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FORUM
Serie: Good Distribution Praxis
Kantonsapotheker zur GDP
Die überarbeiteten Leitlinien für die Gute Vertriebspraxis (GDP) sind zwar schon seit 2016 in Kraft, aber deren Umsetzung fordert viel Zeit. In den bisherigen GDP-Berichten ging es um die Auswirkungen der GDP auf den Pre-Wholesale, den Grosshandel, die Pharmaindustrie und um die Position von Swissmedic. Heute kommen Kantonsapotheker zu Wort.
HANS WIRZ
Pharmahersteller und Pharmagrossisten unterliegen den GDP-Leitlinien, Abgabestellen wie Apotheken, Drogerien und SD-Ärzte den kantonalen Gesetzgebungen. Mit welchen Folgen? Wir haben zum Einstieg ins Thema mit Dr. Stephan Luterbacher, Kantonsapotheker in Luzern, gesprochen.
Aufgabenteilung im Kontrollbereich Apotheken, Drogerien und Ärzte unterstehen den Leitlinien der GDP nur indirekt. Aber: «Die Anforderungen an die fachgerechte Handhabung und Lagerung der Heilmittel sind in der Bundesgesetzgebung festgehalten. Entsprechend gelten hier gesamtschweizerisch die gleichen Vorgaben», so Dr. Stephan Luterbacher, Präsident der Kantonsapothe-
«Die Kantonsapothekervereinigung ist bestrebt, den Vollzug gesamtschweizerisch zu harmonisieren.» Dr. Stephan Luterbacher
kervereinigung und Luzerner Kantonsapotheker. «Wie und wo für uns Kantonsapotheker eine behördliche Aufsichtspflicht besteht, ist grundsätzlich in der Heilmittel- und Betäubungsmittelgesetzgebung geregelt und detaillierter in den Regeln der Guten Abgabepraxis im Anhang 3 zusammengestellt.» Da jeder Kanton selbstständig kontrolliert, können sich Unterschiede ergeben. «Die Kantonsapothekervereinigung ist bestrebt, den Vollzug gesamtschweizerisch zu harmonisieren», so Dr. Luterbacher weiter. «Die gemeinsam erarbeiteten Positionspapiere auf www.kantonsapotheker.ch sind dafür ein Beispiel. In den vergangenen Jahren wurden in diesem Bereich grosse Fortschritte erzielt. Die unterschiedlichen Formen der Arzneimittelversorgung – beispielsweise Selbstdispensation Ja oder Nein – und die grossen Unter-
schiede bei den für die Kontrollen zur Verfügung stehenden Ressourcen führen aber systembedingt zu Unterschieden. Man macht also im Rahmen der Möglichkeiten das Beste – hat aber betreffend dem sachgemässen Umgang mit Arzneimitteln keine Aufgaben oder Befugnisse bezüglich der Hersteller und Grossisten: «Zuständig ist da Swissmedic.»
Positionspapier setzt den Standard Praktisch keine Überschneidungen oder Widersprüche zwischen den revidierten GDP-Leitlinien und den kantonalen Gesetzgebungen im Bereich der Lagerung von Arzneimitteln sieht Dr. Samuel Steiner, Berner Kantonsapotheker. «Im Zentrum aller Regelungen und Kontrollen steht die fachgerechte Lagerung zugunsten der Arzneimittelsicherheit.» Natürlich gebe es in der Umsetzung Unterschiede zwischen den Kantonen, aber mit dem bereits erwähnten, gemeinsam erarbeiteten und schweizweit akzeptierten Positionspapier werde ein möglichst gleicher Standard in der ganzen Schweiz angestrebt. «In gewissen Bereichen mag es schon kleine Unterschiede geben», so Dr. Steiner, «aber alle versuchen, die in den Positionspapieren festgehaltenen Soll-Ziele zu erreichen. Die zur Abgabe und Anwendung berechtigten Stellen und Gesundheitsfachpersonen dürfen auch lagern und müssen das natürlich – wie bis anhin – fachgerecht tun. Entsprechend den von den Herstellern vorgegebenen Bedingungen.» Das werde im Rahmen der ordentlichen Inspektionen der bewilligten Betriebe auch kontrolliert.
Eventuelle Problemzonen Schwieriger sei die Situation beispielsweise bei Ärzten ohne SD-Bewilligung, die keine Betriebsbewilligungen haben und daher nicht regelmässig inspiziert werden. «Da entspricht
der Standard der Kühlschränke und die Lagerung der Arzneimittel nicht immer den Vorschriften, in einigen Praxen wurden Kühlschranktemperaturen von über 10 Grad anstatt der geforderten 5 Grad angetroffen», so Dr. Steiner. Das könne auch bei anderen Betrieben vorkommen, die keine Betriebsbewilligungen haben und deshalb nicht regelmässig kontrolliert werden, wie beispielsweise bei gewissen Rettungsdiensten oder Heimen. Die grösste Herausforderung sei – lagertechnisch gesehen – wohl die fachgerechte Lagerung bei Extremtemperaturen. Speziell hoch seien auch die Herausforderungen im Bereich des Apotheken-Versandhandels, «aber da gibt es ja spezielle Leitlinien der Kantonsapothekervereinigung». In jedem Fall müsse die Einhaltung der vorgeschriebenen Regeln lückenlos belegt werden können. Die Frage, ob die neuen GDP-Leitlinien generell aus der Sicht der Kantonsapotheker umgesetzt werden, bejaht Dr. Steiner. «Im Kanton Bern, wo wir für regelmässige Kontrollen der kantonal bewilligten Betriebe verantwortlich sind, können wir keine Probleme oder negative Folgen der revidierten GDP-Leitlinien verzeichnen. Sehr vieles hat sich ja für diese Betriebe nicht geändert.»
Ende gut, alles gut?
Unsere Meinung zum Thema: Im Prinzip ist
die (zweigleisige) Kontrolle bezüglich der
Zielerreichung übersichtlich: Swissmedic
kontrolliert die Pharmaindustrie und den
Grosshandel, die Kantonsapotheker über-
nehmen die Überwachung ab autorisierten
Abnehmern. Die kantonalen Kontrollen kön-
nen zwar nicht in jedem Kanton ganz genau
gleich gehandhabt werden, aber es gibt das
offensichtliche Bemühen, in Interpretations-
fragen nicht zu weit auseinanderzudriften. Zu
erwähnen bleibt, dass der Grosshandel im Rah-
men der GDP-Leitlinien seine Kunden qualifi-
zieren muss. Im Rahmen dieser Qualifizie-
rung wird nicht nur die Bezugsberechtigung
überprüft, sondern auch, ob die Abgabestelle
über einen GDP-konformen Abladeort ver-
fügt – beispielsweise für Nachtanlieferungen.
Lesen Sie im nächsten Teil der Serie das Wich-
tigste zu Arzneimittelfälschungen. Denn das
Problem ist aktueller denn je.
O
Wir danken dem Verlag Sanatrend (OTXWORLD) für die freundliche Überlassung des Textes.
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ARS MEDICI 11 I 2017