Transkript
POLITFORUM
Xundheit in Bärn
INTERPELLATION vom 16.3.2017
Anzahl der PID-Zentren beschränken?
Christine Häsler Nationalrätin GLP Kanton Bern
Seit 2015 ist Präimplantationsdiagnostik (PID) in der Schweiz erlaubt, und ein Jahr später haben die Schweizer Stimmberechtigten dem geänderten Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) zugestimmt. Aktuell wird die entsprechende Verordnung (FMedV) vorbereitet. Sie regelt, welche Anforderungen reproduktionsmedizinische Laboratorien erfüllen müssen, damit sie eine Bewilligung für die Durchführung der PID erhalten. In der Botschaft zur PID hatte der Bun-
desrat 5 bis 10 Zentren in Aussicht gestellt. Die entsprechenden Aufsichtskosten wurden mit 360 000 Franken budgetiert. Ursprünglich hatte sich der Bundesrat dafür eingesetzt, dass PID für Paare mit dem Risiko schwerer Erbkrankheiten zugänglich sein sollte. Bis heute ist nicht geregelt, wer in Zukunft die Kosten für die Fortpflanzungsmedizin inklusive PID übernehmen soll. Im Vorfeld der Abstimmungen von 2015 und 2016 hatten sich die Anbieter bereits dafür eingesetzt, dass ihre Leistungen baldmöglichst von den Krankenkassen als Pflichtleistungen übernommen werden. Aktuell existieren in der Schweiz mit einer Bevölkerung von 8 Millionen 26 Fortpflanzungsmedizin-
kliniken. In Frankreich mit einer Bevölkerung von fast 67 Millionen sind es 102 Kliniken; in vier davon darf PID durchgeführt werden. In Tschechien, wo der Fortpflanzungsmedizinmarkt boomt und mit einer Bevölkerung von 10,5 Millionen, bieten rund 40 Kliniken die fraglichen Medizintechniken an. In Deutschland sind es bei einer Bevölkerung von gut 80 Millionen 131 Kliniken; in vier Zentren ist PID zugelassen.
Angesichts dieser Ausgangslage wird der Bundesrat gebeten, folgende Fragen zu beantworten: 1. Wie beurteilt er die Entwicklung
der Anzahl und der Angebote von Fortpflanzungsmedizinkliniken und von PID-Zentren?
Geht er von einer steigenden Anzahl und einer Ausweitung der Angebote aus? 2. Ist eine Zunahme der Anzahl Kliniken und Zentren aus seiner Sicht wünschenswert? 3. Geht er davon aus, dass sich die Fortpflanzungsmedizin inklusive PID zu einem neuen Wirtschaftszweig entwickeln, und ist dies aus seiner Sicht wünschenswert? 4. Sollen die Fortpflanzungsmedizin und die PID nach Auffassung des Bundesrates in Zukunft zu den Pflichtleistungen der Krankenkassen gehören? 5. Erachtet er es als angezeigt, insbesondere die Anzahl der PID-Zentren zu beschränken? Wenn ja, welche Möglichkeiten sieht er, um dieses Vorhaben umzusetzen?
Stellungnahme des Bundesrates vom 17.5.2017
1. Mit der für September 2017 geplanten Inkraftsetzung des geänderten Fortpflanzungsmedizingesetzes können die reproduktionsmedizinischen Zentren in der Schweiz neu auch genetische Untersuchungen an Embryonen in vitro anbieten. Erblich belastete oder infertile Paare können sich fortan in der Schweiz behandeln lassen und müssen sich nicht mehr im Ausland einer Behandlung unterziehen. Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass die Zahl der reproduktionsmedizinischen sowie der genetischen Laboratorien (PID-Zentren) leicht steigen wird. Infolge der Zulassung der Präimplantationsdiagnostik einschliesslich des Aneuploidie-Screenings kommt es zudem zwangsläufig zu einer Ausweitung des Angebots an
fortpflanzungsmedizinischen Verfahren und genetischen Untersuchungen. 2. Solange die Qualität der Untersuchungen sichergestellt ist und die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden, besteht für den Bundesrat kein Grund, sich dazu zu äussern, ob eine Zunahme der Anzahl Kliniken und Zentren wünschenswert ist oder nicht. 3. Mit der Inkraftsetzung des geänderten FMedG wird die Zahl der in der Schweiz durchgeführten Fortpflanzungsverfahren und genetischen Untersuchungen steigen. Derzeit lässt sich nur schwer abschätzen, wie viele Mehreinnahmen dadurch generiert werden. Der Bundesrat erachtet es als positiv, wenn in der Schweiz neuartige Dienstleistungen erbracht und dadurch Arbeitsplätze generiert werden.
