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Titel
Serie: Good Distribution Praxis – Unterwegs mit Arzneimitteln
Untertitel
Unterwegs mit Arzneimitteln
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FORUM
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Artikel-ID
31657
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FORUM Serie: Good Distribution Praxis
Unterwegs mit Arzneimitteln

Was bedeuten die überarbeiteten Leitlinien für die Gute Vertriebspraxis (GDP) in Aktiv und passiv

temperaturgeführter Warentransport
der Praxis? Im letzten Beitrag der Serie gaben vier Experten ihre Meinung bekannt, Im «aktiv» temperaturgeführten Transport

im ersten Beitrag äusserte sich Swissmedic grundsätzlich zum Thema, und heute wird die Ware durch permanente Klimati-
sierung im Lieferfahrzeug im vorgeschrie-

dreht sich alles um die Herausforderungen im Bereich Distribution und Transport. benen Temperaturbereich gehalten. Der

Dies aus Sicht der Pharmaindustrie.

Vorteil ist, dass der Transport nicht zeitkritisch ist und meist ein einfacher, kontinu-

ierlicher Temperaturnachweis möglich ist.

HANS WIRZ

Nachteilig sind die hohen Investitionskosten hinsichtlich konformer Klimatechnik.

Beim «passiv» temperaturgeführten Trans-

Die hohen Anforderungen an die tempera- deren Daten nachher ausgelesen und beur- port werden die Produkte in Isolationsbe-

turgeführten Transporte sind das Kern- teilt werden können, oder man arbeitet mit hälter verpackt, sodass die Aussentempera-

stück der überarbeiteten GDP-Leitlinien: qualifizierten und validierten Transporten tur keinen Einfluss auf die Temperatur der

Sie schreiben unter anderem vor, dass bei und Prozessen, die sicherstellen, dass keine Produkte im Innern hat. Entscheidend ist,

Arzneimitteln die erforderlichen Lagerbe- Abweichungen möglich sind. Dies bei ob das Transportgut im für den jeweiligen

dingungen auch während des Transportes hohen Temperaturunterschieden und an- Isolationsbehälter validierten Zeitfenster –

eingehalten werden müssen – alles im Sinne gesichts komplexer Lieferwege in der nach möglicherweise sehr langen Trans-

der Patienten- und Arzneimittelsicherheit. Schweiz.» Die einzuhaltenden Temperatu- portwegen – beim Kunden angekommen ist.

Wir haben darüber mit Dr. Sven Inäbnit ge- ren (bis zum Endverbraucher) müssen sich Vorteil bei dieser Transportart ist die Un-

sprochen, Director Regulatory Affairs bei zwischen 15 und 25 Grad Celsius bewegen. abhängigkeit von spezifischen Transport-

Roche Pharma (Schweiz) AG. Seine Aus-

sagen haben wir in den nachfolgenden

Bericht eingearbeitet.

Standard gemäss den überarbeiteten Leitlinien

«Bei Roche erfolgen grössere Direktlieferungen an Spitäler in der Regel mit Aktivtransport.» Dr. Sven Inäbnit

Die Überarbeitung der Leitlinien der Guten

Vertriebspraxis (GDP) fordert neben den

Pharmagrossisten auch die Pharmaindus-

trie heraus. Neu ist das sogenannte «Ship

to Label» (sinngemäss: Versand gemäss

Etikettangabe). Es bedeutet, dass bei allen

Lieferungen für das jeweilige Produkt je-

derzeit der aufgedruckte Lagertemperatur-

bereich eingehalten werden muss. Das

muss dokumentiert werden können. «Die

spezielle Herausforderung besteht in einer

höheren Komplexität in der Zusammenar-

beit der beteiligten Lieferanten, Logistik-

partner und Kunden. Die Koordination

aller Beteiligten wird anspruchsvoll wer-

den. Geht es doch um den Nachweis der

Einhaltung der erforderlichen Temperatu-

ren über die ganze Lieferkette», so Sven

Inäbnit. «Entweder werden die Transporte Ob Sommerhitze oder Schneegestöber – sichere «mobile Lagerung» garantiert Qualität

mit Aufzeichnungsgeräten versehen sein, zugunsten der Bevölkerung.

