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STUDIE REFERIERT
Überaktive Blase: Es müssen nicht immer Antimuskarinika sein
Ein systematischer Review kommt zu dem Ergebnis, dass verschiedene Alternativen zu Antimuskarinika bei der Therapie der Reizblase effektiv sind.
American Journal of Obstetrics and Gynecology
Antimuskarinika werden zur Therapie der Reizblase eingesetzt. Die parasympatholytisch wirksamen Antimuskarinika heben die Wirkungen von Acetylcholin an den muskarinischen Rezeptoren in der Blasenwandmuskulatur kompetitiv auf. Aufgrund der möglichen unerwünschten Wirkungen sind sie nicht unumstritten. Parasympatholytika können unter anderem Harnretention, Mundtrockenheit, Tachykardie, Verstopfung und zentrale Effekte wie Müdigkeit und Verwirrung verursachen. Ein systematischer Review untersuchte die Wirksamkeit alternativer Therapieverfahren.
Studiendesign und -ziel Ziel der systematischen Übersichtsarbeit war es, die Wirksamkeit und Sicherheit verschiedener Behandlungsverfahren der hyperaktiven Blase zu untersuchen. Untersucht wurden die Datenbanken Medline, Cochrane Central Register of Controlled Trials, Cochrane Database of Systematic Reviews und Commonwealth Agricultural Bureaux Abstracts (Zeitraum: Beginn bis 2. April 2014). Es wurden zum einen
MERKSÄTZE
O Aufgrund der möglichen unerwünschten Wirkungen sind Antimuskarinika bei der Therapie der hyperaktiven Blase nicht unumstritten
O Alternative Therapieverfahren wie Mirabegron, Botulinumtoxin A, Änderung des Lebensstils, Beckenbodenmuskeltraining, magnetische Stimulation, Tibialisstimulation, sakrale Neuromodulation und transvaginale elektrische Stimulation sind ebenfalls wirksam bei der Behandlung der überaktiven Blase und können empfohlen werden.
nur Studien aufgenommen, an welchen mindestens über 100 Probanden teilgenommen hatten und welche zwei Studienarme hatten. Hierbei erhielten die Teilnehmer in mindestens einem Studienarm ein alternatives Therapieverfahren. War die Teilnehmerzahl geringer, mussten in mindestens zwei Studienarmen die Probanden ein alternatives Therapieverfahren erhalten haben.
Alternative Behandlungsformen
Die Änderung des Lebensstils besteht in Massnahmen zur Gewichtsreduktion, einer Änderung des Trinkverhaltens (vor allem Verzicht auf blasenreizende Getränke wie Kaffee, Tee, Alkohol, Kohlensäure sowie eine gleichmässige Verteilung der Trinkmengen über den Tag) und Nikotinkarenz. Gezieltes Atmen kann ein erster Schritt zur Stärkung des Beckenbodens sein, wenn es über das Zwerchfell gesteuert wird. Mit diesem Verfahren befasste sich eine Studie. Eine andere Studie untersuchte die Bauchatmung. Um den intraabdominalen Druck zu mindern, kann die hierzu notwendige Bauchatmung erlernt und konsequent angewandt werden. Zwei Studien untersuchten die Wirksamkeit des Beckenbodentrainings. Dessen Ziele sind die Steigerung der Kontraktionskraft und die Verbesserung der Koordination; durch Anspannen der Muskulatur soll die Mobilität des Blasenhalses beim Husten reduziert werden. Das Beckenbodentraining kann durch Elektrostimulations- und Biofeedbackgeräte unterstützt werden. In einer Studie erfolgte ein Beckenbodentraining in Zusammenhang mit einer Wärmebehandlung. Hierbei wird eine warme, feuchte Auflage unmittelbar nach dem Aufstehen auf den unteren Rückenbereich platziert. Ein weiteres Verfahren ist die Akupunktur.
