Transkript
Rosenbergstrasse
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Na also, es geht auch ohne Mini Mental Status. Sie (90), verträumt vor dem Fotoalbum: «Weisst du noch, wie schön unsere Hochzeitreise damals war?» – Er (94): «Nein.»
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Die Nationale Ethikkommission (NEK) findet, Eltern dürften das Geschlecht des ungeborenen Kinds ruhig vor der 12. Woche erfahren. Warum auch nicht? Schliesslich kommt ja keiner von uns je auf die verrückte Idee, dieses Wissen für eine Abtreibung zu «nutzen», weil das Kind halt grad das falsche Geschlecht hat (meistens ein weibliches). Oder doch? Der Gynäkologe Daniel Surbek jedenfalls und andere finden das ziemlich blauäugig. Sie schätzen, dass bei mindestens 100 der schweizweit 10’000 Abtreibungen jährlich die (selbstverständlich verbotene) Geschlechterselektion eine Rolle spielt. Wegen der Fristenregel sollte deshalb eine Bekanntgabe des Geschlechts auf Basis von Blutanalysen vor der 12. Schwangerschaftswoche verboten sein. (Findet übrigens auch das BAG.) NEK-Vizepräsident Markus Zimmermann, theologischer Ethiker, sieht das anders. Er findet solche Abtreibungen zwar auch «nicht gut», aber es seien Einzelfälle (kennen wir den Begriff nicht von woanders her?), die kein Verbot rechtfertigen. Nun ja, dann gibt’s halt in gewissen Kulturkreisen in der Schweiz ein paar Mädchen weniger. Für die Ethikkommission spricht aber noch mehr gegen ein Verbot der Bekanntgabe des Geschlechts. Zimmermann findet es problematisch, wenn man ein Kind nicht abtreiben darf, weil es ein Mädchen ist, aber eine Abtreibung aus andern Gründen zulässt. Na, wenn das kein überzeugendes Argument ist.
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Ein ökologisch sehr versierter Kollege: man solle beim Duschen gleichzeitig pinkeln. Das spare Wasser! Täg-
lich einmal weniger die Toilettenspülung betätigen, und das bei 10 Mio. Schweizern oder 80 Mio. Deutschen oder 350 Mio. Europäern (der Rest hat keine Klospülung), das spart ca. 500 Mio. Kubikmeter Wasser pro Jahr. Erstaunliche Erkenntnis: Ökologisches Verhalten kann sogar bequem sein.
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Thomas Cueni hat schon Recht, wenn er Johann Nestroy zitiert: «Die Kranken geben bei Weitem nicht so viel Geld aus, um gesund zu werden, als die Gesunden, um krank zu werden.» In der Schweiz wird für 4 Mia. Franken Tabak konsumiert, fast sechsmal mehr als für sämtliche Krebsmedikamente zusammen ausgegeben wird.
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Mit dummen Menschen diskutieren ist wie Schachspielen mit Hühnern. Egal, wie klug du die Partie eröffnest, die Hühner werden alle Figuren umwerfen, aufs Spielbrett kacken und herumstolzieren, als hätten sie gewonnen.
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Gelesen zum Problem des Zusammenlebens unterschiedlicher «Kulturen»: Man kann Füchsen im Hühnerstall Schutz vor Kälte anbieten. Man kann die Hühner vorher sogar fragen, ob sie einverstanden sind und ihr Gackern als JA deuten. Man kann auch versuchen, den Hühnern – mit Klickern z.B. – die Kultur des Fuchsseins nahe zu bringen. Nur, was man nicht sollte, ist sich darüber wundern, dass die Zahl der Hühner im Laufe der Zeit abnimmt.
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Praktische Psychologie: Feng Shui ist der Versuch, die Schuld für alles, was im Leben schief läuft, auf falsch stehende Möbel zu schieben.
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Keine Kolumne ohne Ernährung: Ja, es gibt sie noch, die Tomaten, die nicht nur aussehen wie, sondern auch schmecken wie … Tomaten eben. Sie sind zwar selten geworden – und sie sind teuer. Denn bei Gemüse wie bei Früchten im Verkauf herrscht Arbeitsteilung zwischen Optik und Gustatorik. Wollen sie schöne und günstige Tomaten? Kriegen Sie, kein Problem. Oder wollen Sie geschmackvolle Tomaten, also Tomaten «con gusto»? Auch kein Problem, nur, «der Gusto» kostet halt extra. Etwa Fr. 1.20 pro Tomate. Es ist der Gusto, den man der Tomate zuvor der Haltbarkeit wegen hat wegzüchten müssen. Fr. 1.20 – eine Investition in Süsse und Saftigkeit, die sich lohnt. Für Paradeiser (Paradiesäpfel), die ihren Namen jetzt wieder verdienen. (Übrigens, wussten Sie, dass Tomaten eigentlich Beeren sind?)
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Einer der originellsten Aprilscherze dieses Jahres (naja, ist Geschmacksache) war das Angebot des Online-Warenhauses Galaxus, das Luftgitarren zum Einführungspreis von Fr. 14.90 statt regulär Fr. 259.- anbot und das innovative und exklusive Produkt in einem dreiminütigen Clip ausführlich vorstellte. Es ist zu hoffen (aber keineswegs sicher), dass der Post «Haha, das ist doch ein Aprilscherz, oder?» auch ein solcher war.
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Und das meint Walti: Gartenarbeit entspannt. Wobei, es kommt schon immer auch darauf an, wen man gerade vergräbt.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 9 I 2017
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