Transkript
Immuntherapie gegen Krebs
Was kann sie bewirken und was (noch) nicht?
FORTBILDUNG
Aufgrund der Erfolgsgeschichte der letzten Jahre wird in Zukunft ein wachsendes Patientenkollektiv entstehen, das mit einem «immune checkpoint inhibitor» (ICI) behandelt wird und besonderer Beachtung in der hausärztlichen Betreuung bedarf. Die ICI werden in den nächsten Jahren nicht nur als Monotherapie verwendet werden, sondern auch Bestandteil komplexer Therapieschemen mit hoffentlich gesteigerter Wirkung sein. Dies wird aber auch ein aufwendigeres immunologisches Nebenwirkungsmanagement erfordern.
Magdalena Pircher und Ulf Petrausch
Das Immunsystem kann man sich als Waage vorstellen, die auf der einen Seite stimulierende und auf der anderen Seite blockierende Mechanismen hat, welche fein aufeinander abgestimmt sind und somit einen Schutz vor krankheitserregenden Strukturen (Viren, Bakterien und Fremdsubstanzen) und gleichzeitige Vermeidung von Autoimmunität ermöglichen. Seit den 2000er-Jahren sind immer mehr dieser Mechanismen auf beiden Seiten der Waage identifiziert worden. Furore machten aber in der Onkologie in den letzten zehn Jahren die sogenannten «immune regulatory checkpoints». Diese sind ein Teil des blockierenden Immunsystems; somit kann man sie auch als Bremsen des Immunsystems bezeichnen.
MERKSÄTZE
O Monoklonale Antikörper, die als «immune checkpoint inhibitors» (ICI) bezeichnet werden, können eine durch Tumoren bewirkte Inaktivierung des Immunsystems wieder aufheben.
O Eine Gruppe von Patienten mit einer metastasierten Tumorerkrankung, die auf ICI ansprechen, können über Monate und zum Teil Jahre überleben; diese Subgruppe ist bis jetzt nicht klar molekular definierbar, und es gibt keinen Biomarker.
O Das Nebenwirkungsprofil der ICI unterscheidet sich wesentlich von herkömmlichen Chemotherapien oder zielgerichteten Therapien.
Bremsen sind wichtig für Systeme, die potenzielle Gefahren bergen. Das Immunsystem kann gefährlich für den Organismus sein, denn es beinhaltet Zellen, die in der Lage sind, andere körpereigene Zellen direkt abzutöten. Die Bremsen helfen, diese immunlogische Waage im Gleichgewicht zu halten. Die «immune regulatory checkpoints» kontrollieren bestimmte T-Lymphozyten, die sogenannten CD8+-KillerT-Zellen. CD8+-T-Zellen erkennen mit ihren T-Zell-Rezeptoren verschiedene Zielstrukturen, unter anderem gesunde körpereigene Zellen, aber auch maligne veränderte Zellen. Nach Aktivierung des T-Zell-Rezeptors werden intrazelluläre Signalkaskaden ausgelöst, die dazu führen, dass die T-Zelle eine andere Zelle abtöten kann. Im Falle einer Autoimmunerkrankung werden gesunde körpereigene Zellen angegriffen. Um den Angriff gesunder Körperzellen zu verhindern, muss eine präzise Kontrolle der CD8+-T-Zellen implementiert sein. Zum einen werden T-Zellen im Thymus selektioniert, damit nur T-Zellen mit T-Zell-Rezeptoren überleben, die keine körpereigenen Strukturen erkennen. Zum anderen finden sich im gesunden Gewebe keine Botenstoffe oder immunstimulierenden Proteine (andere Seite der Waage), die zu einer Aktivierung von T-Zellen führen. Ausserdem sind immunregulatorische Checkpoints implementiert. Hierbei handelt es sich um negative Feedbackmechanismen, die die Aktivierung von CD8+-T-Zellen bremsen.
