Transkript
FORTBILDUNG
Serie: Der Arzt als Unternehmer
Mitarbeiterführung: Das Personal führen, fördern und fordern
Neben der Beziehung zum Patienten stellt auch die Beziehung zwischen dem Arzt und seinen Mitarbeitenden eine wichtige Grundlage für den Erfolg einer Praxis dar. Damit kommt der Mitarbeiterführung für niedergelassene Ärzte eine sehr hohe Bedeutung zu, um diese auf die Praxisziele auszurichten. Führen, fördern, fordern – dies muss und darf als Arbeit verstanden werden.
Frank Halter
Indirekte Führung
Mit der indirekten Führung bringen sie vor allem die kulturelle Prägung in eine Organisation. Achten Sie dabei immer auf die Konsistenz zwischen den genutzten Instrumenten und der Authentizität in deren Nutzung. Auch Sie müssen an die Instrumente glauben und als Vorbild mit diesen arbeiten. Bei der indirekten Führung nutzen Sie beispielsweise Dinge wie die Formulierung von Leitsätzen für die Praxis, ein Praxishandbuch, ein Anschlagbrett mit Informationen, Informationsschreiben sowie auch die Verteilung von Aufgaben in der Praxis.
In Ergänzung zur medizinischen Tätigkeit gilt es, als niedergelassener Arzt auch Führungsaufgaben und damit auch die Verantwortung als Führungskraft und nicht nur als Fachkraft zu übernehmen. Die Führungsverantwortung kann nicht delegiert werden, die Verantwortung für einzelne Aufgaben jedoch sehr wohl.
Direkte Führung
Bei der direkten Führung nehmen Sie als Führungsperson direkt Einfluss auf Mitarbeitende oder das Team. Instrumente sind dabei bewusst gesuchte Einzelgespräche in der Form von Jahresgespräch, Entwicklungsgespräch, Korrekturgespräch, Bewerbungsgespräch oder Entlassungsgespräch. In diesem 1:1-Kontakt können Sie bewusst, explizit und konkret Ihre Bedürfnisse ansprechen und auf die Bedürfnisse des Gegenübers eingehen. Damit solche Gespräche auch ihre Wirkung haben, sollten einige Empfehlungen berücksichtigt werden: O Steigen Sie positiv in das Gespräch ein und beenden sie es
auch positiv. O Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor und bereiten Sie es
auch nach. O Sprechen Sie die Dinge explizit (nicht implizit an). O Sprechen Sie in der Ich-Form und bleiben Sie konkret. O Unterscheiden sie explizit zwischen Information (I), Ent-
scheidung (E) und Auftrag (A) – dies kann auch so protokolliert und visiert werden.
Die gleichen Grundsätze gelten auch in Teambesprechungen, wo sie den Kontakt im 1:n nutzen. Das Wochenmeeting, das Monatsmeeting, der Qualitätszirkel oder andere Formate können dazu dienen, gemeinsam über Prozesse, Neuigkeiten, Investitionen und anderes zu sprechen.
Effiziente Führung
In Anlehnung an Peter Drucker (2004) empfehlen wir acht einfache Führungsprinzipien, die wir uns immer wieder vergegenwärtigen sollten. Insbesondere wenn Sie das Ziel verfolgen, Ihre Arztpraxis als Unternehmen zu verstehen, sollten Sie sich immer folgende Fragen stellen: a) Was ist gut und richtig für unser Unternehmen (und nicht
nur zwingend für mich als Ärztin oder Arzt selbst)? Der Entscheid für die Einführung eines elektronischen Patientendossiers könnte beispielsweise ein Grundsatzentscheid für das Unternehmen «Gruppenpraxis» sein, auch wenn der Umgang damit für Sie persönlich die ersten Monate sehr gewöhnungsbedürftig sein wird, da die Routine eine andere ist. b) Stellen Sie sich immer die Frage, was getan werden muss. c) Schmieden Sie Aktionspläne. Es gibt nichts Lähmenderes für ein Team und ein Unternehmen wie der Konjunktiv und das «man»: Man könnte, man sollte, man müsste etc. – Formulierungen, die es aus dem Wortschatz im Unternehmen zu kippen gilt, wenn Sie dieses effizient führen wollen. Es wird gewünscht, Entscheidungen zu fällen – dies ist eine entscheidende Aufgabe von Führungspersonen. Ein Aktionsplan bedingt die Fragen (für die To-do-Liste; Wer macht was, seit und bis wann?) sowie den Status (wo stehen wir?). d) Als Unternehmer übernehmen Sie für Entscheidungen die
Verantwortung. Es dürfen auch Fehlentscheidungen getroffen werden. Falls dem so ist, adressieren Sie dies, stehen Sie dazu und übernehmen Sie die Verantwortung. e) Stellen Sie die Kommunikation sicher. Kommunikation ist eine der wichtigsten unternehmerischen Kernkompetenzen einer Führungsperson. Sie legen fest und stellen sicher, dass – aber vor allem auch was mit wem, wann
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FORTBILDUNG
Check-Box: effiziente Führung nach Peter Drucker
a) Sie fragen sich, was gut und richtig für das Unternehmen ist. b) Sie stellen sich die Frage, was getan werden muss. c) Sie schmieden Aktionspläne. d) Sie übernehmen Verantwortung für Entscheidungen. e) Sie stellen sicher, dass die Kommunikation stimmt. f) Sie konzentrieren sich mehr auf Chancen als auf Risiken. g) Sie führen effektive Meetings durch. h) Sie denken und sprechen in der Wir-Form, nicht in der Ich-Form.