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Tabelle:
Lösungswege im Vergleich
Investitionen in die Lieferfahrzeuge Investitionen in Rüstbehälter Handling im logistischen Betrieb Füllvolumen des eingesetzten Rüstbehälters Gewicht des eingesetzten Rüstbehälters Handling in der Arztpraxis Gewährleistung der Arzneimittel- und Patientensicherheit Zweitzustellung bei Nichtempfang GDP-konformer Retourenprozess

Aktiv
Lieferfahrzeug
Einhaltung der Temperaturvorgaben erfolgt durch aktives Einwirken (Heizen/Kühlen) auf den Laderaum des Lieferfahrzeugs. hoch gering einfach gross gering einfach, da Rüstbehälter stapelbar ist hoch, da die erforderten Lagerbedingungen während des Transports konstant eingehalten werden gewährleistet gewährleistet

Passiv
Isolationsbehälter
Einhaltung der Temperaturvorgaben erfolgt durch isolierten und mit thermischer Masse bestückten Rüstbehälter. gering hoch aufwendig eingeschränkt hoch unpraktisch mittel, da die Wärmespeicher nach einer gewissen Zeit erschöpft sind nicht garantiert nicht garantiert

mitteln. Nachteilig: Kompliziertes Handling, für grosse Mengen kaum praktikabel (siehe Tabelle).
Hohe Investitionen Beide Transportmöglichkeiten lösen hohe Investitionen und laufende Kosten aus. Aktiv temperaturgeführte Transporte erfordern eine Umrüstung der ganzen Fahrzeugflotte, damit die hohen Leistungsanforderungen erfüllt werden können. Dies bedingt Umrüstungskosten von schätzungsweise rund 25 000 Franken pro Fahrzeug. Die Datenverfolgung und ihre Auswertung muss zusätzlich technisch gelöst werden. «Die Behälter für passiv temperaturgeführte Transporte müssen entwickelt, produziert und vor allem auch aufwendig in Feldtests qualifiziert werden», so Sven Inäbnit. «Durch das ganze komplexere

Handling wird generell der Transportprozess teurer. Zudem fallen Kosten für Kontrollressourcen und für die Archivierung der Temperaturdaten an.» Logistikpartner und Pharmavollgrossisten müssen qualifizierte klimatisierte Zwischenlager oder «Hubs» betreiben, damit auch bei der Zwischenlagerung oder beim Umlad die Temperaturen eingehalten werden können.
Erwartungen an die Pharmagrossisten Der Grossist muss unsere Produkte genau nach Lagervermerk lagern und diese auch so zum Kunden transportieren. «Hersteller und Grossisten sind in der gemeinsamen Verantwortung, dass die Medikamente in einwandfreier Manier und den Vorgaben entsprechend zum Kunden gelangen. Gibt es Abweichungen bei der temperaturge-

Weit gespannter Aufgabenbereich
Dr. pharm. Sven Inäbnit ist Director Regulatory Affairs bei Roche Pharma (Schweiz) AG und Mitglied der Geschäftsleitung.
Sein Aufgabenbereich umfasst die Verantwortung für die gesamte Arzneimittelzulassung Schweiz, die Leitung der GxP Compliance, die Rolle als «fachtechnisch verantwortliche Person» gegenüber Swissmedic und die Sicherstellung von Healthcare- und Medical Compliance (Zusammenarbeit mit Healthcare-Providern und -Institutionen). Im Weiteren repräsentiert er Roche in verschiedenen Gremien der Industrieverbände. Zudem ist Dr. Sven Inäbnit Mitglied des Kantonsparlaments Baselland (Landrat) und dort Vizepräsident der Volkswirtschaftsund Gesundheitskommission.

führten Lieferung, so muss der Pharmagrossist sicherstellen und verifizieren, dass das Produkt noch einwandfrei ist.»

Die indirekte Verantwortung

der Spitäler, Arztpraxen und Apotheken

Es ist wichtig, dass auch die Patientenschaft

vom Fachhandelpersonal entsprechend in-

struiert wird. Zwingend und nachweis-

pflichtig ist, dass die Medikamente «an der

Front» genau so kontrolliert gelagert wer-

den, wie es dem Lagervermerk entspricht.

Kritisch kann es vor allem bei Schnittstellen

wie bei der Anlieferung oder auch bei Zwi-

schenlagerung zwecks Retouren werden.

Der Retourenprozess wird erschwert sein:

Sind künftig keine Daten zur Lagertempe-

ratur auch bei dispensierenden Stellen (u.a.

Apotheken, Arztpraxen) erhältlich, ist eine

Annahme von Retouren aus Risikogrün-

den auch bei Raumtemperaturprodukten

nicht mehr opportun. Es wird sehr

schwierig werden, lückenlos und plausibel

den Temperaturverlauf von Lieferung,

Zwischenlagerung und Retourentransport

nachzuweisen.

Lesen Sie im nächsten Teil der Serie einen

weiteren Beitrag zu GDP. Das Thema: Die

Umsetzung beim Grossisten.

O

Wir danken dem Verlag Sanatrend (OTXWORLD) für die freundliche Überlassung des Textes.

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