.barben@kispisg.ch
Bei Kindern mit persistierendem Asthma im Schulalter empfehlen die aktuellen Guidelines der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (1) sowie die aktualisierten GINA-Guidelines 2017 (2) als Add-on Therapie zu den inhalativen Steroiden (ICS) als erste Wahl lang wirksame
Betamimetika, weil die Therapie besser wirkt und erst noch
preisgünstiger ist (3). Antileukotriene kommen erst bei der
zweiten Wahl zum Einsatz und sind vor allem bei schweren
Allergikern mit ausgeprägter Rhinokonjunktivitis und atopi-
scher Dermatitis zu erwägen. Beim frühkindlichen Asthma
(Vorschulalter) sind niedrig dosierte ICS die Therapie der Wahl,
lang wirksame Betamimetika sind nicht zugelassen.
L
Referenzen: 1. Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (SGPP): Emp-
fehlungen zur Behandlung der obstruktiven Atemwegserkrankungen im Kindesalter (SGPP/PIA-CH 2009). Paediatrica 2009; 3: 44–51. 2. Global Initiative for Asthma (GINA), Report 2017: http://ginasthma.org/ 2017-gina-report-global-strategy-for-asthma-management-andprevention/ 3. Adelsberg B: LABAs are better than leukotriene receptor antagonists when added to inhaled corticosteroids in recurrent asthma. Evid Based Med 2007; 12: 82.
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Nutzen von Vitamin C in der kardiovaskulären Primärprävention fraglich
Hat die Supplementierung von Vitamin C zur Primärprävention von kardiovaskulären Ereignissen einen Nutzen? Beobachtungsstudien haben eine inverse Beziehung zwischen der Vitamin-C-Einnahme und kardiovaskulären Risikofaktoren gezeigt. Klinische Studien waren indes weniger konsistent. Diese Fragestellung wurde nun in einem systematischen Review über 8 plazebokontrollierte, randomisierte Studien (n = 15 445) bei gesunden Patienten oder solchen mit mittleren bis hohen kardiovaskulären Risikofaktoren untersucht. Die Physicians Health Study II lieferte die grösste Patientenzahl mit 14 641 Teilnehmern. Bezüglich Endpunkten nach einem Follow-up von 8 Jahren mit einer Vitamin-C-Einnahme von täglich 500 mg waren keine Unterschiede zu den Plazebogruppen auszumachen: grössere kardiovaskuläre Ereignisse (HR: 0,99; 95%-KI: 0,89–1,10), Gesamtmortalität (HR: 1,07; 95%-KI: 0,97–1,18), tödlicher und nicht tödlicher Myokardinfarkt (HR: 1,04; 95%-KI: 0,87–1,24), tödlicher und nicht tödlicher Schlaganfall (HR: 0,89; 95%-KI:
0,74–1,07), kardiovaskuläre Mortalität (HR: 1,02; 95%-KI:
0,85–1,22), Bypass/perkutane Koronarangioplastie (HR:
0,96; 95%-KI: 0,86–1,07; self-reportet), Angina pectoris
(HR: 0,93; 95%-KI: 0,84–1,03; self-reportet).
Somit gibt es momentan keine Evidenz, die eine Vitamin-C-
Supplementierung zur kardiovaskulären Primärprävention
stützen würde. Diese Erkenntnis stammt überwiegend aus
1 Studie, deren Teilnehmer aus männlichen Ärzten mittleren
Alters (50 Jahre oder älter) aus den USA bestehen. Weil die
Evidenz nicht auf die Gesamtbevölkerung übertragbar ist
und nur aus einer grossen Studie stammt, wurde sie auf nied-
rige bis sehr niedrige Qualität herabgestuft.
L
Abkürzungen: HR = Hazard Ratio
Quelle: Al-Khudairy L et al.: Vitamin C supplementation for the primary prevention of cardiovascular disease. Cochrane Database Syst Rev 2017; 3: CD011114.
Chlorhexidin-Mundspülung reduziert Zahnfleischentzündung anhaltend
Dentalplaque, ein mikrobieller Biofilm, führt zur Entzündung des Zahnfleisches (Gingivitis). Dieses wird rot, schwillt an und neigt zu Blutungen, was aber reversibel ist. Bei empfindlichen Personen kann eine Gingivitis einer Periodontitis Vorschub leisten, was zu Verlust von Fasern und Knochen führen kann. Um Dentalplaque und damit die Gingivitis zu reduzieren, ist neben der mechanischen Reinigung die Anwendung von Chlorhexidin-Mundspülungen gebräuchlich. Ob das wirklich mehr bringt als die mechanische Zahnreinigung mit Zahnbürste und eventuell noch Zahnseide oder eine professionelle Zahnreinigung allein, war die Fragestellung eines systematischen Cochrane Reviews. Es wurden 51 randomisierte, kontrollierte Studien mit gesamthaft 5345 sonst gesunden Kindern ab 8 Jahre und Erwachsenen mit Gingivitis oder Periodontitis eingeschlossen. Der Vergleich mechanische Zahnreiningung versus mechanische Zahnreinigung plus Chlorhexin-Mundspülung dauerte in den Studien mindestens 4 Wochen. In 10 Studien mit 805 Patienten war nach Studienende die Gingivitis mit der Chlorhexidin-Spülung im Vergleich zu keiner oder einer Plazebospülung um 0,21 Punkte gemäss Gingival-Index-Scale (0 bis 3) zurückgegangen (95%-KI: 0,11– 0,31). Die Reduktion war zwar auch noch nach 6 Monaten etwa gleich stark, war klinisch aber nicht relevant. Bezüglich der Plaqueausbreitung bewirkte die Chlorhexidin-Spülung in 12 Studien mit 950 Patienten einen Rückgang um 1,45 Stan-
dardabweichungen (SMD) (95%-KI: 1,00–1,9), was dage-
gen einer grossen Reduktion entspricht. Auch hier blieb die
Reduktion nach 6 Monaten annähernd gleich gross. Ver-
schiedene Chlorhexidin-Konzentrationen hatten keine unter-
schiedliche Wirkung. Jedoch entwickelten Chlorhexidinan-
wender nach 4 bis 6 Wochen Zahnverfärbungen (8 Studien,
n = 415; SMD 1,07; 95%-KI: 0,80–1,34). Von weiteren
Nebenwirkungen wie Zahnsteinbildung und vorübergehen-
den Geschmacksstörungen wurde berichtet.
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Abkürzungen: SMD = standardised mean difference
Quelle: James P et al.: Chlorhexidine mouthrinse as an adjunctive treatment for gingival health. Cochrane Database Syst Rev 2017; 3: CD008676.
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