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BERICHT
ASCO 2017 – Was war wichtig?
Experten des DKFZ diskutieren die spannendsten Ergebnisse
Auf der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) 2017 wurden vielversprechende Ergebnisse zur Wirksamkeit von Checkpoint-Inhibitoren und anderen Immuntherapien präsentiert. Allerdings sprechen nicht alle Patienten auf die derzeit verfügbaren Substanzen an. Die Identifizierung aussagekräftiger Biomarker zur Unterscheidung von Respondern und NonRespondern wird daher als bedeutsames Forschungsziel auf dem Weg zu einer personalisierten Krebstherapie formuliert.
Petra Stölting
Bei der Behandlung von Krebserkrankungen gewinnen Immuntherapeutika als Einzelsubstanzen und als Bestandteil von Kombinationstherapien weiterhin an Bedeutung. Im Rahmen einer Expertenrunde stellten Wolfgang Wick vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg, Christoffer Gebhardt vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Dirk Jäger vom NCT die wichtigsten Ergebnisse des ASCO-Kongresses 2017 dazu vor.
Chemotherapie plus Checkpoint-Inhibitoren «Derzeit beobachten wir bei vielen Tumorentitäten unter Kombinationen
MERKSÄTZE
O Mit Kombinationen aus Chemotherapien und Checkpoint-Inhibitoren wurden bei verschiedenen Tumorentitäten hohe Response-Raten erzielt.
O Eine doppelte Checkpoint-Inhibition mit Nivolumab und Ipilimumab erwies sich bei metastasierten Melanomen als hochwirksam.
O Bei Hirntumoren wird die Impfung als personalisierte Behandlungsmöglichkeit untersucht.
von Chemotherapien und CheckpointInhibitoren in frühen Linien erstaunliche Response-Raten», berichtet Dirk Jäger. So wurden beim metastasierten Magenkarzinom mit einer First-lineKombination aus konventionellen Chemotherapien mit PD-(programmed cell death protein-)1-Antikörpern Response-Raten um die 60 Prozent erzielt. Das Gesamtüberleben dieser Patienten ist noch nicht erreicht, sodass diese Ergebnisse noch abgewartet werden müssen. Auch bei schwierigen Tumorentitäten wie dem dreifach negativen Mammakarzinom zeigten sich gute Ansprechraten. Hier wurden im Rahmen einer initialen neoadjuvanten Behandlung mit der Kombination Chemotherapie plus Checkpoint-Inhibitor Komplettremissionsraten von etwa 60 Prozent erreicht. Dirk Jäger weist darauf hin, dass diese vielversprechenden Ergebnisse bis anhin nur in frühen, unkontrollierten und meist einarmigen Studien beobachtet wurden. Nächstes Jahr könnten aber bereits Daten aus randomisierten Studien dazu vorliegen.
Biomarker und Immunansprechen
Nicht alle Krebspatienten profitieren von den verfügbaren Immuntherapeutika. Die Möglichkeiten zur Vorhersage des individuellen Immunansprechens sind derzeit jedoch noch begrenzt. «Es
gibt bereits neue Daten zu Biomarkern wie PD-L1 (programmed death ligand 1). Dieser ist jedoch nicht aussagekräftig genug, um eindeutig vorherzusagen, welcher Patient ansprechen wird und welcher nicht», erklärt Dirk Jäger. Die Mutationslast ist zur Prognose des Ansprechens ebenfalls in der Diskussion und spielt bei einigen Tumorentitäten eine Rolle. Bis anhin konnte jedoch noch kein klares Set von Biomarkern identifiziert werden, das allgemein von Nutzen zu sein scheint.
Melanom
Christoffer Gebhard informiert über die Fortschritte bei der Hautkrebstherapie. «Bei Melanomen wurden mit CTLA-(cytotoxic T-lymphocyte-associated protein-)4- und PD-1-Antikörpern bereits grosse Erfolge erzielt», erläutert er. Inzwischen weiss man, dass diese Medikamente mit hohen Langzeitüberlebensraten verbunden sind, wie sich auch in neueren Studien zu Pembrolizumab (Keytruda®) zeigte. Zudem profitieren Patienten mit kompletter Response oft auch noch nach Abschluss der Behandlungsphase (meist 2 Jahre) von der Immuntherapie. Etwa 30 bis 50 Prozent der Melanompatienten sprechen auf diese Medikamente allerdings nicht an.
Melanom mit Hirnmetastasen
«Beim Melanom entwickeln sich bei bis zu 50 Prozent der Patienten im Stadium 4 Metastasen. Ohne Behandlung beträgt ihr Gesamtüberleben dann nur noch zwei bis drei Monate», erklärte Christoffer Gebhardt. Als Standardbehandlung gilt die Bestrahlung, wobei mittlerweile statt der Ganzhirnbestrahlung immer häufiger eine zielgerichtete stereotaktische Bestrahlung vorgenommen wird. «Mit den Immuntherapeutika stehen nun für diese Patienten ganz neue
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Möglichkeiten zur Verfügung», führte Gebhardt weiter aus. In Studien konnten bei behandlungsnaiven Melanompatienten mit Gehirnmetastasen mit einer Kombination des PD-1-Inhibitors Nivolumab (Opdivo®) und des CTLA4-Antikörpers Ipilimumab (Yervoy®) beeindruckende Ansprechraten von über 50 Prozent erzielt werden. Zur Wirksamkeit von Immuntherapien bei Melanompatienten mit symptomatischen und vorbehandelten Metastasen liegen bis anhin nur wenige Daten vor.
Hirntumoren
Wolfgang Wick berichtet, dass derzeit neben anderen Immuntherapien auch die Tumorimpfung als vielversprechende Möglichkeit einer personalisierten Behandlung von Hirntumoren untersucht wird. Insgesamt sei die Forschung in diesem Bereich jedoch noch nicht so weit wie bei anderen, homogeneren Tumorentitäten. «Aufgrund der erheblichen Heterogenität von Glioblastomen und anderen Hirntumoren kennen wir die speziellen T-Zell-Rezeptoren
noch nicht, die für eine effektive Therapie benötigt werden», erklärte er. O
Petra Stölting
Quelle: Podcast: ASCO-Update – Chemo plus CheckpointInhibitoren und personalisierte Immuntherapien begeistern mit spektakulären Ergebnissen. Medscape, 8. Juni 2017; http://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4906075?nlid=115635_3121&src=WNL_mdplsfeat_170609_MSCPEDIT_DE&uac=91526FV&faf=1
Interessenkonflikte: Zu allen drei Gesprächspartnern liegen keine Angaben im Hinblick auf Interessenkonflikte vor.
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