Transkript
Knieschmerzen: Trauma, Entzündung oder Verschleiss?
So finden Sie die Ursache
FORTBILDUNG
Das Knie wird im Alltag stark belastet. Es ist deshalb eines der am häufigsten schmerzenden und verletzten Gelenke, mit denen Patienten einen Arzt aufsuchen. Heute gibt es viele konservative und operative Therapieoptionen für Kniepatienten. Der Hausarzt muss hier – quasi als Vorabexperte – eine Vielzahl von Ursachen unterscheiden können: Liegt ein Trauma, eine Entzündung oder Verschleiss vor?
Jan Hennings
Das Kniegelenk wird in drei Abschnitte unterteilt: mediales, laterales und femoropatellares Kompartiment. Mechanisch betrachtet entspricht das Kniegelenk einem Drehscharniergelenk. Die Bewegung zwischen Femur und Tibia lässt sich einer Roll-Gleit-Bewegung gleichsetzen. In der Beugung ist zusätzlich eine Rotation möglich.
auch als Schockabsorber für Stossbelastungen. Sie schützen somit in hohem Ausmass den Knorpel. Der streckseitig am oberen Teil der Kniescheibe (Patellapol) ansetzende Musculus quadriceps femoris übernimmt die muskuläre Führung – gemeinsam mit den antagonistisch wirkenden ischiocruralen Muskeln. Dabei wirken hauptsächlich bei Beugebelastungen durch die Extensorenmuskulatur grosse Zugbelastungen auf die Patella sowie das Ligamentum patellae, weshalb hier häufig Überlastungsreaktionen auftreten. Abbildung 1 verdeutlicht den Aufbau des Kniegelenks. Einen Überblick über häufige Ursachen des schmerzenden Kniegelenks geben die Tabellen 1 und 2. Schon in der Initialphase ist eine Unterscheidung zwischen struktureller und funktioneller sowie degenerativer und traumatischer Ätiologie mitunter wegweisend. Denn hieraus kann schon der erste diagnostische und therapeutische Algorithmus abgeleitet werden. Gleichzeitig kann der Arzt auch die Dringlichkeit für weitere Massnahmen festlegen, um ein optimales Versorgungsergebnis zu erzielen.
Bänder und Menisci stabilisieren Die Gelenkstabilität wird durch die Bandstrukturen bedingt. Als zentrale Pfeiler gelten das vordere und hintere Kreuzband, die sich aufgrund ihres anatomischen Verlaufs – unter kinematischen Aspekten – bei jeder Bewegungsphase anspannen. Die peripheren Stützen gegen Varus- und Valguskräfte stellen das laterale und das mediale Kollateralband dar. Die Menisci wirken aufgrund ihrer sogenannten «Hemmschuhwirkung» ebenfalls stabilisierend, gleichzeitig aber
MERKSÄTZE
O In der akuten Schmerzphase finden das PECH-Schema (Pause, Eis, Compression, Hochlagerung) Anwendung sowie Salbenverbände mit Diclofenac.
O Insbesondere bei akuten Verletzungen sollte eine frühzeitige MRT-Diagnostik erfolgen, um das Zeitfenster möglicher Rekonstruktionen nutzen zu können.
O Für jeden Abschnitt des Kniegelenks gibt es spezifische Ersatzmöglichkeiten, und es sollte nur das ersetzt werden, was zerstört ist – weniger ist also mehr.
O Bei chronischen Erkrankungen sollten konservative Therapien ausgereizt werden.
