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STUDIE REFERIERT
Morbus Crohn – Therapeutika im Vergleich
Kortikosteroide nicht wirksamer als hoch dosiertes Budesonid
In einer Netzwerkmetaanalyse erwiesen sich Kortikosteroide und Budesonid bei leicht bis mässig aktivem Morbus Crohn zur Remissionsinduktion als am wirksamsten. Hoch dosiertes Mesalazin war jedoch ebenfalls effektiv und kann eine Alternative für Patienten sein, die Steroide vermeiden möchten.
Inflammatory Bowel Diseases
Die chronisch entzündliche Darmkrankheit Morbus Crohn (MC) verläuft sehr unterschiedlich. Patienten mit rasch progressiver Erkrankung benötigen Immunmodulatoren oder gegen Tumornekrosefaktoren gerichtete Therapien, andere kommen mit wenigen oder gar keinen Medikamenten aus. Bei leicht bis mässig aktivem MC werden zur Remissionsinduktion meist Kortikosteroide verschrieben. Patienten, bei denen das Ileum oder das rechtsseitige Kolon betroffen ist, erhalten auch oft Budesonid (Budenofalk®, Entocort®). Dieses Steroid ist mit einem «First-pass»-Metabolismus und demzufolge mit einer geringeren systemischen Bioverfügbarkeit und einer geringeren Toxizität verbunden als Kortikosteroide wie Prednison (z.B. Prednison Galepharm®, Prednison Axapharm®, Prednison Streuli®). In der Vergangenheit wurden Mesalazin (z.B. Asacol®, Pentasa®, Salofalk®)
MERKSÄTZE
O Kortikosteroide und Budesonid werden zur Remissionsinduktion bei leicht bis mässig aktivem Morbus Crohn (MC) als Medikamente der ersten Wahl empfohlen.
O Budesonid ist mit weniger kortikosteroidspezifischen Nebenwirkungen verbunden als Prednison.
O Mesalazin ist zur Remissionsinduktion bei leicht bis mässig aktivem MC in Dosierungen > 2,4 g/Tag wirksam.
O Sulfasalazin ist bei leicht bis mässig aktivem MC zur Remissionsinduktion nicht wirksamer als Plazebo.
und Sulfasalazin (Salazopyrin®) den Steroiden häufig vorgezogen. Mittlerweile werden diese Medikamente zurückhaltender angewendet, weil in älteren Metaanalysen eine unzureichende Wirksamkeit beobachtet wurde. Die (mangelnde) Effektivität von Mesalazin könnte jedoch mit der Definition von Studienendpunkten und mit den untersuchten Dosierungen in Zusammenhang stehen. Eine aktuelle Netzwerkmetaanalyse (NMA) verglich nun die Wirksamkeit von Mesalazin, Sulfasalazin, Kortikosteroiden und Budesonid bezüglich der Remissionsinduktion bei erwachsenen Patienten (≥ 18 Jahren) mit leicht bis mässig aktivem MC.
Ergebnisse
Die NMA umfasste 22 randomisierte, kontrollierte Studien (2968 Patienten) mit einer Dauer von 8 bis 17 Wochen, in denen die Medikamente untereinander oder mit Plazebo verglichen worden waren. Bei der Datenauswertung wurden niedrige und hohe Dosierungen von Mesalazin (> 2,4 g/Tag) und Budesonid (> 6 mg/Tag) berücksichtigt. Als primärer Endpunkt wurde ein Crohn’s Disease Activity Index (CDIA) < 150 definiert. Bezüglich der Remissionsinduktion erwiesen sich Kortikosteroide als signifikant überlegen im Vergleich zu Plazebo (Odds Ratio [OR]: 3,80; 95%-Kredibilitätsintervall [CrI]: 2,48–5,66). Auch hoch dosiertes Budesonid (OR: 3,18; 2,11–4,30) und hoch dosiertes Mesalazin (OR: 2,11; 1,39–3,31) waren zur Remissionsinduktion signifikant wirksamer als Plazebo. Die Effektivität von Sulfasalazin unterschied sich dagegen nicht signifikant von Plazebo (OR: 1,56; 0,83–2,88).
Hoch dosiertes Budesonid und Kortikosteroide waren bezüglich der Remissionsinduktion signifikant wirksamer als niedrig dosiertes Mesalazin, als Sulfasalazin und als niedrig dosiertes Budesonid. Kortikosteroide waren zudem wirksamer als hoch dosiertes Mesalazin (OR: 1,83; 1,16–2,88). Herkömmliche Kortikosteroide wie Prednison wiesen eine ähnliche Effektivität auf wie hoch dosiertes Budesonid (OR: 1,21; 0,84–1,76), waren jedoch im Vergleich zu Budesonid und zu hoch dosiertem Mesalazin mit einer um 93 beziehungsweise 90 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit für einen Studienabbruch aufgrund von Nebenwirkungen verbunden.
Schlussfolgerungen
Anders als in älteren Metaanalysen war Mesalazin in der hier vorgestellten NMA in hohen Dosierungen (> 2,4 g/ Tag) zur Remissionsinduktion wirksamer als Plazebo. Somit kann hoch dosiertes Mesalazin für Patienten, die Steroide vermeiden möchten, eine Alternative sein. Die unterschiedlichen Ergebnisse der älteren Metaanalysen und der NMA könnten nach Ansicht der Autoren zum einen mit unterschiedlichen Definitionen der Remission zusammenhängen. So wurde die Remission in einer älteren NMA anhand des CDAI, des HarveyBradshaw-Indexes und/oder anhand von Kriterien der jeweiligen Studienautoren definiert, während in der hier vorgestellten NMA ausschliesslich Studien ausgewertet wurden, in denen der Remissionszustand anhand des CDAI evaluiert wurde. In ähnlicher Weise könnten uneinheitliche Definitionen einer leichten bis mässigen Aktivität des MC zum Zeitpunkt der Patientenrekrutierung zu den unterschiedlichen Ergebnissen beigetragen haben. O
Petra Stölting
Quelle: Coward S et al.: Comparative effectiveness of mesalamine, sulfasalazine, corticosteroids, and budesonide for the induction of remission in Crohn’s disease: a Bayesian network meta-analysis. Inflamm Bowel Dis 2017; 23(3): 461–472.
Interessenlage: 6 der 11 Autoren der referierten Studie haben Gelder von verschiedenen Pharmaunternehmen erhalten. 2 Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen. Zu den Interessenkonflikten der verbleibenden 3 Autoren sind keine Informationen vorhanden.
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ARS MEDICI 10 I 2017