Transkript
STUDIE REFERIERT
Capsaicinpflaster lindert diabetische Neuropathie
Eine randomisierte und plazebokontrollierte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Lokaltherapie mit Capsaicin bei der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie gut wirksam ist und die Schlafqualität verbessert.
den zwischen beiden Gruppen keine statistisch signifikanten Unterschiede im Nebenwirkungsprofil. So veränderte sich die sensorische Wahrnehmung von Wärme, Kälte und Vibrationsreizen unter Capsaicin nicht. Es wurden keine systemischen Nebenwirkungen beobachtet.
Journal of Pain
Die schmerzhafte diabetische periphere Neuropathie (painful diabetic peripheral neuropathy, PDPN) stellt ein schwerwiegendes Problem für die Betroffenen dar. Sie betrifft etwa ein Viertel der Patienten mit Typ-2-Diabetes. Es wird empfohlen, eine PDPN bei Diabetikern systemisch mit Antidepressiva, Antikonvulsiva oder Opioiden zu therapieren. Dosistitrationen, Neben- und Wechselwirkungen sowie das Abhängigkeitspotenzial begrenzen jedoch den Einsatz dieser Pharmaka bei gleichzeitig nicht sehr hoher Wirksamkeit. 8-Prozent-Capsaicinpflaster werden in der Zweitlinientherapie eingesetzt. Capsaicin ist ein Inhaltsstoff aus den getrockneten Früchten des Cayennepfeffers. Bei Berührung mit der Haut hemmt lokales Capsaicin hyperaktive Nozizeptoren. Es wird kaum systemisch resorbiert und muss nicht titriert werden. Studien bei postherpetischen und HIV-assoziierten Polyneuropathien wiesen nach, dass Capsaicin über 12 Wochen den Schmerz nach einer einzigen rund 30-minütigen lokalen
MERKSÄTZE
O Eine 12-wöchige randomisierte und plazebokontrollierte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Capsaicin bei diabetischer peripherer Neuropathie die Schmerzen lindert und die Schlafqualität moderat verbessert.
O Rund ein Drittel der Patienten der Capsaicingruppe berichtete über vorübergehende Lokalreaktionen wie Schmerzen und Brennen, die teilweise mit Akutanalgetika behandelt werden mussten. Ansonsten erwies sich die Verträglichkeit als gut.
Applikation mindert. In der STEP-Studie wurden erstmalig die Effektivität und Sicherheit bei diabetischer Polyneuropathie untersucht.
Studiendesign und -ziel
369 Patienten im Alter von mindestens 18 Jahren mit PDPN nahmen an der Studie teil. Die Patienten erhielten randomisiert über 30 Minuten entweder das 8-Prozent-Capsaicin- (n = 186) oder ein Plazebopflaster (n = 183) direkt auf die schmerzenden Stellen auf dem Fussrücken appliziert. Primärer Endpunkt war der durchschnittliche Rückgang des Scores der NPRS (Numeric Pain Rating Scale) zwischen Studienbeginn und den Wochen 2 bis 8 (d.h. prozentuale Verringerung des durchschnittlichen täglichen Schmerzwertes vom Ausgangswert bis zu den Wochen 2 bis 8). Sekundäre Endpunkte der Studie umfassten unter anderem den täglichen und wöchentlichen Rückgang des NPRSScores, die Verringerung von Schlafstörungen und die Zufriedenheit des Patienten mit der Behandlung.
Studienergebnisse
Beim primären Endpunkt war das 8-Prozent-Capsaicinpflaster statistisch signifikant überlegen (−27,4% vs. −20,9%; p = 0,25). Die Verringerung der Schmerzen wurde ab der 2. Woche beobachtet und blieb bis Woche 12 erhalten. Im Vergleich zur Plazebogruppe sprachen mit Capsaicin behandelte Patienten deutlich schneller auf die Behandlung an (im Durchschnitt 19 vs. 72 Tage). Schlafstörungen besserten sich unter Capsaicin im Vergleich zu Plazebo in moderatem Ausmass. Rund ein Drittel der Patienten der Capsaicingruppe berichteten über vorübergehende Lokalreaktionen wie Schmerzen und Brennen, die teilweise mit Akutanalgetika behandelt werden mussten. Sonst bestan-
Diskussion
Die Studie zeigt, dass eine 30-minütige Behandlung mit einem 8-Prozent-Capsaicinpflaster zu einer mässigen Linderung der Schmerzen führt und die Schlafqualität verbessert. Hierbei kam es bei den über einen Zeitraum von 12 Wochen mit Capsaicin behandelten Patienten während der gesamten Behandlungszeit zu einer moderaten Schmerzlinderung. Damit ist Capsaicin bei diabetischer Polyneuropathie ähnlich wirksam wie andere Behandlungsformen der PDPN. Die moderate Verbesserung der Schlafqualität unter Capsaicintherapie stellt ein wichtiges Ergebnis dar, da mehrere Studien feststellten, dass die Lokalbehandlung mit Capsaicin zu Schlafstörungen führen kann. Dass passagere Lokalreaktionen unter lokaler Capsaicintherapie auftreten können, steht in Übereinstimmung mit den Ergebnissen anderer Studien, welche die Wirksamkeit von Capsaicin bei Nervenschmerzen in Zusammenhang mit einer Herpes-zoster- beziehungsweise einer HIV-Infektion untersuchten. O
Claudia Borchard-Tuch
Interessenlage: Die referierte Originalstudie wurde von der Firma Astellas Pharma, dem Hersteller von Capsaicinpflastern, finanziell und organisatorisch unterstützt. Ein Teil der Autoren hat Forschungsunterstützung und/oder Vortrags- bzw. Beraterhonorare von Astellas Pharma und anderen Pharmafirmen erhalten oder war zum Zeitpunkt der Studiendurchführung bei Astellas Pharma angestellt.
Quelle: Simpson DM et al.: Capsaicin 8% patch in painful diabetic peripheral neuropathy: a randomized, doubleblind, placebo-controlled study. J Pain 2017; 18 (1): 42–53.
ARS MEDICI 7 I 2017
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