Transkript
STUDIE REFERIERT
SGLT2-Hemmer – wie überzeugend ist der kardiovaskuläre Effekt?
Keine kardiovaskulären Risiken erkennbar
In der Schweiz zugelassene SGLT2-Hemmer
Canagliflozin Dapagliflozin Empagliflozin
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In einer Metaanalyse randomisierter, kontrollierter Studien wurde der Einfluss der SGLT2-Hemmer Canagliflozin, Dapagliflozin und Empagliflozin auf die Gesamtmortalität und auf kardiovaskuläre Endpunkte untersucht.
American Journal of Cardiology
Die SGLT2 («sodium glucose cotransporter 2»-)Hemmer sind eine neue Wirkstoffgruppe unter den oral verabreichbaren Medikamenten bei Typ-2Diabetes. Die Wirkung ist von Insulin unabhängig und erfolgt über eine Hemmung der Glukosereabsorption in der Niere. Wegen ihrer blutdruck- und gewichtsenkenden Eigenschaften haben SGLT2-Hemmer das Potenzial zur Verbesserung des kardiovaskulären Risikoprofils.
Methodik In die Netzwerkmetaanalyse wurden alle bis 2016 erhältlichen randomisierten, kontrollierten Studien («randomized controlled trials», RCT) mit den drei bisher zugelassenen SGLT2-Hem-
MERKSÄTZE
O Die neue Wirkstoffklasse der SGLT2Hemmer hat neben der Blutzuckersenkung mit einer Reduktion von Blutdruck und Körpergewicht auch das Potenzial, das kardiovaskuläre Risikoprofil günstig zu beeinflussen.
O Eine Netzwerkmetaanalyse der drei auch in der Schweiz zugelassenen Gliflozine lässt den Schluss zu, dass diese in der Behandlung von Typ-2-Diabetikern nicht mit einem erhöhten Risiko für Gesamtmortalität und kardiovaskuläre Endpunkte assoziiert sind.
O Für Empagliflozin wurde sogar ein protektiver Effekt hinsichtlich Gesamtmortalität und kardiovaskulärer Endpunkte festgestellt, der allerdings grösstenteils lediglich auf den Ergebnissen einer einzelnen Studie (EMPA-REG OUTCOME) beruht.
mern (Kasten) aufgenommen. Eingeschlossen wurden Studien mit einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 24 Wochen, Patienten ab 18 Jahren mit Typ-2-Diabetes, SGLT2-Hemmer in Mono- oder Kombinationstherapie im Vergleich mit Plazebo oder einem anderen SGLT2-Hemmer oder einer anderen aktiven antidiabetischen Therapie sowie Mitteilung von mindestens einem der von den Autoren gewählten kardiovaskulären Endpunkte. Zu diesen gehörten Gesamtmortalität und schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse wie Tod aufgrund kardiovaskulärer Ursache sowie nicht tödlicher Herzinfarkt oder Hirnschlag («major adverse cardiovascular events», MACE) als primäre Endpunkte. Sekundäre Endpunkte umfassten Herzinsuffizienz, Hospitalisation wegen Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern und transiente ischämische Attacken (TIA).
Resultate
Insgesamt konnten die Autoren 37 RCT für die Metaanalyse berücksichtigen, die 28 859 Patienten umfassten. Die Grösse der Teilnehmerzahlen der RCT variierte von 180 bis 7020, und die Nachbeobachtungszeiten betrugen 24 bis 260 Wochen. Nur 3 Studien hatten Patienten mit vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung eingeschlossen. Von den 37 Studien lieferten 34 adäquate Daten zu MACE-Endpunkten. Empagliflozin war im Vergleich zu Plazebo mit einem signifikant niedrigeren MACE-Risiko assoziiert (Odds Ratio [OR]: 0,81, 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,70–0,93), aber es bestand keine signifikante Differenz zwischen Canagliflozin (OR: 1,10, 95%-KI: 0,53– 2,29) oder Dapagliflozin (OR: 0,81, 95%-KI: 0,46–1,45) und Plazebo.
Nur Empagliflozin senkte die Gesamtmortalität signifikant besser als Plazebo (OR: 0,67, 95%-KI: 0,56–0,81). Für die beiden anderen Gliflozine ergaben sich bei der Gesamtmortalität im Vergleich zu Plazebo keine signifikanten Unterschiede (OR: 0,85, 95%-KI: 0,36–2,05 für Canagliflozin; OR: 1,12, 95%-KI: 0,51–2,44 für Dapagliflozin). Hinsichtlich Herzinsuffizienz und Hospitalisation wegen Herzinsuffizienz bestand nur für Empagliflozin eine signifikant niedrigere Inzidenz als unter Plazebo (OR: 0,65, 95%-KI: 0,50–0,84). Für die Risiken von instabiler Angina pectoris, Vorhofflimmern und TIA verhielten sich die drei SGLT2-Hemmer ähnlich wie Plazebo, und unter den drei Wirkstoffen liessen sich für diese Endpunkte keine Unterschiede ausmachen.
Diskussion
Die Netzwerkmetaanalyse aller berück-
sichtigten RCT zeigte, dass keiner der
drei SGLT2-Hemmer auf kardiovasku-
läre Endpunkte oder die Gesamtmorta-
lität einen schädlichen Einfluss hatte.
Unter den primären Endpunkten senkte
nur Empagliflozin im Vergleich zu Pla-
zebo das Risiko für MACE und Ge-
samtmortalität. Weder Dapagliflozin
noch Canagliflozin waren jedoch signi-
fikant mit irgendeinem negativen Ef-
fekt assoziiert. Die Autoren weisen be-
sonders darauf hin, dass der beobach-
tete Schutzeffekt von Empagliflozin
hinsichtlich MACE und Gesamtmorta-
lität zum grössten Teil auf nur einer ein-
zigen Studie (EMPA-REG OUTCOME)
beruht, weshalb dieser Aspekt vorsich-
tig beurteilt werden müsse. Eine end-
gültige Klärung müssen weitere Studien
mit primär kardiovaskulären End-
punkten liefern.
O
Halid Bas
Quelle: Tang H et al.: Meta-analysis of effects of sodiumglucose cotransporter 2 inhibitors on cardiovascular outcomes and all-cause mortality among patients with type 2 diabetes mellitus. Am J Cardiol 2016; 118: 1774–1780.
Interessenlage: Die Autoren der referierten Studie deklarieren, keine Interessenkonflikte zu haben.
66 ARS MEDICI 1+2 I 2017