Transkript
FORTBILDUNG
Serie: Der Arzt als Unternehmer
Erfolgreiche Praxisführung braucht mehr als medizinisches Wissen
Auftakt zu einer neuen Serie in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Institut für Klein- und Mittelunternehmen an der Universität St. Gallen (KMU-HSG)
Betriebswirtschaftliche und unternehmerische Anforderungen an den niedergelassenen Arzt sind in den vergangenen Jahren stetig gewachsen und dürften weiter zunehmen. Der niedergelassene Arzt ist heute Unternehmer, der sich das dazu notwendige Wissen nebenbei aneignen muss. Aufgrund der steigenden Bedeutung von betriebswirtschaftlichem Wissen für niedergelassene Ärzte lanciert ARS MEDICI zusammen mit dem KMU-HSG eine Serie, in welcher ausgewählte betriebswirtschaftliche Themen mit hoher Relevanz für den erfolgreichen Praxisbetrieb und für den Arzt als Unternehmer beleuchtet werden.
Martin Baumann
Sich verändernde Rahmenbedingungen im Schweizer Gesundheitswesen sowie neue Bedürfnisse und Erwartungen aufseiten der Patienten, aber auch aufseiten der jungen und angehenden Ärzte führen dazu, dass sich das Berufsbild und die Anforderungen an niedergelassene Ärzte wandeln. Vor allem die politischen und die vielen regulatorischen Rahmenbedingungen erhöhen den wirtschaftlichen Druck auf niedergelassene Ärzte. Dies zeigt eine Studie aus dem Jahr 2012, in welcher über 330 Hausärzte aus der gesamten Schweiz zu den grössten Problemfeldern im Praxisalltag befragt wurden (vgl. Abbildung).
Medizinische und unternehmerische Kompetenz
Heute und auch in Zukunft werden das Patientenwohl und die qualitativ hochstehende medizinische Versorgung und Betreuung von Patienten das Leitmotiv der ärztlichen Tätigkeit sein. Daneben muss sich der Praxisinhaber mit den unterschiedlichsten Themen und Fragestellungen rund um die Praxisführung beschäftigen und unternehmerische Entscheide herbeiführen, fällen und implementieren. Die Auseinandersetzung damit benötigt Zeit und betriebswirtschaftliches Wissen, welches sich der Arzt neben seiner ärztlichen Tätigkeit aneignen muss, da im Medizinstudium primär medizinisches Wissen und klinische Fertigkeiten erlernt werden. Der an der Thematik interessierte Arzt kann heute aus einer Vielzahl von Angeboten betriebswirtschaftlicher Weiterbildung auswählen, welche von Schweizer Universitäten, Fachhochschulen, aber auch von privaten Initiativen angeboten werden. Die Weiterbildungsangebote unterscheiden sich unter anderem hinsichtlich der Dauer, des inhaltlichen Fokus und der Zielgruppen. Für den niedergelassenen Arzt besteht die Schwierigkeit darin, in der Fülle von Angeboten dasjenige zu identifizieren, welches am besten auf seine Bedürfnisse zugeschnitten ist. Einige Angebote richten sich gleichzeitig an ambulant und stationär tätige Ärzte, andere wiederum sind für den niedergelassenen Arzt aus zeitlichen Gründen neben einer Vollzeittätigkeit in der Arztpraxis gar nicht zu absolvieren. Bei der Suche einer geeigneten Weiterbildung empfiehlt es sich daher, sich in einem ersten Schritt seiner Bedürfnisse und der betriebswirtschaftlichen Themen bewusst zu werden, welche für die Führung und den Betrieb der Praxis relevant sind, und dementsprechend seine Wahl zu treffen.
Vermehrt betriebswirtschaftliche Fragestellungen
Ein Hauptproblem liegt demnach darin, dass sich der Anteil der produktiven Arzttätigkeit zulasten administrativer, nichtproduktiver Aufgaben verringert, was zu einem Einkommensverlust führen kann. Eine Folge dieser Entwicklung ist die Entstehung neuer Praxismodelle, wie zum Beispiel Gruppenpraxen, die neue Arbeitszeitmodelle und Synergien gerade auch im Bereich der Administration ermöglichen. Unabhängig davon, ob ein Arzt in einer Einzel- oder einer Gruppenpraxis tätig ist, führen diese Veränderungen dazu, dass sich niedergelassene Ärzte vermehrt mit betriebswirtschaftlichen Fragestellungen befassen müssen. Dabei gilt: Je grösser eine Arztpraxis hinsichtlich der Mitarbeiteranzahl ist, desto grösser sind die unternehmerischen und betriebswirtschaftlichen Anforderungen an die Praxisleitung.