4. Gemäss geltendem Recht werden die Kosten für In-vitroFertilisationen und Embryotransfers von der Krankenpflegeversicherung (OKP) nicht übernommen. Für die Neubeurteilung einer allfälligen Leistungspflicht in Bezug auf Behandlungen der Fortpflanzungsmedizin und der Präimplantationsdiagnostik wäre eine Evaluation hinsichtlich Geltungsbereich der OKP und Erfüllung der Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) nach dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung notwendig. Das Verfahren sieht vor, dass Anträge der interessierten Kreise zur Kostenübernahme zulasten der OKP gestellt werden. Die zuständigen beratenden eidgenössischen Kommissionen prüfen in der Folge die Leistungen auf die
Erfüllung der WZW-Kriterien und geben eine Empfehlung ab. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen noch keine entsprechenden Anträge vor. 5. Der Bundesrat sieht derzeit keinen Anlass, die Anzahl der PID-Zentren zu beschränken. Sollte sich gestützt auf die Ergebnisse der Evaluation des FMedG eine Beschränkung der Zentren aufdrängen, wird sich der Bundesrat wieder mit dieser Frage auseinandersetzen. Für eine Beschränkung der Anzahl Zentren durch den Bund müsste unter anderem eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die es erlauben würde, derart in die Wirtschaftsfreiheit und in die kantonale Hoheit im Bereich der Organisation des Gesundheitswesens einzugreifen.
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ARS MEDICI 13 I 2017
POLITFORUM
INTERPELLATION vom 15.3.2017
Valérie Piller Carrard Nationalrätin SP Kanton Freiburg
Den Jodgehalt im einheimischen Käse erhöhen
Die Interpellation von Valérie Piller Carrard haben wir in ARS MEDICI 11/17 vorgestellt.
Stellungnahme des Bundesrates vom 17.5.2017
Der Bundesrat teilt die Auffassung, dass eine ausreichende Jodversorgung der Schweizer Bevölkerung wichtig ist, kann doch ein Jodmangel Gesundheitsstörungen (insbesondere Kropf) bis gar schwerste Behinderungen (Kretinismus) verursachen. Die jodarmen Böden in den Alpenregionen und der eher geringe Konsum von Meerfischen bergen die Gefahr eines Jodmangels. Die Schweiz hat daher schon früh wirksame Wege gesucht, um eine ausreichende Jodzufuhr sicherzustellen. Infolgedessen ist jodiertes Salz in der Schweiz bereits seit den 1920erJahren erhältlich. 1. Der Bund verfolgt die Entwicklung des Jodstatus der Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz aufmerksam. Alle
fünf Jahre wird mittels einer Monitoring-Studie überprüft, ob die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eingehalten werden. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die Jodversorgung der Risikogruppen schwangere und stillende Frauen sowie Kinder gelegt. Anlässlich des Monitorings im Jahr 2009 wurde festgestellt, dass der Jodstatus dieser Gruppen nicht mehr optimal war. In Absprache mit den Schweizer Rheinsalinen AG wurde daher der Jodgehalt von Kochsalz per Anfang 2014 von 20 auf 25 Milligramm pro Kilogramm Salz erhöht. Die Wirkung dieser Massnahme wurde im letzten Monitoring 2015 überprüft. Dabei hat sich ergeben, dass bei Kindern die negative Entwicklung gestoppt werden