Diagnostik
Beim Anamnesegespräch sollte der Patient zu erstmaligem Auftreten, Charakter und Verlauf der geklagten Symptome genau befragt werden. Hierbei ergeben sich oft erste Hinweise, um zwischen artikulärer und extraartikulärer Ursache zu unterscheiden. Weiterhin sollte, insbesondere bei traumatischer Genese, nach Symptomen einer möglichen Instabilität gesucht werden: Unsicherheit auf unebenem Untergrund, beim Gehen im Dunkeln oder beim Treppensteigen mit einem sogenannten Giving-way-Phänomen (Wegknicken) kann Ausdruck einer fehlenden Zentrierungsfähigkeit des Gelenkes sein. Die körperliche Untersuchung beginnt mit der Analyse des Gangbildes und der Kontrolle der Achsverhältnisse des Beins, einschliesslich der Fussstatik. Dabei ist auf Schwellungen, Hämatome sowie Hautveränderungen zu achten. Beim Betasten sollte der Arzt die anatomischen Strukturen gezielt auf Druckschmerzen untersuchen. Ein traumatischer Erguss sollte zeitnah per Magnetresonanztomografie abgeklärt werden. Bei der körperlichen Untersuchung findet sich häufig das Zeichen einer «tanzenden Patella»: Nach Ausstreichen des oberen Gelenkrecessus bei gestrecktem Bein wird sich die Patella durch die sich bewegende Gelenkflüssigkeit nach vorn verschieben. Bei der Betastung durch den untersuchenden Zeigefinger federt die Patella in ventrodorsaler Richtung. Ein positives Zeichen der «tanzenden Patella» spricht für einen pathologischen Befund. Der Arzt sollte dies insbesondere bei traumatischer Genese zeitnah abklären.
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Abbildung 1: Anatomie des Kniegelenks 1: Condylus medialis 2: Condylus lateralis 3: Meniscus medialis 4: Meniscus lateralis 5: Lig. crucatim anterius 6: Lig. cruciatum posterius 7: Tuberositas tibiae 8: Caput fibulae
Tabelle 1:
Knieschmerzen – nach Ätiologie
O funktionell versus strukturell O artikulär versus extraartikulär O degenerativ versus traumatisch O kniegelenknahe versus kniegelenkferne Ursache
Tabelle 2:
Knieschmerzen – mögliche Ursachen nach betroffener Struktur
Knorpel: Chondromalazie, Arthrose, Ödem, Gelenkkörper, hormonell bedingte Erweichungen in der Adoleszenz (junge Mädchen!) Knochen: Fehlstatik (z.B. Varusfehlstellung), Kontusionen, aseptische Knochennekrosen, Osteochondrosis dissecans, Überlastungsschäden, Frakturen, Tumoren, systemische Erkrankungen Bänder und Menisci: Meniskusruptur, Verletzungen der Kreuz- und Kollateralbänder, Verletzung des patellofemoralen Ligamentkomplexes Sehne: Überlastungsschäden (jumper’s knee), Tractus-iliotibialis-Syndrom (runner’s knee), Rupturen Muskel: Distorsionen, Dysbalancen, Kontusionen, Muskelfaserrisse, Verkalkungen Synovia: Plicasyndrome, Zysten- und Ganglionbildung
Um das Bewegungsausmass des Kniegelenks zu erfassen, nutzt man heute die Neutral-Null-Methode unter Angabe der Bewegungsrichtung (z.B. Extension/Flexion 0 – 0 – 135 Grad).
Untersuchungen der Kniegelenksbänder Die Untersuchung der Stabilität der Kollateralbänder erfolgt unter Valgusstress für das mediale und unter Varusstress für
das laterale Kollateralband. Das vordere Kreuzband wird mit dem Lachmann-Test untersucht. Hierbei ventralisiert der Untersucher den Unterschenkel bei 20 Grad flektiertem Knie gegenüber dem Femur, um sowohl das Ausmass der anterioren Translation als auch die Qualität des Endpunktes zu erfassen. Ein positiver Befund ergibt sich bei im Seitenvergleich vermehrtem Spiel sowie weichem, nicht definiertem Endpunkt. In der Schubladenprüfung werden sowohl das vordere als auch das hintere Kreuzband getestet: Bei 90 Grad flektiertem Kniegelenk wird ein ventraler Zug zum Testen des vorderen Kreuzbandes und ein dorsaler Schub zum Testen des hinteren Kreuzbandes ausgeübt. Auch hier muss der Vergleich mit der Gegenseite erfolgen. Wichtig bei allen Tests hinsichtlich der Kreuzbänder sind die maximale muskuläre Entspannung des Patienten sowie die Erfahrung des Untersuchers. Die meniskalen Strukturen lassen sich durch verschiedene Untersuchungstechniken prüfen. Allen ist gemein, dass eine Kompressionsrotationskraft ausgeübt wird, wodurch man einen symptomatischen Meniskusriss entdecken kann.
