Transkript
BEKANNTMACHUNG
Weltglaukomwoche vom 12. bis 18. März
Awareness für die Früherkennung nicht nur bei Patienten wichtig
Glaukomerkrankungen sind nach der altersbedingten Makuladegeneration die zweithäufigste Ursache für eine irreversible Erblindung, obwohl bei frühzeitiger Diagnose eines erhöhten Augendrucks diesem Krankheitsverlauf begegnet werden könnte. Aus diesem Grund machen Augenärzte weltweit mit einer Glaukomwoche auf die Erkrankung aufmerksam. Im Rahmen dieser Kampagne finden vom 12. bis 18. März eine Reihe von Aufklärungsaktivitäten für Patienten statt. Gleichermassen wichtig für die Früherkennung ist die Aufmerksamkeit der Hausärzte. Welche Patienten ab welchem Alter an den Augenarzt verwiesen werden sollten, erläutert Dr. Fabrizio Branca, Augenzentrum Bahnhof Basel, im Interview.
Risikofaktoren für ein Glaukom
O zu hoher Augendruck, symptomlos! O Alter O familiäre Belastung O Rassenzugehörigkeit (z.B. Afrikaner) O Kurzsichtigkeit (Myopie) und starke
Weitsichtigkeit (Hyperopie) O Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
und Gefässverschlüsse O Langzeitbehandlung mit Kortison oder
anderen Medikamenten O ernstere Augenverletzungen oder
frühere Augenoperationen O schwere Entzündungen im Auge O Durchblutungsfehlregulationen
ARS MEDICI: Wie viele Patienten mit Glaukom gibt es in der Schweiz? Dr. Fabrizio Branca: Die Prävalenz der Erkrankung bei > 50-Jährigen liegt bei etwa 2,4 Prozent. In der Schweiz gehen wir von etwa 160 000 Patienten aus, weltweit sind mehr als 70 Millionen betroffen. Und die Hälfte davon weiss nicht, dass sie an einem Glaukom leidet! Das Risiko steigt mit zunehmendem Lebensalter, vor allem ab dem 40. Lebensjahr, das gilt für Frauen wie Männer gleichermassen.
AM: Mit welchen Symptomen macht sich ein Glaukom bemerkbar? Branca: Die Erkrankung ist symptomlos und wird deswegen oft zu spät erkannt. Ein einmal aufgetretener Glaukomschaden kann medizinisch nicht mehr rückgängig gemacht werden, deswegen sind Früherkennung und Verlaufskontrollen zentral. Das Voranschreiten der Erkrankung führt zur Gesichtsfeldeinschränkung, zuletzt mit Erblindung. Im Verlauf wird das Gesichtsfeld – das «Umfeldsehen» – von aussen her mehr und mehr eingeengt. Objekte, die sich im Zentrum befinden, werden noch gut wahrgenommen, während weiter aussen liegende nicht mehr sichtbar sind. Dadurch wird die Wahrnehmung im Raum eingeschränkt; man stösst öfter an oder hat Schwierigkeiten beim Treppensteigen oder im Strassenverkehr. Auch gibt es verschwommene Bereiche, verschwundene Objekte, Störungen des Kontrastsinns und Probleme bei der Anpassung an die Dunkelheit.
AM: Ab welchem Alter sollte augenärztlich abgeklärt werden? Branca: Wenn in der Familie kein Glaukom bekannt ist, wird die erste Untersuchung
beim Augenarzt im
Alter von 40 Jahren
empfohlen. Danach
sollten die Augenun-
tersuchungen alle 2
bis 4 Jahren wieder-
holt werden. Nach
dem 60. Lebensjahr
Fabrizio Branca
sollte man die Kontrollen auf alle 1 bis
2 Jahre intensivieren.
Wenn in der Familie Glaukome gehäuft auf-
treten, sollten sich alle Blutsverwandten
augenärztlich untersuchen lassen, ein Glau-
kom kann vererbt werden.
AM: Was wird gemacht, wenn der Augendruck erhöht ist? Branca: Ein Glaukom kann behandelt, aber nicht geheilt werden: Die Krankheit kann kontrolliert werden, um eine Verschlechterung des Sehens zu verhindern, aber bestehende Schäden können nicht mehr rückgängig gemacht werden. Das hauptsächliche Bestreben bei der Behandlung des Glaukoms liegt in der Senkung des Augeninnendruckes. Dies wird grundsätzlich zuerst mit Augentropfen versucht. Kann dies mit einer lokalen Therapie nicht genügend erreicht werden, oder persistiert ein Fortschreiten des Sehnervenschadens oder der Gesichtsfeldausfälle, werden andere Methoden wie Laser und Chirurgie in Betracht gezogen. Ein isoliert erhöhter Augendruck ohne nachgewiesenen Schaden am Sehnerv, eine sogenannte okuläre Hypertension, kann gegebenenfalls ohne Behandlung beobachtet werden. Wird einmal ein Glaukom festgestellt, so muss die Therapie meist lebenslänglich durchgeführt werden. Dies kann schwierig sein, da die Patienten die störenden Neben-
wirkungen mehr als die drucksenkende Wirkung bemerken.
AM: Welche Rolle kommt dem Hausarzt bei
der Früherkennung und Betreuung der Be-
troffenen zu?
Branca: Es ist sehr wichtig, dass der Hausarzt
Patienten ab 40 Jahren für eine Augenunter-
suchung sensibilisiert und im Rahmen des
generellen Check-ups eine augenärztliche
Untersuchung empfiehlt. Glaukompatienten
werden in der augenärztlichen Praxis regel-
mässig nachkontrolliert, um den Verlauf der
Erkrankung zu verfolgen. Sollten systemi-
sche Nebenwirkungen aufgrund der druck-
senkenden Augentropfen auftreten (z.B. bei
lokalen Betablockern), kann ein Austausch
mit dem Hausarzt notwendig werden. Muss
begleitend ein erhöhter Blutdruck behandelt
werden, sollte im Hinblick auf das Glaukom
der diastolische Wert nicht zu tief eingestellt
werden. Und schliesslich kann ein Gesichts-
feldausfall durch das Glaukom auch bei ver-
kehrsmedizinischen Beurteilungen von Rele-
vanz sein.
O
Das Interview führte Christine Mücke.
Mehr Informationen rund um das Glaukom finden Ihre Patienten unter:
rosenfluh.ch/qr/glaukompatienten oder rosenfluh.ch/qr/augenzentrumbasel
ARS MEDICI 5 I 2017
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