Transkript
Jahresbericht 2016/2017
Ordentliche Generalversammlung der FMP vom Donnerstag, 18. Mai 2017
Die gesundheitspolitischen Probleme haben in den letzten Monaten sicher nicht abgenommen. Das Jahr 2016 war geprägt von der Urabstimmung über das FMHTarifprojekt «Tarvision». Das klare Nein von mehr als 15 000 Ärzten, was rund 40 Prozent der FMHMitglieder entspricht, hat weitreichende Konsequenzen. Das Einreichen eines unter den Tarifpartnern akzeptierten und angepassten Tarifs bis zur bundesrätlichen Frist von Ende Juni war schlicht unmöglich. Genauso wenig realistisch war es, die Nachfrist bis Ende Oktober 2016 einzuhalten, um gemeinsam einen revidierten ambulanten Arzttarif einzureichen. Entsprechend erfolgte nach Ablauf der Frist die bundesrätliche Drohung eines zweiten Tarifeingriffs nach 2014. Am 22. März 2017 wurde die Vernehmlassung dazu eröffnet. Der Eingriff soll am 1. Januar 2018 bereits umgesetzt werden. Dieser zweite Eingriff vom Bundesrat wurde von der FMH an der Ärztekammersitzung vom 4. Mai 2017 näher vorgestellt. Zusammengefasst handelt es sich mehrheitlich um relevante bis massive Kürzungen der ärztlichen Leistung, welche alle medizinischen Fächer betreffen. Innerhalb Wochenfrist wurde von der FMH auch dieser Tarifeingriff kategorisch abgelehnt, insbesondere mit der Begründung, dass dieser eben nicht, wie vom Bundesrat immer gepredigt, sachgerecht und wirtschaftlich sei. Spätestens mit diesem zweiten bundesrätlichen Tarifeingriff sollte allen Ärzten klar geworden sein, dass wir uns in recht schnellen Schritten Richtung Staatsmedizin bewegen. Ein grosses Ziel der FMP ist es, dies zu verhindern. Welche Mittel haben wird denn, um uns
Der besseren Lesbarkeit wegen verzichten wir auf die weibliche Form, gemeint sind immer beide Geschlechter.
zu wehren? Ständerat Joachim Eder hat es mit wenigen Worten an der Ärztekammersitzung erwähnt: In der extrem
komplex gewordenen Diskussion um alle TarmedRevisionen haben wir Ärzte es 2017 in der Hand, eine genehmigungsfähige Tarmed-Tarifstruktur beim Bundesrat einzureichen. Dafür braucht es primär eine starke Einigkeit der Ärzte, Einigkeit in der Argumentation gegenüber den Tarifpartnern, aber auch gegenüber der Bevölkerung. Ansonsten ist klar, was passieren wird: Der dritte bereits ausgesprochene Tarifeingriff wird folgen. Wir von der FMP werden uns so gut wie möglich einsetzen, damit möglichst alle Ärzte, Spezialisten und Nichtspezialisten endlich am gleichen Strick ziehen und die Tarifautonomie bewahrt werden kann. Dazu gehört sicher die Sensibilisierung der Ärztekollegen, seien dies pensionierte Mediziner, Aktive oder Angehende. Als genauso wichtig erachte ich die parallele Information oder Sensibilisierung in der nächsten Umgebung jedes Einzelnen, sprich in der Bevölkerung. Die gerechte Entlöhnung der ärztlichen ambulanten Leistung ist nicht mehr Realität! Ebenfalls für grosses Aufsehen sorgte die drohende Vorlage einer neuen Spitalsteuer im Kanton Zürich. Im Rahmen des kantonalen Sparprogramms hat der Regierungsrat entsprechende Änderungen im Spitalplanungs- und Finanzierungsgesetz vorgeschlagen und die Vorlage dem Kantonsrat überwiesen. Wachsam haben die Gegner dieser Steuer die Gefahr früh erkannt und sich zusammengetan. Sowohl die privaten Spitäler im Kanton als auch ärztliche Organisationen wie die Schweizer Belegarztvereinigung und auch die FMP haben ihre Kontakte genutzt, um die klare Ablehnung einer solchen Steuer zu formulieren. Am 10. April 2017 stimmte schliesslich der Kantonsrat in
Zürich mit deutlicher Mehrheit gegen
diese Steuer. In der gleichen Sitzung
wurden jedoch bereits neue Forderun-
gen publik, wie das Projekt «ambulant
vor stationär» und eine Forderung der
Ratslinken nach Quoten von allgemein
versicherten Patienten in Spitälern.
Aber nicht nur diese Herausforderun-
gen werden uns in den nächsten Mona-
ten beschäftigen. Aktuelle Themen sind
das Globalbudget im ambulanten Sek-
tor, welches von gewissen Politikern
eingeführt werden will. Ebenfalls ak-
tuell ist die Zulassungsteuerung von
Ärztinnen und Ärzten, für die der Bun-
desrat uns im Sommer 2017 einen Ge-
setzesentwurf vorlegen will. Die bereits
eingereichten Vorschläge der FMH
wurden ja abgelehnt. Weitere Eingriffe
des Staates sind die obligatorisch ge-
wordene Erhebung der Strukturdaten,
Arztpraxen und der ambulanten Zen-
tren MAS.
Nicht zu unterschätzen ist der drohende
Ärztemangel in der Schweiz. Insbeson-
dere ist die FMP aufgrund der aktuellen
Ereignisse in der Gesundheitspolitik
besorgt, ob es den selbstständigen Arzt
in 20 Jahren noch geben wird. So ist es
eines unserer Ziele, sowohl die ange-
henden als auch die jungen aktiven
Ärzte zu motivieren, uns im Kampf für
die Selbstständigkeit des Arztes auch in
Zukunft zu unterstützen. Einen ersten
Artikel dazu haben wir bereits in der
April-Ausgabe von ARS MEDICI pu-
blizieren können. Wir werden in den
nächsten Monaten bemüht sein, die
Anliegen und Ziele der FMP so weit
wie möglich unter der Ärzteschaft zu
streuen. Wir werden wachsam bleiben
und uns einsetzen, damit auch die
nächste Generation den freien selbst-
ständigen Arztberuf noch ausführen
kann.
O
Dr. med. Gerardo Juan Maquieira Präsident FMP Schweiz
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ARS MEDICI 13 I 2017