Transkript
POLITFORUM
Xundheit in Bärn
MOTION vom 17.6.2016
Vorbeugend handeln – die Salzmenge in unserer Ernährung reduzieren
Manuel Tornare Nationalrat SP Kanton Genf
Der Bundesrat wird beauftragt, eine Änderung der Gesetzgebung in die Wege zu leiten, mit dem Ziel, die Salzmenge in industriell hergestellten Lebensmitteln zu regeln, die im Handel und in gewissen Restaurants, insbesondere in Fast-Food-Restaurants, zum Einsatz kommen.
Begründung In der Schweiz nehmen Frauen durchschnittlich 7,8 Gramm Salz
und Männer durchschnittlich 10,6 Gramm Salz pro Tag zu sich. Das ist doppelt so viel wie der Höchstwert, der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit 5 Gramm pro Person und Tag. In der Schweiz überschreiten 78,4 Prozent der Frauen und 94 Prozent der Männer diesen Wert. Die Folgen sind gemäss WHO Bluthochdruck und ein erhöhtes Risiko für Herzkrankheiten und Hirnschläge. Im Wissen um den Zusammenhang zwischen der konsumierten Menge Salz einerseits und Blutdruck und Herzinsuffizienz andererseits ist es sehr wichtig, den Salzkonsum zu reduzieren. Letztlich wirkt sich das auch auf die Gesundheitskosten und damit auf die Krankenversicherungsprämien aus.
Der grösste Teil des aufgenommenen Natriums ist nicht auf die Salzbeigabe beim Kochen oder bei Tisch zurückzuführen, sondern stammt aus industriell verarbeiteten und abgepackten Lebensmitteln (vorgefertigte Gerichte und Fast Food). Hier wird der Geschmack der Zutaten, die oft nicht von sehr guter Qualität sind, mit Salz überdeckt; die Lebensmittelindustrie hat daher ein Interesse daran, grosse Mengen Salz einzusetzen. Hinzu kommt, dass (zu) stark gesalzenes Essen Durst macht, was zu einem erhöhten Konsum von Softdrinks und Alkohol führt - mit Sicherheit eine Strategie der Lebensmittelindustrie zur Profitsteigerung. Diese Strategie ist schädlich.
Es ist zwingend notwendig, dass die öffentliche Hand verbindliche Massnahmen ergreift, um die Menge Salz in den auf dem Markt erhältlichen Fertiggerichten zu reduzieren. Der gute Wille der Industrie und der Vertreiber reicht nicht mehr. Auf dem Spiel steht nichts Geringeres als die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung.
Die Stellungnahme des Bundesrats vom 7.9.2016
Eine zu hohe Salzaufnahme ist ein wichtiger Risikofaktor für Bluthochdruck und Hirnschlag. Daher schlägt die WHO eine maximale Salzaufnahme von 5 Gramm pro Tag vor und fordert die Mitgliedstaaten auf, Massnahmen zu ergreifen, um die Salzaufnahme in der Bevölkerung zu senken. In der Schweiz liegt der tägliche Salzkonsum mit 10 Gramm rund doppelt so hoch wie von der WHO empfohlen. Die Hauptquellen in der Schweiz sind Brot, Käse sowie Fleisch und Fleischwaren. Fast Food trägt aber nur etwa 5 Prozent zur Salzaufnahme der Schweizer Bevölkerung bei. Die Verminderung der Salzaufnahme in der Bevölkerung ist ein wichtiger Schwerpunkt der Schwei-
zer Ernährungsstrategie des EDI. In einem ersten Schritt soll die Aufnahme auf 8 Gramm pro Tag reduziert werden, langfristig wird das WHO-Ziel von 5 Gramm pro Tag angestrebt. Die Salzreduktion in verarbeiteten Lebensmitteln erfolgt in freiwilliger Zusammenarbeit mit der Lebensmittelindustrie und dem Detailhandel, indem das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) gemeinsam mit der Lebensmittelwirtschaft Zielwerte für bestimmte Produktegruppen definiert. Diese Zielwerte dienen als Basis für die Erarbeitung von freiwilligen Massnahmen der Unternehmen zur Salzreduktion in Lebensmitteln. Die Unternehmen haben zudem die Möglichkeit, freiwillige Aktionsver-
sprechen im Rahmen von Actionsanté einzureichen, einer Initiative des Bundesamtes für Gesundheit und des BLV. Der Ansatz der freiwilligen Zusammenarbeit, der zum Beispiel auch in England verfolgt wird, hat in der Schweiz bereits zu ersten Erfolgen geführt. So wurde zum Beispiel seit 2011 der Salzgehalt in Brot aus gewerblichen Bäckereien um 16 Prozent reduziert, der Salzgehalt in einigen Schweizer Fertiggerichten wurde um rund 10 Prozent vermindert. Weiter hat der Schweizerische Nationalfonds das Nationale Forschungsprogramm 69, «Gesunde und nachhaltige Lebensmittelproduktion», lanciert, in dem die Salzreduktion in der Gemeinschaftsgastronomie ein zentrales Projekt ist.