Maligne Zellen können immunologische
Killerzellen ausbremsen
Es konnte gezeigt werden, dass maligne Tumoren Proteine auf ihrer Oberfläche exprimieren, welche die immunregulatorischen Checkpoints aktivieren. So exprimieren zum Beispiel Lungenkarzinome das Molekül PD-L1, das den immunregulatorischen Checkpoint PD-1 auf der T-Zelle aktiviert. Dadurch wird die T-Zelle, welche die maligne Tumorzelle prinzipiell erkennen und abtöten könnte, gebremst (Abbildung 1). Es gibt nun monoklonale Antikörper, die als «immune checkpoint inhibitors» (ICI) bezeichnet werden und diese Bremswirkungen verhindern können. Dieses Wirkungskonzept ist bei verschiedenen malignen Erkrankungen erfolgreich und hat zu weltweiten Zulassungen (Abbildung 1) dieser neuen Antikörperklasse geführt. Basierend auf den oben genannten konzeptionellen Überlegungen und den klinischen zirka zehnjährigen Erfahrungen mit ICI ergeben sich nun zwei klinische Szenarien.
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FORTBILDUNG
Abbildung 1: Aktivierte, tumorspezifische T-Zellen können in den Tumor wandern. Die T-Zellen erkennen die Tumorzelle durch den T-Zell-Rezeptor. Dies signalisiert den CD8+-T-Zellen, die Tumorzelle abzutöten. Die Tumorzellen können die Lyse verhindern, indem sie PD1L oder PD-2L exprimieren. Wenn PD-1 die Liganden PD-1L oder PD2L erkennt, wird die CD8+-T-Zelle gehemmt. Dies kann durch blockierende Antikörper verhindert werden (in rot anti-PD-1 und anti-PD-L1), sodass die T-Zelle aktiviert wird (+++).
IFN␥ zur Expression von PD-L1 auf den Tumorzellen. Dadurch wird die Immunantwort gegen die malignen Zellen gebremst. Ausserdem passt das Konzept der blockierten Immunantwort zu der Beobachtung, dass Patienten mit Tumoren, die eine hohe Mutationsrate aufweisen, häufiger von einer PD-1/PD-L1-Blockade profitieren. Diese Tumoren exprimieren als Konsequenz Proteine, die vermutlich immunogener sind und somit eine T-Zell-Antwort ermöglichen. Ein besonderes Beispiel hierfür sind mikrosatelliteninstabile Tumoren. Diese Tumoren haben eine besonders hohe Mutationslast und die entsprechenden Patienten profitieren in besonderem Masse von einer PD-1/PD-L1-Blockade. Darum hat die U.S. Food and Drug Administration (FDA) Pembrolizumab bei metastasierten mikrosatelliteninstabilen Tumoren aller Entitäten ab der zweiten Therapielinie zugelassen. Dies ist bemerkenswert, weil es sich hierbei um die erste Zulassung einer Immuntherapie handelt, die auf genetischen Veränderungen beruht. Diese Zulassung ist aus unserer Sicht richtungsweisend für die weitere Entwicklung der Immuntherapie, denn genetische Informationen werden auch für die Prädiktion des Ansprechens auf Immuntherapien immer wichtiger werden.
PD-1/PD-L1-Monotherapie zielgerichtete Therapien Chemotherapie Ziel der Kombinationstherapien
Abbildung 2: Theoretische Kaplan-Meier-Kurven von Patienten mit metastasierten Tumorleiden, die den Vorteil einer immunologischen Kombinationstherapie veranschaulichen sollen. Nach den jetzigen Daten führen Checkpoint-Inhibitoren zur orangen Kurve. Die schwarz gestrichelte Kurve zeigt den potenziellen Vorteil bei multimodalen Therapiekonzepten, die eine Immuntherapie beinhalten. Die graue Kurve zeigt den historischen Verlauf unter Chemotherapie. Die zielgerichteten Therapien mit der blauen Kurve (z.B. Tyrosinkinaseinhibitoren) können den Progress nur verzögern (Pfeil), erreichen aber auch keine langfristige Krankheitskontrolle.
