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STUDIE REFERIERT
Schützt Omega-3-Fettsäure während der Schwangerschaft den Nachwuchs vor Asthma?
Eine Studie zeigte, dass die hoch dosierte Gabe von Omega-3-Fettsäuren in der Schwangerschaft das Risiko der Kinder für Atemwegserkrankungen und Asthma vermindert.
New England Journal of Medicine
Ein Mangel an langkettigen mehrfach ungesättigten n-3-Fettsäuren wie Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) kann die Entstehung von asthmatischen Erkrankungen fördern, weil EPA und DHA im Organismus dann durch Arachidonsäure ersetzt werden. Arachidonsäure wird im Körper zu Leukotrienen verstoffwechselt, welche entzündliche Reaktionen in den Bronchien fördern. Eine im Rahmen der Copenhagen Prospective Studies on Asthma in Childhood durchgeführte dänische Interventionsstudie untersuchte, ob die Gabe von EPA und DHA während der Schwangerschaft die Häufigkeit von asthmatischen Erkrankungen in den ersten 7 Lebensjahren bei Kindern senkt.
Studiendesign und -ziel An der randomisierten, kontrollierten Studie nahmen 736 schwangere Frauen teil. In der 24. Woche der Schwangerschaft erhielten die Frauen Kapseln, welche 2,4 g n-3-Fettsäuren (55% EPA und 37% DHA) oder Olivenöl (Plazebo) enthielten. Diese Kapseln sollten die Frauen bis zur ersten Woche nach der Entbindung einnehmen. Die Studie war zunächst doppelblind. Bis zu einem Alter des Kindes von 3 Jahren wussten weder der Untersucher noch
MERKSÄTZE
O Die hoch dosierte Gabe von Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) im dritten Trimenon der Schwangerschaft verringert das Risiko von Asthma, Wheezing und Infektionen der unteren Atemwege bei Kindern mindestens bis zum 7. Lebensjahr.
O Die Kapseln sind gut verträglich.
die Frau, ob ein Plazebo oder ein Wirkstoff verabreicht worden war. Primärer Endpunkt waren das Auftreten eines Asthma bronchiale oder mit persistierendem Keuchen («Wheezing») einhergehende Erkrankungen. Sekundäre Endpunkte umfassten unter anderem Infektionen der unteren Atemwege, Exazerbationen von Asthma, Ekzeme und allergische Sensibilisierung.
Studienergebnisse
Es wurden 695 Kinder in die Studie aufgenommen. Im Alter von 3 Jahren konnten 95,5 Prozent von ihnen untersucht werden. Während in der Behandlungsgruppe bei 16,9 Prozent der Kinder Wheezing oder Asthma diagnostiziert wurde, waren es in der Kontrollgruppe 23,7 Prozent. Dieser Unterschied war signifikant (Hazard Ratio [HR]: 0,69; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,49– 0,97, p = 0,035). EPA und DHA hatten das Erkrankungsrisiko um 30,7 Prozent reduziert. Die Wirkung war am stärksten bei den Müttern, deren Serumwerte von EPA und DHA zu Beginn der Studie im unteren Drittel lagen. Die Studie zeigte, dass ein bestimmter Genotyp (rs1535) der Fettsäure-Desaturase (FADS) die körpereigene Produktion von EPA und DHA deutlich senkt. Die Einnahme von Fischölkapseln senkte die Häufigkeit von Asthma oder Wheezing von 34,1 Prozent auf 17,5 Prozent (HR: 0,46; 95%-KI: 0,25–0,83; p = 0,011). Analysen der sekundären Endpunkte zeigten, dass die Einnahme der Fischölkapseln während der Schwangerschaft das Infektionsrisiko in den unteren Atemwegen signifikant senkte (31,7% vs. 39,1%; HR: 0,75; 95%-KI: 0,58– 0,98; p = 0,033). Jedoch gab es keine statistisch signifikanten Unterschiede bei Exazerbationen von Asthma, Ekzemen und allergischer Sensibilisierung.
Die Nachuntersuchung der Kinder im Alter von 5 Jahren bestätigte die Ergebnisse. Während in der Behandlungsgruppe bei 17,4 Prozent der Kinder Wheezing oder Asthma diagnostiziert wurde, waren es in der Kontrollgruppe 24,6 Prozent. Dieser Unterschied war signifikant (HR: 0,68; 95%-KI: 0,49– 0,95; p = 0,024). Auch ein weiteres Follow-up der Kinder im Alter von 5 bis 7 Jahren (mittleres Alter: 6 Jahre) kam zu einem ähnlichen Resultat. In der Behandlungsgruppe wurde bei 19 Prozent der Kinder Asthma oder Wheezing diagnostiziert, in der Kontrollgruppe bei 29,2 Prozent. Der Unterschied war signifikant (HR: 0,66; 95%-KI: 0,47– 0,91; p = 0,011).
Diskussion
Es wurden in der Studie hohe Dosen
von EPA und LDA verwandt. Hierbei
war die Dosis 10-mal so hoch wie die
tägliche Einnahme in Dänemark und
20-mal so hoch wie in anderen Ländern
wie Kanada oder den USA.
Es wurde beobachtet, dass die Wirkung
höher war, wenn die Mütter niedrige
EPA/DHA-Spiegel hatten und/oder der
FADS-Genotyp rs1535 vorlag. Zu-
meist wurden bei den Mahlzeiten nur
geringe Mengen an langkettigen mehr-
fach ungesättigten n-3-Fettsäuren ein-
genommen. Diese Beobachtung stützt
die Vermutung, dass die Gabe von EPA
und DHA eine kausale Wirkung hat.
Es kann davon ausgegangen werden,
dass die Wirkung schwächer ausge-
prägt ist, wenn die Kinder hohe Dosen
an Vitamin D3 einnehmen. Der Unter-
schied war jedoch in der Studie nicht
statistisch signifikant und sollte weiter
untersucht werden.
O
Claudia Borchard-Tuch
Quelle: Bisgaard H et al.: Fish oil-derived fatty acids in pregnancy and wheeze and asthma in offspring. N Engl J Med 2016; 375(26): 2530–2539.
Interessenlage: Ein Teil der Autoren der referierten Originalstudie unterhält finanzielle Beziehungen zu Pharmaunternehmen.
ARS MEDICI 6 I 2017
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