Schliesslich erfolgt die wichtige Sensibilisierung der Bevölkerung über den Zusammenhang von Salz und Gesundheit in einer Zusammenarbeit des BLV mit der Schweizer Herzstiftung über die Ernährungsberatenden, die Ärzteschaft und andere Fachpersonen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der erfolgreiche freiwillige Ansatz in Abstimmung mit den Entwicklungen auf der europäischen Ebene (EU, WHO/Europa) weiterverfolgt werden soll und aktuell kein Regulierungsbedarf besteht.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
896
ARS MEDICI 20 I 2016
POLITFORUM
MOTION vom 16.6.2016
Vergütungspflicht der Krankenkassen für im Ausland eingekaufte medizinische Mittel und Gegenstände
Bea Heim Nationalrätin SP Kanton Solothurn
Der Bundesrat wird beauftragt, die Einführung einer Vergütungspflicht für von den Versicherten selber im Ausland bezogene Hilfsmittel vorzusehen, sofern ein entsprechendes Arztrezept für das benötigte Hilfsmittel vorliegt,
und die dafür nötigen Gesetzesanpassungen dem Parlament zu unterbreiten.
Begründung Die vergleichsweise hohen Preisunterschiede bei medizinischen Produkten, die in der Schweiz verkauft werden, aber auch im Ausland erhältlich sind, führen seit Langem immer wieder zu Kritik. Um zu erreichen, dass die zum Teil erheblich überhöhten Preise gesenkt werden, werden Produkte aus den umliegenden Ländern
importiert. Dieser Parallelimport ist legal und möglich. Aber offenbar werden diese Kosten rezeptierter medizinischer Mittel und Gegenstände, wenn sie von Versicherten im Ausland bezogen wurden, nicht unbedingt von den Krankenkassen vergütet. Der Bundesrat wird darum gebeten, sich dieses Themas anzunehmen und die nötigen Gesetzesanpassungen dem Parlament zu unterbreiten, damit von Versicherten im Ausland bezogene Hilfsmittel und medizinische Produkte, die günstiger
als in der Schweiz erworben wurden und für die ein Rezept vorliegt, von den Krankenkassen übernommen werden. Damit die Marktkräfte im Bereich der Migel eine für die Patientinnen und Patienten positive Preisdynamik entfalten können, ist es zudem unabdingbar, dass die OKP auch Migel-Produkte entschädigt, welche direkt im europäischen Ausland (z.B. online) erworben werden – allenfalls in Analogie zu den Hörgeräten im Bereich der Invalidenversicherung.