Punktion und Bildgebung
Die Punktion des Gelenkes unter strengen aseptischen Kautelen hilft in der weiteren Differenzialdiagnostik. Ein Hämarthros weist auf eine Ruptur intraartikulärer Strukturen hin, bei Vorliegen von Fettaugen ist eine chondroossäre Verletzung wahrscheinlich. Seröse Flüssigkeit weist auf degenerative oder synoviale Pathologien hin; bei trüb-putridem Punktat sollte eine bakterielle Kultur zum Infektausschluss angelegt werden. Röntgen stellt als Basisdiagnostik die knöchernen Strukturen dar und dient dazu, Frakturen auszuschliessen und den Grad einer Arthrose zu beurteilen. In der Magnetresonanztomografie (MRT) lassen sich chondrale, meniskale sowie ligamentäre Strukturen erkennen. Vor allem bei traumatischen Pathologien, die mit Ergussbildung (Hämarthros), deutlichen periartikulären Schwellungen sowie blockierenden Bewegungseinschränkungen einhergehen, ist eine zeitnahe MRT-Diagnostik obligat. Dies kann bei zerrissenen Gewebestrukturen wie Meniskus- und Kreuzbandrupturen oder ausgeschlagenen chondralen Fragmenten eine möglichst frühzeitige Rekonstruktion binnen der ersten 10 bis 14 Tage ermöglichen. Antworten auf weitere Fragen geben Sonografie, Computertomografie und gegebenenfalls Szintigrafie.
Therapie
Die konservative Therapie umfasst alle Massnahmen, die der Entzündungs- und Schmerzhemmung dienen. In der akuten Schmerzphase findet das PECH-Schema (Pause, Eis, Compression, Hochlagerung) Anwendung sowie Salbenverbände mit Diclofenac (Voltaren®). Als Standardtherapie werden die klassischen NSAR unter Beachtung der Kontraindikationen eingesetzt, wobei langfristige Dauereinnahmen kritisch zu hinterfragen sind. Eine effektive, schmerzlindernde Option bei degenerativen Veränderungen kann die lokale Infiltration mit Kortisongemischen sein. Muskuläre Dysbalancen oder reduzierte Dehnungsfähigkeiten der tendomuskulären Einheiten behandelt der Physiotherapeut und leitet den Patienten zur Eigenübung an. Die Injektion von Hyaluronsäure ins Gelenk wird bei chondromalazischen
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KOMMENTAR
Kommentar von Dr. med. Luzi Dubs, Winterthur
Zwischen Mechanik und Biologie
Der schön präsentierte Artikel von Kollege Jan Hennings besteht aus einem diagnostischen und einem therapeutischen Teil. Die wichtige Differenzierung zwischen intraartikulärer und extraartikulärer Symptomatik ist gut aufgelistet, wobei das Gelenk selber und seine Umgebung sich gegenseitig beeinflussen können, was die Zuordnung nach dem «Huhn-und- Ei-Prinzip» erschwert. Einige Gedankengänge sollen ergänzt, aber durchaus auch etwas kontrovers gewürdigt werden.