Blockade der Immunantwort aufheben Ein Szenario ist, dass das Immunsystem maligne Zellen prinzipiell erkennen kann und dann die Immunantwort im Verlauf des malignen Wachstums nach dem «Konzept der 3 E» (Elimination, Equilibrium und Evasion) blockiert wird. Bei diesen Tumoren kann die Immunantwort wiedererweckt werden, indem zum Beispiel PD-1/PD-L1-blockierende Antikörper eingesetzt werden. Dieses Konzept würde auch plausibel die Rolle von Interferon gamma (IFN␥) erklären. IFN␥ ist ein Botenstoff, der von Zellen des Immunsystems freigesetzt wird, um eine Immunantwort zu verstärken. Um die oben beschriebene Waage im Gleichgewicht zu halten, führt
Therapeutische Immunantwort
gegen den Tumor induzieren
Das andere Szenario, und dies betrifft die grössere Anzahl von Patienten, ist das Fehlen einer Immunantwort im Tumorgewebe. Zum einen kann das Tumorgewebe nicht durch die Immunzellen infiltriert werden. Immer wieder wird diese Situation mit der Kampfreihe einer römischen Legion illustriert, die ihre Lanzen als Abwehr nach vorne gegen die Angreifer gerichtet hält. Immunhistochemische Analysen zeigen T-Zellen, die um den Tumor verteilt sind, aber nicht eindringen können, als ob eine «Abwehrreihe des Tumors» dies verhindern würde. Zum anderen kann eine Immunantwort im Tumor gänzlich fehlen, und es können in der Histologie überhaupt keine Immunzellen gefunden werden. Für beide Situationen erscheint eine Monotherapie nicht ausreichend, um eine therapeutische Immunantwort zu induzieren.
Welche Patienten profitieren von ICI?
Aufgrund der beschriebenen Pathophysiologie scheint nur eine Subgruppe aller Patienten von einer ICI-Monotherapie mit einem verlängerten Gesamtüberleben zu profitieren (15–50%, je nach Indikation und Therapielinie). Diese Subgruppe ist bis jetzt nicht klar molekular definierbar, und es gibt keinen Biomarker. Im Falle eines Ansprechens ist die progressionsfreie Überlebensdauer im Vergleich zur Standardtherapie häufig kaum verlängert. Man kann aber beobachten, dass ein Teil der Patienten mit einer metastasierten Tumorerkrankung, der unter einer Therapie mit einem ICI ein Ansprechen oder einen Stillstand erreicht, über Monate und zum Teil Jahre überleben kann. Das ist neu in der Onkologie und wurde mit den «targeted therapies» (z.B. Tyrosinkinaseinhibitoren) oder Chemotherapien bisher nicht beobachtet (Abbildung 2). Da das Lungenkarzinom einer der häufigsten malignen Tumore ist, wollen wir die aktuelle Situation für die PD-1/PDL1-Blockade im Weiteren beispielhaft am Lungenkarzinom diskutieren. Beim metastasierten Lungenkarzinom stehen
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Tabelle 1:
Indikationen und Zulassungen in der Schweiz
Substanz Pembrolizumab
Nivolumab
Atezolizumab
Checkpoint PD-1
PD-1
PD-L1
Indikation
1st line: nicht resezierbares/metastasiertes Melanom 1st line: Erstlinienbehandlung des metastasierten NSCLC, PD-L1 mit einem «tumour
proportion score» (TPS) ≥ 50% und keine genomischen Tumoraberrationen vom EGFR- oder ALK-Typ 2nd line: metastasieres NSCLC, TPS ≥ 1%
1st line: fortgeschrittenes/metastasiertes Melanom (auch in Kombination mit Ipilimumab) 2nd line: fortgeschrittenes/metastasiertes NSCLC 2nd line: Nierenzellkarzinom, rezidivierendes oder refraktäres, klassisches
Hodgkin-Lymphom (cHL) nach autologer Stammzelltransplantation 2nd line: Kopf-Hals-Tumoren
2nd line: fortgeschrittenes/metastasiertes NSCLC