Stellungnahme des Bundesrats vom 10.6.2016
Für Leistungen aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP), worunter auch die Mittel und Gegenstände fallen, gilt das Territorialitätsprinzip. Das bedeutet: Es werden grundsätzlich nur jene Leistungen übernommen, die in der Schweiz erbracht werden. Der Bundesrat kann bestimmen, dass die OKP die Kosten von Leistungen nach den Artikeln 25 Abs. 2 oder 29 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) übernimmt, die aus medizinischen Gründen im Ausland erbracht werden (Art. 34 Abs. 2 KVG). Ausnahmen vom Territorialitätsprinzip bilden demnach nur Leistungen, die in der Schweiz nicht erbracht werden können, Notfallbehandlungen und spezielle Entbindungen (Art. 36 Abs. 1–3 der Verordnung über die Krankenversicherung, KVV; SR 832.102). Eine weitere Ausnahme ist in Artikel 36a KVV für die befristeten Pilotprojekte zur Kostenübernahme von Leistungen im Ausland vorgesehen. Solche Verträge dürfen nur mit Leistungserbringern aus den ausländischen Grenzgebieten abgeschlossen und müssen vom Eidgenössischen Departement des Innern bewilligt werden. Aktuell gibt es drei kantonale Pilotprojekte mit Kliniken in Deutschland und
dem Fürstentum Liechtenstein. Die Pilotprojekte sind befristet bis Ende 2018 respektive 2019. Diesbezüglich ist auf die Botschaft vom 18. November 2015 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung betreffend Anpassung von Bestimmungen mit internationalem Bezug (15.078; BBl 2016, 1 ff.) hinzuweisen. Unter anderem soll eine formell-gesetzliche Grundlage für grenzüberschreitende Kooperation in grenznahen Gebieten im KVG verankert werden (im Nachgang zu den vorerwähnten Pilotprojekten gemäss Art. 36a KVV). Trotzdem wird aber das Territorialitätsprinzip weiterhin als wichtiger Grundsatz in der schweizerischen Krankenversicherung bestätigt und auch weiterhin lediglich im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gelockert. In der Liste der Mittel und Gegenstände (Migel) werden ferner nur Produkte geführt, die von den Patienten selbst oder mithilfe von nicht beruflich an der Untersuchung oder Behandlung mitwirkenden Personen angewendet werden können. Die Migel führt generische Produktebeschreibungen, und in den diesbezüglich aufgeführten Höchstvergütungsbeträgen (HVB) sind auch Serviceleis-
tungen wie zum Beispiel Instruktion, Beratung, Anpassung und Notfallleistungen enthalten. Die Abgabestellen haben eine Verantwortung hinsichtlich Abgabe geeigneter Produkte, Gewährleistung der Qualität sowie Instruktion der Patienten. Bei einem Erwerb der Mittel und Gegenstände im Ausland können weder persönliche Anpassungen noch Anwendungsinstruktionen durch den Leistungserbringer sichergestellt werden. Auch deshalb gelten die Voraussetzungen, dass die Abgabestellen nach Artikel 55 KVV nach kantonalem Recht zugelassen sind und einen Vertrag mit den Versicherern haben. Dennoch gibt es in diesem Bereich auch Produkte, die ohne grössere Risiken betreffend Qualität und richtigen Einsatz im Ausland beziehbar sind. Jedoch muss bei neu aufgetretenen Krankheitssituationen auch bei diesen eine Beratung und rasche Versorgung innerhalb der Schweiz möglich sein. Wie der Bundesrat in seinen Stellungnahmen zu den Motionen 16.3069 und 16.3166 ausgeführt hat, liegen die Höchstvergütungsbeiträge (HVB) der auf der Migel aufgeführten Produkte nach einer vom Bundesamt für Gesundheit in Auftrag gegebenen Analyse bei seit Längerem nicht angepassten Positionen nicht systematisch höher
als die Auslandspreise (einbezogen die Preise von Dänemark, Grossbritannien, Deutschland, den Niederlanden, Österreich und Frankreich). Nur bei wenigen Produktegruppen überschreiten die HVB die Auslandpreise. Im Rahmen der Revision der Migel können auch die unterschiedlichen Situationen von international frei handelbaren Produkten mit wenig Instruktionsbedarf und solchen mit höherem Anteil an Beratung, Anpassung und Serviceleistungen berücksichtigt und dementsprechend die Auslandpreise in der Festlegung der HVB entsprechend gewichtet werden. Der Bundesrat lehnt daher die Einführung einer generellen Vergütungspflicht für von den Versicherten selbst im Ausland erworbene Mittel und Gegenstände ab. Der Bundesrat ist jedoch bereit, im Rahmen der Revision der Migel eine Differenzierung nach Produkten, die im Ausland bezogen werden können, und solchen, bei denen dies nicht möglich ist, zu prüfen, dem Parlament Bericht zu erstatten und allenfalls eine entsprechende Anpassung des KVG vorzuschlagen.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
ARS MEDICI 20 I 2016
897