Zur Anamnese Die hausärztliche Praxis ist oftmals der Ort, wo nach Auftreten von akuten Knieschmerzen die wichtige Primärdokumentation entsteht, um später eine gute versicherungsmedizinische Beurteilung zu ermöglichen, inwieweit die Knieschmerzen auf ein geschildertes Ereignis zurückgeführt werden können beziehungsweise die Kriterien eines Unfalls (unfallähnlichen Ereignisses) erfüllt wären. In der Sachbearbeitung und bei Gutachten ist man jedem Hausarzt dankbar, wenn dieser über einen Schadensmechanismus grobkursorisch gemäss nachfolgender Checkliste weiterführende Angaben gemacht hat: 1. Gibt es Hinweise auf eine frühere Knie-
schädigung? Vorsymptomatik? Voroperationen? Sport und Berufsexpositionen mit viel Kauern? 2. Wie stark war die Traumaenergie? Fremdeinwirkung? Exzentrische Belastung? Distorsion oder Kontusion? Sofort Rissgefühl? Knall? 3. Sofortiger Fähigkeitsverlust? Fremdhilfe? Oder keine Einschränkung? 4. Verlaufsprofil? Besserungs- oder Verschlechterungstendenz? Sofortiger Arztbesuch?
Zweifellos bedeutet die genaue Erhebung der Anamnese einen vermehrten Zeitaufwand. Dieser kann sich aber hinsichtlich späterer Abklärungen lohnen, da nachfolgend unter versicherungstechnischen Interessen oft divergierende Schilderungen vorliegen und dadurch meist unnütz viel Zeit und Geld zur Klärung erforderlich sind.
Zum klinischen Befund Nebst der Inspektion des Gangbildes wäre die Beurteilung, wie weit ein Kauern möglich ist, als Funktionstest sehr hilfreich. Dies sollte auch in kleinen Untersuchungskabinen möglich sein! Wenn jemand problemlos kauern kann, erlaubt dieser einfache Test den Ausschluss einer relevanten frischen Knieschädigung. Weitere sofortige invasive Abklärungen, zum Beispiel mit MRI, treten in den Hintergrund. Die Gelenkpunktion eines klinisch festgestellten Gelenkergusses (am besten mit ausreichend dicker Nadel von lateral suprapatellär her) ist wertvoll und erlaubt die wichtige Differenzierung zwischen Hämarthros und serösem Erguss, zumindest innerhalb der ersten 4 bis 6 Tage nach Ergussentstehung. In 90 Prozent der Fälle handelt es sich bei einem Hämarthros um eine frische Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Osteochondrale frische Schädigungen (z.B. nach Patellaluxation) sind eher selten. Bei chronischen Knieschmerzen können schwere Femoropatellararthrosen zum Hämarthros führen. Der Zeitpunkt und das Ausmass der Röntgenuntersuchung und die Indikation zum MRI hängen von der Fragestellung nach Anamnese und klinischer Untersuchung ab. Genauer gesagt, von der Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Krankheit oder Unfallschädigung vorliegt. Das Ver-
laufsprofil (test of time) kann viele Informationen über den Schweregrad der Schädigung liefern. In der Regel liegt keine Notfallsituation vor, um unmittelbar invasiv abklären oder intervenieren zu müssen.
Chronische Knieschmerzen Das Gesagte gilt gleichermassen bei der Beurteilung von chronischen Knieschmerzen. Es ist immer schwierig, das Mittelmass des Sinnvoll-Notwendigen in Diagnostik und Therapie zu finden. Bei chronischen Knieschmerzen spielen noch mehr die Hintergrundfaktoren und die Gesetzmässigkeiten des chronischen Krankseins (Patientenmerkmale des Schädigungsträgers) in die Beurteilung hinein.
