Transkript
trans-Fettsäuren – eine Gefahr für unsere Gesundheit?
Natürliche und industrielle trans-Fettsäuren im Vergleich
FORTBILDUNG
Die Forschungsanstalt Agroscope führte in Zusammen-
arbeit mit dem Inselspital Bern eine klinische Studie durch,
in der natürliche trans-Fettsäuren in Milchprodukten mit
trans-Fettsäuren industrieller Herkunft verglichen wurden.
Das Resultat ist beruhigend: In den heutzutage in der
Schweiz konsumierten Mengen stellen die trans-Fett-
säuren unabhängig von ihrer Herkunft kein Problem für die
Gesundheit dar.
Alexandra Schmid1, Thomas Radtke2 und Hugo Saner3
Die Autoren verschiedener Studien, in denen Assoziationen zwischen dem Essverhalten einer grossen Anzahl Personen mit dem Auftreten von Krankheiten untersucht wurden, kamen zum Schluss, dass ein hoher Verzehr von trans-Fettsäuren aus teilgehärteten Fetten (industrielle trans-Fettsäuren) das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten erhöht. Keine Risikoerhöhung fand sich hingegen beim Verzehr von natürlicherweise in Milchfett vorkommenden trans-Fettsäuren. Das hat dazu geführt, dass in der Schweiz der Gehalt an trans-Fettsäuren in pflanzlichen Fetten und Ölen gesetzlich auf 2 Prozent limitiert wurde und in den Ernährungsempfehlungen eine Aufnahme von weniger als 1 Prozent der Energie aus trans-Fettsäuren empfohlen werden. Bis anhin nicht geklärt ist die Frage, ob sich die Effekte unterscheiden, wenn die konsumierten Mengen natürlicher und industrieller trans-Fettsäuren gleich hoch sind und den heute maximal möglichen Konsummengen entsprechen. Die Abteilung für Kardiovaskuläre Prävention, Rehabilitation und Sportmedizin des Inselspitals Bern ist zusammen mit
MERKSÄTZE
der Eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope dieser Frage nachgegangen. Mithilfe einer klinischen Studie sollte abgeklärt werden, wie sich bei gesunden Personen der Verzehr von natürlich und industriell hergestellten transFettsäuren im Vergleich zu einer Ernährung ohne trans-Fettsäuren auf verschiedene Risikofaktoren für Herz-KreislaufKrankheiten (Gefässfunktion, Blutfettspiegel, Entzündungsfaktoren etc.) auswirkt.
Studiendesign
In die doppelblinde, randomisierte, kontrollierte Studie wurden gesunde Freiwillige beiderlei Geschlechts im Alter zwischen 45 und 69 Jahren mit einem BMI zwischen 20 und 30 kg/m2 aufgenommen. Sie mussten sich 6 Wochen lang an spezifische Ernährungsvorgaben halten und das gesamte Fett in ihrer Ernährung über eine vorgegebene Fettquelle decken. In den ersten 2 Wochen stellte eine Margarine ohne transFettsäuren diese Fettquelle dar. Für die folgenden 4 Wochen wurden die Studienteilnehmer dann zufällig einer von drei Gruppen zugeteilt: O Die erste Gruppe fuhr mit dem Konsum der Margarine
ohne trans-Fettsäuren weiter (Kontrollgruppe). O Die zweite Gruppe erhielt eine Margarine mit trans-Fett-
säuren (industrielle trans-Fettsäuren-Gruppe). O Die dritte Gruppe konsumierte Alpbutter, welche trans-
Fettsäuren natürlichen Ursprungs enthielt (natürliche trans-Fettsäuren-Gruppe). Rund 2 Prozent der Energie wurden dadurch in den transFettsäure-Gruppen in Form von trans-Fettsäuren aufgenommen, der gesamte Fettkonsum lag zwischen 33 und 36 Energieprozent. Die anderen Lebensmittel durften die Studienteilnehmer im Rahmen der Schweizer Ernährungsempfehlungen selbst auswählen, wobei jedoch alle fetthaltigen Produkte strikt gemieden werden sollten. Nach den ersten zwei Wochen (Basiswert) und am Ende der Studie (Endwert) wurde morgens in nüchternem Zustand bei allen Studienteilnehmern mit einer nicht invasiven Methode die Funktion der Blutgefässe gemessen. Zusätzlich wurde ihnen Blut abgenommen, um verschiedene Parameter zu analysieren.