ALK: anaplastische Lymphomkinase, eine Rezeptortyrosinkinase; EGRF: Rezeptor für den Wachstumsfaktor «epidermal growth factor»; NSCL: nicht kleinzelliges Lungenkarzinom; PD-L1: Ligand des immunregulatorischen Checkpoint-Moleküls PD-1; Tumour proportion score (TPS): Expressionsrate der PD-L1-exprimierenden Tumorzellen
zugelassene Antikörper zur Verfügung (Tabelle 2), die die Aktivierung des Checkpoints PD-1 oder PD-L1 verhindern und somit die T-Zellen von der Bremswirkung des malignen Tumors befreien können (Abbildung 1). Als erstes bekam Nivolumab (anti-PD-1) die Zulassung in der zweiten Linie beim metastasierten Bronchialkarzinom, unabhängig von der Expression von PD-L1 (Checkmate 057 und Checkmate 017). Im Vergleich zu einer Chemotherapie mit Docetaxel war die Gesamtüberlebensrate nach zwei Jahren mit Nivolumab um zirka 15 Prozent höher. Die Studie konnte darüber hinaus nachweisen, dass auch ein kleiner Prozentsatz der Patienten mit geringer oder fehlender Expression von PD-L1 von der Therapie profitiert. Dies zeigt deutlich die Limitationen der Expression von PD-L1 als Biomarker beim Bronchialkarzinom auf. Die Entwicklung von Pembrolizumab (anti-PD-1) geht von der Annahme aus, dass die PD-L1-Expression im Tumorgewebe doch eine biologisch wichtige Rolle bei der Checkpoint-Inhibition spielt, auch wenn PD-L1 kein perfekter Biomarker ist. Somit wurden in den Zulassungsstudien nur Patienten eingeschlossen, bei denen eine PD-L1-Expression nachgewiesen war (> 1% der Tumorzellen). In der Keynote010-Studie konnte wiederum gezeigt werden, dass im Vergleich zu einer Chemotherapie mit Docetaxel ein signifikanter Überlebensvorteil erreicht werden kann. Die Studienergebnisse von Nivolumab und Pembrolizumab demonstrieren beide, dass mit steigender PD-L1-Expression das Gesamtüberleben verbessert wird, wenn eine ICI mit einem Anti-PD1-Antikörper eingesetzt wird. Atezolizumab, Durvalumab und Avelumab sind gegen PDL1 gerichtet und besitzen theoretisch ein etwas anderes immunologisches Profil. Anti-PD-L1-Antikörper blockieren nur die Interaktion zwischen PD-L1 und PD-1 und nicht wie ein Anti-PD-1-Antikörper die Interaktion zwischen PDL1/PD-L2 und PD-1. Dieser Unterschied könnte zu einem günstigeren Nebenwirkungsprofil führen. Zusätzlich stehen mehr stimulatorische Rezeptoren für T-Zellen zur Ver-
fügung, die durch die Interaktion von PD-1 und PD-L1 benutzt werden. Da aber bis jetzt keine vergleichenden Studien zwischen Anti-PD-1- und Anti-PD-L1-Antikörpern durchgeführt wurden, kann der postulierte klinische Vorteil im Sinne einer besseren Wirkung und weniger unerwünschter Nebenwirkungen bisher nicht belegt werden. Für Atezolizumab konnte man in einer Phase-III-Studie (OAK) einen signifikanten Überlebensvorteil im Vergleich zu Doxetaxel nachweisen (mediane Gesamtüberlebensrate: 11,2 vs. 15,6 Monate für die Nicht-Plattenepithelkarzome und 7,7 vs. 8,9 Monate für Plattenepithelkarzinome). Für Durvalumab als Monotherapie liegen Daten einer PhaseII-Studie (ATLANTIC) vor. Diese Studie besteht aus drei Kohorten von Patienten nach Versagen der Zweitlinientherapie, deren Gesamtüberlebensrate je nach PD-L1-Expressionsniveau analysiert wurde: Waren < 25 Prozent der Tumorzellen PD-L1-positiv, betrug die mediane Gesamtüberlebensdauer 9,3 Monate; bei > 25 Prozent der Tumorzellen waren es 10,9 Monate und bei > 90 Prozent der Tumorzellen wurden 12 Monaten erreicht. Avelumab erzielte in einer Phase-1B-Studie (JAVELIN Solid Tumor) in der Zweitlinientherapie eine Gesamtansprechrate von 11,6 Wochen für PD-L1-positive (> 25% der Tumorzellen) und 6 Wochen für PD-L1-negative (< 25% der Tumorzellen) Tumoren. Nebenwirkungen der ICI Das Nebenwirkungsprofil