Nutzen der Rekonstruktion fraglich In vielen Punkten der Diagnostik lassen sich die Gedankengänge von Kollege Hennings gut nachvollziehen, bezüglich der therapeutischen Optionen gewinnt man jedoch den Eindruck, dass auf eine «Orthopädie des Möglichen» abgezielt wird. Seine Denkschule erscheint mechanistisch gefärbt und folgt den Prinzipien der «Reparatur». Weder für den Meniskusund Knorpelersatz noch für die «Rekonstruktion» des vorderen Kreuzbandes jeglicher Art können deren Befürworter behaupten, einen überzeugenden Nutzennachweis erbracht zu haben. Der Schweregrad der Schädigung ist immer noch am meisten für das Resultat und den weiteren Verlauf prädiktiv, ob man «rekonstruiert» oder nicht. Die heutige Studienlage erlaubt bei kritischer Betrachtung die Durchführung der besprochenen rekonstruktiven Massnahmen an den Bändern, dem Knorpel und den Menisken nicht. Die möglichst schonende Entfernung von devitalisiertem, funktionslosem Gewebe des Meniskus und des Knorpels kann aus biologischer Sicht gerechtfertigt erscheinen, wenn es ein Rehabilitationshindernis bedeutet. O
Replik
Der Kommentar des geschätzten Kollegen Dubs ist pointiert und ergänzt den Artikel in sinnvoller Weise. Nicht einig sind wir uns allerdings bezüglich des Stellenwerts der Rekonstruktion nach traumatischen Verletzungen. Selbstredend können degenerative, verschleissbedingte Veränderungen nur in einem eher limitierten Ausmass rekonstruiert werden. Bei traumatischen Verletzungen allerdings hat die Rekonstruktion sehr wohl einen wichtigen Stellenwert! Gerne möchte ich dies im Detail erläutern und freue mich darum bereits auf unsere Pro-und-Contra-Diskussion, die wir für eine der nächsten Ausgaben von ARS MEDICI mit der Redaktion vereinbart haben.
Dr. med. Jan Hennings
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Abbildung 2: Refixation eines Ausrisses des vorderen Kreuzbands (VKB); 1: tibial ausgerissener VKB-Stumpf; 2: Durchflechtungsnaht des Bandstumpfes; 3: transossäre Bohrungen; links: Abschlusssitus nach Hautnaht der Stichinzisionen.
Abbildung 3: Minimaler Teilersatz durch mediale Schlittenprothese 1: femorale Komponente 2: tibiale Komponente 3: Inlay aus Polyethylen 4: intaktes laterales Kompartiment
Kreuzbandriss: Refixation oder Sehnenplastik
Rupturen der Kreuzbänder sind – bei jungen, sportlich ambitionierten Patienten – eine Domäne der rekonstruktiven Therapie. Konservative Versuche können gerechtfertigt sein, wenn bei guter Muskulatur und der Vermeidung von Pivotingbelastungen (Kipp-, Schwenk- oder Drehbewegungen) keinerlei Symptome der Instabilität oder des Wegknickens (Giving-way-Phänomene) wahrgenommen werden. Alternativ zur klassischen und bewährten Kreuzbandersatzplastik mit körpereigener Sehne hat sich ein Konzept entwickelt, das in der frischen traumatischen Phase auf den Erhalt des gerissenen Bandes ausgerichtet ist. Bei allen Kreuzbandrupturen, bei denen ein knochennaher femoraler oder tibialer Ausriss vorliegt, können diese – nach Durchflechtungsnaht der Bandstümpfe – direkt transossär refixiert und zur Einheilung gebracht werden (Abbildung 2). Bei dieser rein arthroskopischen Technik steht der Erhalt der körpereigenen Bandstruktur im Fokus. So wird ein beschleunigtes Einheilverhalten mit schnellerer Rückkehr des Patienten in den beruflichen und sportlichen Alltag ermöglicht. Probleme durch die Entnahme eines Ersatzgewebes für das Kreuzbandtransplantat werden somit vermieden.
Schäden angewandt. Ein Kinesiotape kann muskulär und tendinös bedingte Schmerzen reduzieren, indem es dermatomuskuläre Reflexbögen ausnutzt. In der operativen Therapie des geschädigten Kniegelenks haben sich die im Folgenden erläuterten Therapieformen etabliert.
