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STUDIE REFERIERT
Fäkale immunchemische Tests (FIT) bei Personen mit erhöhtem Darmkrebsrisiko
In einem systematischen Review mit Metaanalyse waren fäkale immunchemische Tests (FIT) bei asymptomatischen Personen mit erhöhtem Darmkrebsrisiko zur Früherkennung von Kolorektalkarzinomen mit einer hohen Sensitivität und Spezifität verbunden. Bei der Detektion fortgeschrittener Neoplasien wiesen die Tests allerdings nur eine mässige diagnostische Genauigkeit auf.
JAMA Intern Med
Das Kolorektalkarzinom ist weltweit die dritthäufigste Krebsart bei Männern und die zweithäufigste bei Frauen. Mithilfe von Screenings kann die darmkrebsbedingte Sterblichkeit reduziert werden. Für Personen mit durchschnittlichem Risiko empfehlen Richtlinienexperten zur Darmkrebsfrüherkennung eine Koloskopie, fäkale Hämokkulttests oder eine computertomografische Kolonografie (CT-Kolonografie). Für Personen mit erhöhtem Darmkrebsrisiko wird ausschliesslich die Koloskopie empfohlen. Dieses Verfahren ist jedoch mit relativ hohen Kosten, einer geringen Akzeptanz und einem Risiko für seltene, aber schwere Nebenwirkungen verbunden. Als neuere diagnostische Alternative stehen jetzt auch fäkale immunchemische Tests (FIT) zur Verfügung, die sich möglicherweise ebenfalls für ein Scree-
MERKSÄTZE
O Für Personen mit erhöhtem Darmkrebsrisiko wird in Richtlinien nur die Koloskopie zur Früherkennung von Kolorektalkarzinomen und fortgeschrittenen Neoplasien empfohlen.
O Bei der Früherkennung von Kolorektalkarzinomen sind FIT bei Personen mit erhöhtem Darmkrebsrisiko mit einer hohen Sensitivität und Spezifität verbunden.
O Bei der Detektion fortgeschrittener Neoplasien weisen FIT bei Personen mit erhöhtem Darmkrebsrisiko nur eine mässige diagnostische Genauigkeit auf.
ning eignen. Bei Personen mit durchschnittlichem Darmkrebsrisiko wurde der Nutzen dieser Tests bereits evaluiert. In einem systematischen Review mit Metaanalyse untersuchten Anastasia Katsoula von der Aristoteles-Universität Thessaloniki (Griechenland) und ihre Arbeitsgruppe nun die Zuverlässigkeit von FIT zur Früherkennung von Kolorektalkarzinomen und fortgeschrittenen Neoplasien bei asymptomatischen Personen mit Darmkrebs in der familiären oder in der persönlichen Vorgeschichte. Als Vergleichsstandard definierten die Forscher die Koloskopie.
Hohe Treffsicherheit bei Kolorek-
talkarzinomen – nur mässige bei
fortgeschrittenen Neoplasien
Die Forscher schlossen 11 Querschnittsstudien und 1 randomisierte klinische Studie mit insgesamt 6204 Patienten in ihre Untersuchung ein. 7 Studien wiesen ein hohes oder unklares Verzerrungsrisiko auf. In 8 Studien wurden quantitative FIT (OC-Sensor) und in 4 Studien qualitative FIT (Hemosure®, OC-Light®, HemeSelectTM) angewendet. Beim Nachweis von Kolorektalkarzinomen betrug die durchschnittliche Sensitivität der FIT 93 Prozent (95%Konfidenzintervall [KI]: 53–99%), und die Spezifität lag bei 91 Prozent (95%KI: 89–92%). Daraus ergab sich ein positives Wahrscheinlichkeitsverhältnis (LR+) von 10,30 (95%-KI: 7,7–13,9) und ein negatives Wahrscheinlichkeitsverhältnis (LR−) von 0,08 (95%-KI: 0,01–0,75). Bei der Detektion fortgeschrittener Neoplasien lag die durchschnittliche Sensitivität bei 48 Prozent (95%-KI: 39–57%), und die durchschnittliche
Spezifität betrug 93 Prozent (95%-KI: 91–94%). Daraus errechneten die Forscher ein LR+ von 6,55 (95%-KI: 5,0– 8,5) und ein LR− von 0,57 (95%-KI: 0,48–0,67). In Untergruppenanalysen waren Cutoff-Werte (für ein positives Ergebnis) zwischen 15 und 25 µg Hämoglobin/g Fäzes bei der Detektion von Kolorektalkarzinomen mit der besten Kombination aus Sensitivität (93%) und Spezifität (94%) sowie mit dem höchsten LR+ (15,1) und dem niedrigsten LR− (0,07) verbunden.
Weitere Studien erforderlich
Aus den Ergebnissen geht hervor, dass
FIT bei Personen mit erhöhtem Darm-
krebsrisiko im Hinblick auf die Detek-
tion von Kolorektalkarzinomen mit
einer hohen diagnostischen Genauig-
keit verbunden sind. Von den fortge-
schrittenen Neoplasien konnte mit FIT
jedoch nur etwa die Hälfte nachgewie-
sen werden.
Die Autoren weisen darauf hin, dass
bei der Interpretation der Ergebnisse
berücksichtigt werden muss, dass auf-
grund der geringen Anzahl der Studien,
von denen die meisten zudem mit einem
hohen oder unklaren Verzerrungsrisiko
verbunden waren, nur eine begrenzte
Evidenzbasis mit eingeschränkter Aus-
sagekraft vorliegt. Sie plädieren daher
für die Durchführung weiterer Studien
mit grösseren Teilnehmerzahlen zur Er-
mittlung der optimalen Cut-off-Werte
sowie der optimalen Anzahl und Häu-
figkeit der Tests. Des Weiteren sollten
die Auswirkungen der FIT auf die Le-
bensqualität, die Morbidität und die
Mortalität evaluiert werden. Bis fun-
diertere Daten vorliegen, könnten FIT –
nach Aufklärung über die diagnosti-
sche Aussagekraft – eine Alternative für
Patienten sein, die sich keiner Kolosko-
pie unterziehen möchten.
O
Petra Stölting
Quelle: Katsoula A et al.: Diagnostic accuracy of fecal immunochemical test in patients at increased risk for colorectal cancer. JAMA Intern Med 2017; 177(8): 1110– 1118.
Interessenlage: Die Autoren der referierten Studie erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
ARS MEDICI 19 I 2017
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