konnte und der Jodstatus nun im empfohlenen Bereich liegt. Bei schwangeren Frauen liegt er dagegen weiterhin unter den Empfehlungen der WHO. Zusätzliche Massnahmen, wie zum Beispiel eine nochmalige Erhöhung der Jodkonzentration im Kochsalz, werden aktuell geprüft. 2. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sensibilisiert die Lebensmittelindustrie schon heute regelmässig für die Bedeutung der Verwendung von jodiertem Kochsalz. Das BLV wird auch den Kontakt zur Käsebranche weiterhin suchen, um eine bessere Akzeptanz und vermehrte Verwendung von jodiertem Salz zu bewirken. Das Jodmonitoring 2015 hat jedoch ergeben, dass der Jodstatus von schwangeren und stillenden Frauen wohl nicht alleine durch die vermehrte Ver-
wendung von jodiertem Kochsalz in der Lebensmittelindustrie verbessert werden kann. Daher sind von den zuständigen Bundesstellen zusätzliche Massnahmen zu prüfen. Dazu zählt zum Beispiel eine Erhöhung der Jodzusätze in Futtermitteln, durch welche der Jodgehalt in allen tierischen Lebensmitteln wie zum Beispiel Milch und Fleisch indirekt erhöht würde. Eine weitere mögliche Massnahme bestünde darin, die Bevölkerung gezielt über die Wichtigkeit der Verwendung jodhaltiger Zusätze während der Schwangerschaft zu informieren. Zur Gewährleistung einer genügenden Jodversorgung der Bevölkerung wird das Eidgenössische Departement des Innern zudem die Jodprophylaxe in seiner Ernährungsstrategie festhalten und das Jodmonitoring fortführen.
INTERPELLATION vom 17.3.2017
Ist es unvermeidbar, dass die Gesundheitskosten viel schneller als das BIP wachsen?
Claude Béglé Nationalrat CVP Kanton Waadt
Der OECD zufolge haben sich die Preise für die Medikamente, dank derer Krebspatientinnen und Krebspatienten ein weiteres Jahr leben konnten, in den USA wie folgt entwickelt: 1995: 54 100 Dollar 2005: 139 100 Dollar 2013: 207 000 Dollar
Die Kosten haben sich in zwanzig Jahren also vervierfacht. Zugegeben: Die Fortschritte in der Medizin sind spektakulär und die Lebenserwartung steigt immer weiter. Niemand beschwert sich darüber. Diese Zahlen lassen sich vermutlich dadurch erklären, dass gängige Krankheiten besser geheilt werden können und es deshalb wahrscheinlicher ist, im hohen Alter an komplexeren Störungen des Organismus zu erkranken und somit kostspieligere Behandlungen auf sich nehmen zu müssen. Je mehr unbekanntes
Terrain wir jedoch erkunden, umso stärker steigen die Forschungskosten, wodurch wiederum die Medikamentenpreise steigen. Zudem stellt sich auch die Frage der Lebenserhaltung um jeden Preis, die aufgrund der technischen Fortschritte immer weiter gehen kann. Dazu kommt noch, dass Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner immer mehr ihrer Patientinnen und Patienten in Facharztpraxen überweisen, in denen dann wiederum das Nonplusultra der möglichen Behandlungen verschrieben wird.
All das ist verständlich. Aber wie kann in der Staatskasse (oder bei den Krankenkassen) das Gleichgewicht hergestellt werden, wenn die Kosten pro Person dermassen ansteigen? Obwohl ein Teil des Problems nicht in seiner Hand liegt, was kann der Bundesrat (oder die Kantone) unternehmen, um diese Entwicklung zu bremsen? Welche Überlegungen werden derzeit angestellt? Denkt der Bundesrat, dass es möglich ist, diese Anhäufung von Kosten auf irgendeine Weise zu bremsen?
ARS MEDICI 13 I 2017
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