der ICI unterscheidet sich wesentlich von herkömmlichen Chemotherapien oder zielgerichteten Therapien (z.B. Tyrosinkinaseinhibitoren). Der Wirkmechanismus führt hier als Nebenwirkung zu einem Autoimmungeschehen. So kann eine Immunantwort gegen gesunde Gewebe entstehen. Das Immunsystem ist im ganzen Körper verteilt, aber an den Oberflächen spielt es eine ganz besonders wichtige Rolle. Daher verwundert es nicht, dass die häufigsten Autoimmunphänomene dort entstehen (Tabelle 2). Es kommt hier zu Hautausschlag, Diarrhö oder Pneumonitiden. ARS MEDICI 19 I 2017 855 FORTBILDUNG Tabelle 1: Toxizitäten Substanz Pembrolizumab Nivolumab Atezolizumab Durvalumab Avelumab beschriebene Toxizitäten immunvermittelte Pneumonitis, Hepatitis, Kolitis, Nephritis immunvermittelte Endokrinopathien: Hypophysitis, Diabetes mellitus Typ 1, Hypo-/Hyperthyreose Haut: Stevens-Johnson-Syndrom, Toxische epidermale Nekrolyse schwere infusionsbedingte Reaktionen immunvermittelte Pneumonitis, Hepatitis, Kolitis, Nephritis immunvermittelte Endokrinopathien: Hypophysitis, DM Typ 1, Hypo-/Hyperthyreose Hautausschlag schwere infusionsbedingte Reaktionen immunvermittelte Pneumonitis, Hepatitis, Kolitis, Nephritis, Pankreatitis Meningoenzephalitis immunvermittelte Endokrinopathien: Hypophysitis, Diabetes mellitus Typ 1, Hypo-/Hyperthyreose Hautausschlag schwere infusionsbedingte Reaktionen Neuropathie immunvermittelte Pneumonitis, Hepatitis, Kolitis, Nephritis immunvermittelte Endokrinopathien: Hypophysitis, Diabetes mellitus Typ 1, Hypo-/Hyperthyreose Hautausschlag schwere infusionsbedingte Reaktionen thrombozytopenische Purpura Pyrexie Leber-/Nierenfunktionsstörung immunvermittelte Pneumonitis, Hepatitis, Kolitis, Nephritis immunvermittelte Endokrinopathien: Hypophysitis, Diabetes mellitus Typ 1, Hypo-/Hyperthyreose Hautausschlag schwere infusionsbedingte Reaktionen Ausserdem können endokrine Organe wie die Schilddrüse, die Inselzellen im Pankreas oder die Hypophyse angegriffen werden. Nur bei 5 Prozent der Patienten jedoch treten diese Nebenwirkungen in Form einer schweren Komplikation auf. Die Erkennung und die Behandlung der Nebenwirkungen hat die Onkologie vor neue Herausforderungen gestellt. Patienten werden beim Hausarzt oder bei anderen Fachspezialisten mit Symptomen vorstellig, die bis jetzt nicht primär als Nebenwirkung einer Krebstherapie wahrgenommen werden. So kann die Abklärung einer chronischen Diarrhö (entzündliche Darmerkrankung) oder eines trockenen Hustens (Pneumonitis) mehrere Tage dauern, ohne dass an den Checkpointinhibitor gedacht wird. In den letzten Jahren hat man aber gelernt, dass gerade diese Zeitverzögerung einen sehr negativen Einfluss auf die Behandlung der Nebenwirkung hat. Es ist wichtig, rasch mit einer Immunsuppression durch Steroide zu beginnen und diese bei schweren Fällen noch mit TNF-␣-Blockern auszubauen. Auch muss die Immunsuppression lange genug gegeben und dann langsam ausgeschlichen werden. Um dieses optimale Management zu gewährleisten, ist die Kommunikation des Patienten mit den involvierten Ärzten, aber auch im Behandlungsteam von grosser Wichtigkeit, damit die Differenzialdiagnose eines ICI-induzierten Autoimmunphänomens rasch in Betracht gezogen werden kann. O Dr. med. univ. Magdalena Pircher OnkoZentrum Zürich AG Seestrasse 259, 8038 Zürich PD Dr. med. Ulf Petrausch Swiss Tumor Immunology Institute Seestrasse 259, 8038 Zürich E-Mail: ulf.petrausch@ozh.ch Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine Interessenkonflikte deklariert. 856 ARS MEDICI 19 I 2017