O Man kann davon ausgehen, dass gesunden Personen bei einer Ernährungsweise nach den Schweizer Ernährungsempfehlungen keine Gefahr von trans-Fettsäuren droht.
O Man weiss nicht, ob dies auch für Personen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Risikofaktoren zutrifft.
Resultate Die Studie wurde in den Jahren 2009 bis 2013 durchgeführt, und 129 Personen haben sie in dieser Zeit erfolgreich abgeschlossen. Weder der Konsum von Alpbutter noch der Kon-
1 Agroscope Bern; 2 Universität Zürich, Institut für Präventivmedizin; 3 Universitätsspital Inselspital Bern, Kardiologie
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FORTBILDUNG
Abbildung: Gefässfunktion (FMD: flow mediated dilation) in den drei Gruppen vor und nach der vierwöchigen Ernährungsintervention.
sum von Margarine mit trans-Fettsäuren (2 Energieprozent trans-Fettsäuren) hatte einen negativen Effekt auf die gemessenen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Krankheiten. Der Hauptzielparameter, die Blutgefässfunktion, zeigte nach den 4 Wochen in allen drei Gruppen nur minimale Veränderungen (siehe Abbildung). Bei den männlichen Teilnehmern war die Gefässfunktion in der Gruppe mit Alpbutterverzehr tendenziell etwas besser als in der Gruppe, die Margarine mit trans-Fettsäuren konsumierte, nicht jedoch bei den weiblichen Teilnehmern. Die Alpbutterdiät führte zu etwas höheren Gesamt- und LDL-Cholesterinspiegeln; dies alleine stellt unter den vorliegenden Umständen jedoch kein gesundheitliches Risiko dar. Bei den Entzündungsmarkern und den anderen Parametern fanden sich keine konsistenten Veränderungen.
Schlussfolgerungen und Ausblick
Die Studie konnte nicht aufzeigen, dass natürliche trans-Fett-
säuren den industriellen trans-Fettsäuren in ihrer gesundheit-
lichen Wirkung über den Zeitraum von 4 Wochen überlegen
sind. Im Rahmen der in der Studie konsumierten Menge von
2 Energieprozent und einer sonst ausgewogenen Mischkost
laut den Schweizer Ernährungsempfehlungen fand sich
auch bei den industriellen trans-Fettsäuren keine negative
Wirkung.
Für den herzgesunden Schweizer Konsumenten ist das vor-
erst beruhigend, kann er doch davon ausgehen, dass ihm bei
einer Ernährungsweise nach den Schweizer Ernährungsemp-
fehlungen keine Gefahr von trans-Fettsäuren droht.
Wünschenswert wäre, diese Ergebnisse in einer gross ange-
legten Langzeitstudie zu überprüfen und neben gesunden
Personen auch Personen mit bestehenden Herz-Kreislauf-
Risikofaktoren zu untersuchen.
O
Korrespondenzadresse: Dipl. oec. troph. Alexandra Schmid Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) Agroscope Schwarzenburgstrasse 161 3003 Bern E-Mail: alexandra.schmid@agroscope.admin.ch
Interessenlage: Es bestehen keine Interessenkonflikte.
Radtke T, Schmid A, Trepp A et al.: Short-term effects of trans fatty acids from ruminant and industrial sources on surrogate markers of cardiovascular risk in healthy men and women: a randomized, controlled, double-blind trial. Eur J Prev Cardiol 2017; 24(5): 534–543.
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