Meniskussubstanz erhalten
Die Arthroskopie kann Meniskusschäden erkennen. Korbhenkel- sowie tiefgreifende Basisrupturen der Menisci sollten genäht werden, um die knorpelschützende Wirkung zu erhalten. Kleinere und irreparable Risse werden teilweise operativ entfernt. Bei Substanzverlust grösserer Meniskusanteile kann man deren Funktion durch Einsetzen eines Meniskusimplantats wiedergewinnen. Hier wirken die eingenähten Meniskusimplantate als dreidimensionales poröses Grundgerüst, in das körpereigene Stammzellen einwandern und dort ein Neomeniskusgewebe aufbauen können.
Knorpelanzüchtung durch ACI
Bei tiefgreifenden chondralen Defekten ist die autologe Chondrozytenimplantation (ACI) eine Option, um vor allem bei jungen Patienten einen nahezu physiologischen Knorpelersatz herzustellen. Das mittlerweile vollständig arthroskopisch durchführbare Verfahren besteht aus zwei Operationen: Bei der ersten Operation wird nach Bestandaufnahme des Defekts eine winzige Knorpelstanze zur In-vitro-Kultivierung neuer Chondrozyten gewonnen. Diese implantiert man bei einer zweiten Operation nach vier bis sechs Wochen in die entsprechende Stelle. Dieses Verfahren unterliegt strengsten Auflagen und ist ausschliesslich Knorpelreferenzzentren vorbehalten.
Fokussierte, minimalinvasive Knieprothetik
In der modernen Endoprothetik gilt keinesfalls mehr das Credo «eine Prothese für alle Pathologien und jeden Patienten». Für jeden Abschnitt des Kniegelenks gibt es spezifische Ersatzmöglichkeiten, und es sollte nur das ersetzt werden, was zerstört ist – weniger ist also mehr. Vor allem die sogenannten Schlittenprothesen (Abbildung 3) im Rahmen eines unikompartimentellen Gelenkersatzes zeichnen sich durch ein natürliches Gelenkgefühl und ausgezeichnete Funktionalität bei langlebiger Standzeit aus.
Fazit
Die Behandlungsmethoden bei Knieschmerzen sind in der
Orthopädie vielfältig. Insbesondere bei akuten Verletzungen
sollte eine frühzeitige MRT-Diagnostik erfolgen, um das
Zeitfenster möglicher Rekonstruktionen nutzen zu können.
Bei chronischen Erkrankungen sollten konservative Thera-
pien ausgereizt werden.
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Dr. med. Jan Hennings Sieker Landstrasse 19, D-22927 Grosshansdorf E-Mail: dr.jan.hennings@manhagen.de
Alle Abbildungen © Jan Hennings
Interessenkonflikte: Der Autor hielt von 2012 bis 2014 honorierte Vorträge für die Firma Biomet.
Literatur: 1. Zaffagnini S et al.: Meniskusimplantate. Arthroskopie 2015; 1: 38–42. 2. Brittberg M et al.: Treatment of deep cartilage defects in the knee with autologous
chondrocyte transplantation. N Engl J Med 1994; 889–895. 3. Lobenhoffer P: Stellenwert der knienahen Osteotomie bei medialer Gonarthrose. Der
Orthopäde 2014; 43: 425–431. 4. Lubowitz J: Randomized controlled trial comparing all-inside anterior cruciate liga-
ment reconstruction technique with anterior cruciate ligament reconstruction with a full tibial tunnel. Arthroscopy 2013; 7: 1195–1200. 5. Murray D et al.: The clinical outcome of minimally invasive Phase 3 Oxford unicompartmental knee arthroplasty: a 15-year follow-up of 1000 UKAs. Brit J Bone Joint Surg 2015; (97-B): 1493–1500.
Diese Arbeit erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 13/2017. Die leicht bearbeitete Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor.
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