Auch Ihr Team leistet seinen Teil, dass die Praxis als Unternehmen funktioniert. Je besser das Team funktioniert, desto mehr können Sie sich wieder auf den Patienten fokussieren. Mit dem WIR-Modus drücken Sie vor allem auch viel Verbindendes auf der Ebene der Kultur aus.
Transaktionale Führung – oder Zuckerbrot und Peitsche?
Das Konzept der transaktionalen Führung geht davon aus, das das Arbeitsverhältnis zwischen Inhaber und Mitarbeitenden wie ein Markt funktioniert. Das heisst, Leistung hat ihren Preis. Solche einfachen Input-Output-Modelle suggerieren beispielsweise, dass Vorgaben und Zielvereinbarungssysteme, Leistungslöhne oder Top-down-Entscheidungsketten die richtigen Führungsinstrumente sind. Die alleinige transaktionale Führung kann kurzfristig funktionieren – langfristig gibt es aber verschiedene Schwächen in diesem Modell.
Transformationale Führung
hoch
2 13
mittel
niedrig
54
Effektivität
niedrig
mittel
hoch
Transaktionale Führung
1 «Fordern und fördern» 2 «Emphatisch-emotional»
3 «High contrast»
4 «Regeln und Vorschriften»
5 «Laissez-faire»
und in welcher Form – kommuniziert wird. Neben den Inhalten sollte Ihre Aufmerksamkeit vor allem auch auf dem wie liegen. Als Fachperson besteht das latente Risiko, dass man nicht immer stufen- und bedürfnisgerecht mit Mitarbeitenden spricht. f) Fokussieren Sie sich auf die Chancen – nicht auf die Risi-
ken. Es liegt in der Natur eines Unternehmers, sich auf die Chancen zu fokussieren (natürlich immer im Bewusstsein der damit einhergehenden Risiken). g) Stellen Sie sicher, dass ihre Meetings effektiv sind. Zu oft wird zu lang über Lappalien diskutiert – am Ende des Tages verdienen Sie Ihr Geld mit der Behandlung Ihrer Patienten. h) Denken und sprechen Sie als Unternehmer in der Wir- und
nicht in der der Ich-Form.
Transformationale Führung –
Führung mit Sinnstiftung?
Bei der transformationalen Führung steht die gemeinsame
Vision im Zentrum. Das Team weiss, wohin die Reise gehen
soll, und steht hinter dem Ziel. Das langfristige Commitment
und die Identifikation mit der Arztpraxis stellen sicher, dass
nachhaltig eine gute Leistung vom Praxisteam erbracht wird.
Entsprechend liegt der Fokus von Ihnen als Führungskraft
mehr auf der Strategie und der Kultur des Unternehmens. Es
ist somit auch Ihre Aufgabe, sicherzustellen, dass die Mitar-
beitenden die Ziele verstehen und die Kultur auch gemeinsam
gelebt wird.
Für Ihre Arbeit als Führungsperson geht es beim Entscheid
für den richtigen Führunsstil nicht um die Frage nach dem
Entweder-oder. Das Fordern und Fördern verfolgt das Ziel,
dass beide Dimensionen sowohl transaktional als auch trans-
formational gezielt genutzt und angestrebt werden. For-
schungsergebnisse zeigen deutlich, dass es von beiden Füh-
rungsformen etwas braucht – die richtige Mischung macht es
einfach aus. Ein Prise mehr transformationale Führung wirkt
in der heutigen Zeit jedoch Wunder.
Führung heisst Umgang mit Individuen und damit mit dem
Erkennen und dem anschliessenden Fördern der individuel-
len Ressourcen im Dienste einer gemeinsamen Geschichte, im
Dienste des gemeinsamen Unternehmens, im Dienste Ihrer
Arztpraxis.
O
Dr. rer. pol. Frank Halter Geschäftsleitungsmitglied und Leiter Bereich Weiterbildung des Schweizerischen Instituts für Klein- und Mittelunternehmen (KMUHSG), St. Gallen E-Mail: frank.halter@unisg.ch Tel. 071 224 71 28
Frank Halter ist Dozent des «Unternehmerseminars für Ärztinnen und Ärzte» der Universität St. Gallen und der Fluentis GmbH. Weitere Informationen zu Lehrinhalten sowie Durchführungsdaten des Seminars finden Sie unter: www.kmu.unisg.ch/aerzte
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