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STUDIE REFERIERT
Eisen bei Herzinsuffizienz – besser i.v. als oral
Oral verabreichtes Eisenpolysaccharid hat kaum einen Effekt auf die Eisenspeicher
Ein Eisenmangel bei herzinsuffizienten Patienten ist mit einer reduzierten funktionellen Kapazität und erhöhter Mortalität assoziiert. Bei der Behebung eines Eisendefizits spielt der Applikationsweg offensichtlich eine entscheidende Rolle.
Journal of the American Medical Association
Etwa die Hälfte der Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (HFrEF) weist einen Eisenmangel auf. Eisen ist für die systemische Sauerstoff-(O2-) Versorgung und -utilisation von grosser Bedeutung. Eisen ist auch für die Erythropoese wichtig, daher senkt ein Eisenmangel aufgrund reduzierter Hämoglobinspiegel die O2-Transportkapazität des Blutes. Darüber hinaus ist Eisen ein obligatorischer Bestandteil vieler Enzyme, die an der Zellatmung beteiligt sind. Deshalb ist eine Eisendepletion für Zellen mit hohem Energiebedarf – wie beispielsweise Herzmuskelzellen – besonders ungünstig. Bei Herzinsuffizienzpatienten liegt ein kardialer Eisenmangel vor, was mit einer gestörten Mitochondrienfunktion und einer linksventrikulären Dysfunktion assoziiert ist. Obwohl es zunehmend Erkenntnisse zur funktionellen und prognostischen
MERKSÄTZE
O Bei vielen Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (HFrEF) besteht ein Eisenmangel.
O Die orale Eisensubstitution führte bei diesen Patienten nicht zu einer Besserung der Belastungskapazität.
O Frühere Studien konnten hingegen positive Effekte einer intravenösen Eisensubstitution bei Herzinsuffizienzpatienten nachweisen.
Bedeutung des Eisenmangels gibt, wurden bis vor Kurzem keine randomisierten, multizentrischen Studien mit Herzinsuffizienzpatienten durchgeführt, um den Nutzen einer oralen Eisensubstitution – einer kostengünstigen, breit verfügbaren und sicheren Therapie – zu untersuchen. Zwar zeigten Studien, in denen Eisen intravenös verabreicht wurde, positive Ergebnisse, doch ist eine regelmässige Behandlung mit intravenösen Eisenpräparaten teuer und für ambulante Patienten mit logistischen Herausforderungen verbunden. Nun wurde kürzlich in der IRONOUTHF-(Iron Repletion Effects on Oxygen Uptake in Heart Failure-)Studie untersucht, ob eine orale Eisentherapie im Vergleich zu Plazebo die Belastungskapazität von HFrEF-Patienten mit Eisenmangel nach 16-wöchiger Behandlung bessert.
Studie mit
225 Herzinsuffizienzpatienten
Es handelte sich um eine randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie der Phase 2, in die Patienten mit HFrEF (< 40%) und Eisenmangel aufgenommen wurden. Letzterer war definiert als Serumferritinspiegel zwischen 15 und 100 ng/ml oder als Serumferritinspiegel zwischen 101 und 299 ng/ml mit einer Transferrinsättigung unter 20 Prozent. Die Teilnehmer wurden von September 2014 bis November 2015 an 23 US-amerikanischen Zentren rekrutiert. Die Patienten erhielten über einen Zeitraum von 16 Wochen entweder orales Eisenpolysaccharid 150 mg 2-mal täglich (n = 111) oder Plazebo (n = 114).
Primärer Endpunkt war die Veränderung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2 peak) vom Beginn der Studie bis zum Ende der 16-wöchigen Behandlung. Als sekundäre Endpunkte wurden definiert: 6-Minuten-Gehstrecke, NT-proBNP-(N-terminal proB-type natriuretic peptide-)Spiegel im Plasma sowie der Gesundheitsstatus, ermittelt mit dem Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire (KCCQ, Bereich 0–100, wobei höhere Scores eine bessere Lebensqualität repräsentieren).
Kein signifikanter Unterschied
zwischen den Gruppen
Von den 225 randomisierten Teilneh-
mern (medianes Alter: 63 Jahre; 36%
Frauen) vollendeten 203 die Studie.
Der primäre Endpunkt, die Verände-
rung der VO2 peak nach 16 Wochen,
unterschied sich zwischen der Gruppe
mit oraler Eisensubstitution und der
Plazebogruppe nicht signifikant (+ 23 ml/
min vs. –2 ml/min). Ebenso konnten
nach 16 Wochen keine signifikanten
Unterschiede zwischen den beiden
Gruppen hinsichtlich der 6-Minuten-
Gehstrecke, der NT-proBNP-Werte und
des KCCQ-Scores festgestellt werden.
Zudem hatte die Eisensubstitution nur
einen minimalen Einfluss auf die Eisen-
speicher.
Bei Teilnehmern mit HFrEF und Eisen-
mangel führte eine hochdosierte orale
Eisensubstitution nach 16 Wochen
nicht zu einer Besserung der Belas-
tungskapazität. Diese Ergebnisse stüt-
zen den Einsatz oraler Eisensupple-
mente bei HFrEF-Patienten nicht, fas-
sen die Autoren zusammen.
Die Resultate der vorliegenden Studien
stehen im Gegensatz zu denjenigen frü-
herer Studien, in denen ähnliche Pa-
tientengruppen mit intravenös verab-
reichtem Eisen behandelt wurden. Der
Erfolg einer Eisensubstitution scheint
demnach zumindest bei HFrEF-Patien-
ten vom Applikationsweg abhängig zu
sein.
O
Andrea Wülker
Quelle: Lewis GD et al.: Effect of oral iron repletion on exercise capacity in patients with heart failure with reduced ejection fraction and iron deficiency: the IRONOUT HF randomized clinical trial. JAMA 2017; 317(19): 1958– 1966.
Interessenlage: Ein Teil der Autoren der referierten Originalstudie hat Honorare beziehungsweise Stipendien von verschiedenen Pharmaunternehmen erhalten.
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ARS MEDICI 21 I 2017