Bei der extrakorporalen magnetischen Innervation sitzt der Patient auf einem Therapiestuhl. Es wird ein stark fokussiertes, pulsierendes Magnetfeld erzeugt. Durch das pulsierende Magnetfeld entsteht ein kurzes Depolarisationspotenzial, das einen Nervenimpuls auslöst. Dadurch kontrahieren und entspannen sich die Muskeln bei jedem magnetischen Impuls 1- bis 50-mal pro Sekunde. Auf diese Weise werden die Muskeln trainiert und aufgebaut. Bei der Beckenbodenstimulation wird ein elektrischer Impulsgeber direkt in die Vagina eingeführt. Die Sakralnerven kontrollieren die Blase und die an der Harnausscheidung beteiligten Muskeln. Für die sakrale Neuromodulation wird zur Stimulation der Sakralnerven mit schwachen elektrischen Impulsen ein Schrittmacher implantiert. Bei der Tibialisstimulation wird ein elektrisches Signal durch den Nerv retrograd bis zum Sakralplexus gesendet. Alternative medikamentöse Massnahmen bestehen in der Gabe von Onabotulinumtoxin A (Botox®) und Beta-3Agonisten wie Mirabegron (Betmiga®) oder Solabegron. Botulinumtoxin hemmt die Ausschüttung von Acetylcholin aus den Nervenendigungen und hemmt so die Kontraktion der Blasenwandmuskulatur. Beta-3-Agonisten entspannen die Blasenwandmuskulatur und erhöhen so die Blasenkapazität.
Studienergebnisse
Beckenbodentraining erwies sich im Vergleich zum Biofeedback als effektiver. Gewichtsverlust durch Diät und Bewegung, der Verzicht auf Kaffee, eine 25- bis 50-prozentige Reduktion der Flüssigkeitseinnahme sowie ein Training der Beckenmuskulatur mit verbalen Anweisungen waren alle wirksam. Botulinumtoxin A verbesserte die Dranginkontinenz, reduzierte die Dringlichkeit und Häufigkeit des Wasserlassens, erhöhte die Lebensqualität, senkte die Nykturie und verbesserte urodynamische Parameter wie Miktionsvolumen, Miktionszeit oder Restharnbildung. Die Akupunktur verbesserte die Lebensqualität und die urodynamischen Parameter. Die extrakorporale magnetische Stimulation verbesserte die urodynamischen Parameter. Mirabegron reduzierte die Inkontinenz, senkte die Nykturie, erhöhte die
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Blasenkapazität und verbessert die Harnspeicherfunktion, während Solabegron insbesondere die Inkontinenz verbesserte. Die Tibialisstimulation erwies sich als wirksamer als das Beckenbodentraining, und zwar im Hinblick auf die Dringlichkeit und die Häufigkeit des Wasserlassens. Sie verbesserte zudem die Lebensqualität, erhöhte die Blasenkapazität und verbesserte die Harnspeicherfunktion. Die sakrale Neuro-
modulation zeigte sich effektiver als die antimuskarinische Behandlung im Hinblick auf die subjektive Verbesserung der Symptomatik und die Lebensqualität. Auch die transvaginale elektrische Stimulation zeigte eine subjektive Verbesserung der Symptomatik. Die urodynamischen Parameter verbesserten sich ebenfalls. Fazit: Wie die Autoren feststellen, erwiesen sich mehrere Therapieverfahren wie physikalische Therapie, Verhaltens-
therapie, Botulinumtoxin A, Akupunktur, magnetische Stimulation, Mirabegron, Tibialisstimulation, sakrale Neuromodulation und transvaginale elektrische Stimulation als wirksam bei der Behandlung der überaktiven Blase. O
Claudia Borchard-Tuch
Quelle: Olivera CK et al.: Nonantimuscarinic treatment for overactive bladder: a systematic review. Am J Obstet Gynecol 2016; 215(1): 34–57.
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