Partnerschaft ARS MEDICI mit dem KMU-HSG
An diesem Punkt setzt die neue Serie «Der Arzt als Unternehmer» von ARS MEDICI an. Die Serie wird diejenigen betriebswirtschaftlichen Themen aufgreifen, welche für den Hausarzt oder den Spezialisten, die in einer Einzel- oder Gruppenpraxis tätig sind, relevant sind. Um eine grösstmögliche Praxisrelevanz und Qualität der Artikel gewährleisten zu können, werden die Inhalte in Zusammenarbeit mit dem KMU-HSG der Universität St. Gallen entwickelt. Das KMUHSG verfügt über eine breite Erfahrung in der betriebswirtschaftlichen Weiterbildung von Ärzten (siehe Kasten), welche direkt in die neue Artikelserie einfliessen wird. Für die neue Serie «Der Arzt als Unternehmer» wurden fünf betriebswirtschaftliche Themenbereiche definiert, zu welchen Artikel erscheinen werden:
62 ARS MEDICI 1+2 I 2017
FORTBILDUNG
Politische Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen
Steigende Bürokratie
Sinkendes Einkommen Steigender administrativer Aufwand
bei gleicher Patientenzahl Schwierige Nachfolgeregelung
Hausärztemangel
26% 23%
47% 46% 39% 39%
n = 331
Abbildung: Die grössten Problemfelder im Praxisalltag (Quelle: Schweizer Ärztebarometer 2012, durchgeführt durch Fluentis GmbH).
Praxisführung Dieser Themenbereich widmet sich den unternehmerischen Herausforderungen in einer Arztpraxis und der Rolle des Arztes als Unternehmer. Das Formulieren einer Vision und die Entwicklung einer Strategie für eine Arztpraxis sowie die kontinuierliche, systematische Umweltanalyse zum frühzeitigen Erkennen von Chancen und Gefahren für die Arztpraxis sind Beispiele für Aufgaben, welche im Verantwortungsbereich des Praxisinhabers liegen.
Mitarbeiterführung Die Mitarbeiterführung gehört zu den schwierigsten Herausforderungen eines Praxisinhabers. Dieser Themenbereich befasst sich unter anderem mit den Fragestellungen, welches der richtige Führungsstil ist, und wie Mitarbeiter motiviert, gefördert und gefordert werden können.
Prozess- und Qualitätsmanagement Das Prozess- und Qualitätsmanagement ist eng mit den operativen Tätigkeiten in der Praxis verknüpft. Es geht dabei um Fragestellungen, wie die Praxis optimal organisiert werden
Kasten:
Das Schweizerische Institut für Klein- und Mittelunternehmen an der Universität St. Gallen (KMU-HSG)
Die Bedeutung der KMU wurde an der Universität St.Gallen früh erkannt. Bereits 1946 entstand deshalb das KMU-HSG, das sich als einziges Institut auf dieser Ebene in der Schweiz ausschliesslich der Förderung von KMU widmet. Zu den Tätigkeitsfeldern des KMUHSG gehören: Forschung, Lehre, Weiterbildung und Beratung. Zusammen mit der Firma Fluentis GmbH veranstaltet das KMU-HSG die Reihe «Unternehmerseminar für Ärztinnen und Ärzte», welche seit 2014 und mittlerweile bereits zum sechsten Mal durchgeführt wird. Das KMU-HSG lancierte daneben weitere Weiterbildungs- und Forschungsaktivitäten im Bereich der ambulanten medizinischen Versorgung. Dazu gehört beispielsweise die Durchführung der 1. Unternehmertagung für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte und ihr Praxisteam am 1. April 2017 in Zürich.
kann, wer welche Aufgaben übernimmt, wie die Aufgaben erledigt werden und welche Hilfsmittel dazu zur Verfügung stehen. Ein wichtiges Hilfsmittel zur Optimierung der Praxisorganisation ist das Praxishandbuch, welches in einem der kommenden Artikel vorgestellt wird.
Finanzielle Praxisführung Die Materie der finanziellen Praxisführung ist komplex und trocken, so dass viele Ärzte die finanziellen Belange der Arztpraxis einem Treuhänder anvertrauen und übergeben. Das Wissen des Arztes sollte jedoch so gross sein, dass finanzielle Zusammenhänge und wichtige Kennzahlen durch den Arzt interpretiert und mögliche Massnahmen abgeleitet werden können.
Marketing einer Arztpraxis
Das Marketing einer Arztpraxis ist von unterschiedlicher Be-
deutung für niedergelassene Ärzte. Insbesondere Praxen von
Spezialisten in städtischen Gebieten stehen häufig in einem
Konkurrenzverhältnis zueinander, sodass die Wichtigkeit
einer möglichst klaren Differenzierung des Leistungsange-
bots und der Zuweiserorientierung zunimmt. Viele nieder-
gelassene Ärzte und insbesondere Hausärzte sind komplett
ausgelastet und können teilweise keine neuen Patienten mehr
aufnehmen, ohne dass dafür aufwendige Marketingmass-
nahmen unternommen worden wären. Doch auch für diese
Ärzte sind Fragen rund um die Patienten- beziehungsweise
Kundenorientierung relevant, beispielsweise wie das Praxis-
personal mit schwierigen Patienten umzugehen hat.
O
Martin Baumann
Innerhalb der Serie «Der Arzt als Unternehmer» sind pro Jahr 10 Beiträge vorgesehen. Die Themenbereiche werden abwechselnd berücksichtigt, und die Referenten des Unternehmerseminars für Ärztinnen und Ärzte fungieren als Autoren.
ARS MEDICI 1+2 I 2017
63