Transkript
Rosenbergstrasse
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Der eindrücklichste Dialog der vergangenen Woche: «Ich bin erkältet.» – «Am besten, du trinkst Milch mit Honig.» – «Geht nicht, ich bin Veganer.» – «Tja, dann stirbst du halt.»
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Und der absurdeste Dialog: Im Lift: «Wo möchten Sie denn hin?» – «In die Karibik.» – «Nein, ich meine welches Stockwerk.» – «Egal. Überraschen Sie mich. Hauptsache Karibik.»
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Wenn Sie in diesen Wochen die Gelegenheit haben, einer Frau ein nettes Kompliment zu machen, so in der Art, sie sehe heute aber besonders gut und jung aus – lassen Sie es! Das holde Wesen, erst recht, wenn es sich um eine Journalistin handelt, könnte eine derartige Reduktion aufs Äussere durchaus als «Anmache» empfinden. Und dann wird Ihr Kompliment zum blanken Sexismus, und Sie müssen mit einer Anzeige rechnen, oder Sie finden sich als besonders typische, unsympathische und abschreckende Anekdote unter dem Hashtag «Me-too» auf Twitter wieder.
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Dazu Frau F., gutaussehend, aber mit bereits guten fünfzig Jahren Frausein hinter sich: «Ich muss leider gestehen: Die Sexismuswahrnehmung ändert sich mit dem Alter. Es kommt die Zeit, da ist einem eine nette Anmache lieber als der Frust, nur immer auf die inneren Werte reduziert zu werden.» Eine kluge Frau. Und erst noch immer jung und attraktiv.
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Hundefreunde auf der ganzen Welt kennen und verstehen das: «I don’t care who dies in a movie as long as the dog lives.»
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Provokante Ressourcendiskussion in Deutschland: Stimmt es, dass sich heute im Durchschnitt 2 Sozialarbeiter(innen) um 5 Flüchtlinge kümmern? Und 2 Geriatriepfleger um 60 Altersheim-«Insassen»?
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Was heisst «bewusster Fleisch essen»? Weniger? Aber was heisst «weniger»? Nicht jeden Tag? Oder heisst «bewusster»: nicht nur Filet und Plätzli, sondern auch das, was man sonst wegwirft, weil zu teuer für Tierfutter oder Export (Schweizer Abfälle können mit EU-subventioniertem Schlachtmüll nicht konkurrieren). Also auch Nierli, Leberli, Hirni. Oder heisst «bewusster», nur von Tieren aus biologischer Haltung und anständiger Schlachtung? Oder heisst es einfach «würdevoll»? Nämlich sich der Tatsache bewusst, dass für einen kurzen Genuss ein Lebewesen, das gerne gelebt hätte, sterben musste? Vielleicht genau das. Ist aber schwierig.
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Nun, das Problem wird sich lösen, denn: «Das Steak ist die Zigarette von morgen.» Nämlich gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert. Die Jüngeren werden’s erleben: Die Lösung heisst
«cultured meat» (missverständlich übersetzt: «Kulturfleisch»). In 20, 30 Jahren werden Leute der westlichen Zivilisation nicht mehr verstehen, wie man Dutzende von Milliarden Tieren jährlich auf ziemlich erbärmliche Weise züchten und töten konnte, um Fleisch zu essen. Vermutlich werden Konzerne wie Google, Facebook, Apple und Microsoft sich dieses Problems annehmen. Das Resultat wird sein, dass nicht mehr Bauern Tiere, sondern Ingenieure Zellen züchten und «ethisches» Fleisch daraus herstellen. Zu einem Zehntel aus ethischen, zu 90 Prozent aus kommerziellen Motiven. Und der Umwelt zuliebe, weil dann nicht länger Rinder 50 Prozent der Weltgetreideernte fressen und 80 Prozent des Wassers in Brasilien saufen.
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Wenn Sie’s drauf anlegen, können Sie Menschen leicht täuschen. Viel schwieriger ist es, jemanden davon zu überzeugen, dass er getäuscht worden ist!
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Hybrid-Fakes sind Falschnachrichten, bei denen nicht alles, sondern nur ein Teil falsch ist. Und was meint der kluge Nachbar dazu: Wozu ein neuer Begriff für normale Kommunikation?
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Und das meint Walti: Jemand hat gesagt: «Lebe deinen Traum!» Okay, hab ich gemacht. Dafür brauche ich jetzt einen Anwalt.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 23 I 2017
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