Transkript
Elektronisches Patientendossier – nur eine digitale Datenablage?1
Mit dem elektronischen Patientendossier
(EPD) soll im Schweizer Gesundheitswesen
die Qualität verbessert und die Effizienz ge-
steigert werden – so die an und für sich gute
Idee. Bis anhin handelt es sich beim EPD
jedoch nur um eine Datenablage für PDF. Hier-
von profitiert die Ärzteschaft in ihrem Praxis-
alltag kaum. Damit das EPD messbare Mehr-
werte schafft, muss es sich von einer PDF-
Datenablage zur Übermittlungsdrehscheibe
für strukturierte Daten entwickeln.
Adrian P. Müller
Seit dem 15. April 2017 ist das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) in Kraft. In Art. 2 Bst. a wird das elektronische Patientendossier (EPD) definiert als «virtuelles Dossier, über das […] Daten aus der Krankengeschichte einer Patientin oder eines Patienten […] zugänglich gemacht werden können». Sowohl Patient als auch Leistungserbringer können Gesundheitsdaten im EPD speichern. Gesundheitsfachpersonen können auf die Daten zugreifen, sofern der Patient ihnen den Zugriff erlaubt. Hierdurch sollen unter anderem Behandlungsqualität und -prozesse verbessert sowie die Patientensicherheit erhöht werden.2 An und für sich eine gute Sache – wäre das EPD grosso modo nicht nur eine Datenablage für PDF.
zahlreiche Dokumente; so auch solche, welche die Medikation betreffen. Spitäler erfassen diese in ihren Klinikinformationssystemen. Wird der Patient entlassen, werden die Informationen in einem Austrittsbericht zusammengefasst. Bisher wurde dieser per Post oder per Fax an den Hausarzt übermittelt. Neu wird der Austrittsbericht als PDF im EPD abgespeichert. Der Hausarzt kann diesen einsehen, sofern ihm der Patient den Zugriff gewährt.
Tausende PDF
bringen dem Arzt nichts!
Bei einem Austrittsbericht als PDF, zwei PDF mit zusätzlichen Informationen über die Medikation plus drei weiteren Dokumenten pro Patient kann der Hausarzt den Überblick behalten. Auch wenn er die für ihn relevanten Informationen zuerst suchen muss, um sie dann in sein Praxisinformationssystem zu übertragen. Bei einem 80-jährigen, multimorbiden Patienten sieht sich der Arzt mit einer Unmenge an PDF konfrontiert. Trotz der Möglichkeit, nach Upload-Datum, Autor und so weiter zu suchen, bleibt das EPD unübersichtlich. Von der momentanen Ausgestaltung des EPD profitiert die Ärzteschaft in ihrem Praxisalltag kaum.
Strukturierte Medikationsdaten
schaffen Mehrwerte
Soll das EPD wirklich Mehrwerte schaffen, müssen die Daten in anderer Form erfasst werden. Ziel muss es sein, dass Daten direkt aus einem Klinikinformationssystem ins EPD überführt
«Solange das EPD nur eine Datenablage für PDF ist, schafft es für die Ärzteschaft keine messbaren Mehrwerte», so APA-Präsident Dr. med. Adrian P. Müller.
werden; und zwar nicht als PDF, sondern als strukturierte Daten. Der behandelnde Hausarzt soll diese Daten dann über sein Praxisinformationssystem einsehen können. Für die Ärzteschaft sind insbesondere Informationen zur Medikation von Bedeutung, sind Fehlmedikationen doch offenbar für 5 Prozent der Hospitalisationen verantwortlich. Hier gilt es anzusetzen! O
1 Der vorliegende Artikel versteht sich als Replik auf den Artikel «Das elektronische Patientendossier (Teil 1): Weit mehr als eine digitale Datenablage» (Ars Medici 19, 2017, S. 863 ff.) von Adrian Schmid, Leiter eHealthSchweiz. Handelt es sich beim elektronischen Patientendossier in seiner momentanen Ausgestaltung doch gerade um eine Datenablage für PDF und nicht mehr. 2 Vgl. hierzu Art. 1 Abs. 3 EPDG.
Was meint «virtuell» in der Praxis?
Was das EPD anbelangt, bedeutet «virtuell» nicht viel mehr, als dass Berichte über die Medikation, Diagnosen oder Laborwerte in Form von PDF abgelegt werden sollen. Veranschaulichen wir dies an einem Beispiel: Ein Patient wird über einen längeren Zeitraum in einem Spital behandelt. Hierbei entstehen
eMedikation ist keine eNebensache
Damit eHealth allen Beteiligten einen Mehrwert liefert, muss aus Sicht der APA: O die eMedikation stärker in den Fokus gestellt werden O eine Datenbank auf Ebene Bund geschaffen werden O der Zugriff auf Patientendaten für Fachpersonen einfach möglich sein O die Finanzierung durch diejenigen erfolgen, die am Ende profitieren.
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ARS MEDICI 24 I 2017