Transkript
ARGUS PHARMAKOTHERAPIE
COPD: Umeclidinium und Tiotropium im Vergleich
(patient-reported outcomes) wurden mit bekannten Messinstrumenten wie dem Transition Dyspnea Index (TDI), dem St. George’s Respiratory Questionnaire (SGRQ) und dem COPD Assessment Test (CAT) erfasst.
Muskarinantagonisten sind ein wichtiger Bestandteil der bronchodilatatorischen Therapie bei COPD. Eine Studie konnte nun zeigen, dass Umeclidinium nicht nur genauso wirksam ist wie Tiotropium, sondern bei längerer Gabe sogar wirksamer bezüglich FEV1.
Gemäss Schätzungen der WHO leiden weltweit 65 Millionen Menschen an einer moderaten bis schweren COPD. Im Jahr 2005 war bei über 3 Millionen Menschen eine COPD die Todesursache. Bis ins Jahr 2030 soll sie sogar die dritthäufigste Todesursache weltweit sein. Bronchodilatatoren spielen bei der Behandlung der COPD eine zentrale Rolle. Anticholinergika wie die lang wirkenden, spezifischen Antimuskarinika (LAMA) verbessern bei einer stabilen COPD die Lungenfunktion, reduzieren die COPDspezifischen Symptome und verringern das Auftreten von Exazerbationen. Lange Zeit waren Ipratropium (Atrovent®) und die Nachfolgesubstanz Tiotropium (Spiriva®) die einzigen für die Behandlung der COPD zugelassenen Antimuskarinika. Andere Medikamente aus der gleichen Stoffklasse wie Aclidinium (Eklira®Genuair®), Glycopyrronium (Seebri®Breezhaler®) und Umeclidinium (Incruse®Ellipta®) wurden in den letzten Jahren auch in der Schweiz zugelassen. Bis dato existieren Studien, welche für Aclidinium und Glycopyrronium eine ähnliche Wirksamkeit wie Tiotropium zeigen. Nun ergab eine kürzlich publizierte Studie, dass auch Umeclidinium bei der Behandlung von Patienten mit moderater bis schwerer COPD dem Tiotropium nicht unterlegen ist. Darüber hinaus zeigte sich, dass Umeclidinium bei längerer Anwendungsdauer sogar wirksamer als Tiotropium war. Massgebend hierfür war der FEV1-Tiefstwert am 85. Tag nach Behandlungsbeginn.
Studiendesign
Die Studie wurde als randomisierte, «doubledummy» Blind- und Parallelstudie angelegt und in zwölf Ländern auf fünf verschiedenen Kontinenten mit insgesamt 1017 Patienten durchgeführt. Auf den ersten Besuch der Teilnehmer in einem der Studienzentren folgte eine 7- bis 14-tägige Run-in-Periode. Die Randomisierung und die Zuteilung in zwei Studienpopulationen erfolgten nach
der zweiten Kontrolle. Einschlusskriterien waren eine gemäss den Guidelines der amerikanischen beziehungsweise europäischen Fachgesellschaft (Amercian Thoracic Society, ATS, European Respiratory Society, ERS) diagnostizierte COPD, ein Alter von ≥ 40 Jahren, aktueller oder ehemaliger Zigarettenkonsum von ≥ 10 Packungsjahren, ein Tiffenau-Index (FEV1/FVC) von weniger als 70 Prozent vor beziehungsweise nach Albuterol/Salbutamol-Inhalation (Ventolin®) sowie eine im Vergleich zu den Normalwerten um 30 bis 70 Prozent reduzierte Erstsekundenkapazität (FEV1) nach Albuterol/ Salbutamol-Inhalation. Zudem wiesen die Patienten anlässlich der ersten Kontrolle gemäss Modified Medical Research Council Dyspnea Scale (mMRC) einen Score von ≥ 2 auf. In der einen Studienpopulation (n = 509) wurde Umeclidinium 62,5 µg einmal täglich als Trockenpulver über den ELLIPTA®Inhaler sowie ein Plazebopulver in Kapselform über den HandiHaler® verabreicht. In der anderen Studiengruppe (n = 508) erfolgte die Therapie mit 18 µg Tiotropium einmal täglich als Kapsel über den HandiHaler® sowie mit einem Plazebopulver über den ELLIPTA®-Inhaler (double-dummy). Als Notfallmedikament stand Albuterol/ Salbutamol zur Verfügung. Primärer Endpunkt war der FEV1-Tiefstwert am 85. Tag der Behandlung, wobei dieser als Mittelwert aus den Messwerten 23 beziehungsweise 24 Stunden nach der Inhalation am Tag 84 definiert wurde. Hierfür wurde nur die Per-Protocol-Population (n = 976) berücksichtigt. Für weitere Analysen wurden die Messergebnisse der gesamten Intent-to-treat-Population (n = 1017) ausgewertet: der FEV1-Tiefstwert und die forcierte Vitalkapazität (FVC) am 2., 28., 56., 84. und 85. Tag der Behandlung sowie der gewichtete Mittelwert der Erstsekundenkapazität (WM FEV1) 0 bis 12, 12 bis 24 und 0 bis 24 Stunden nach Inhalation der Medikamente. Die Patienteneinschätzungen
Resultate
Beide Behandlungen führten zu klinisch relevanten Verbesserungen, wobei sich hinsichtlich TDI, SGRQ und CAT keine Unterschiede feststellen liessen. Bezüglich des definierten primären Endpunkts FEV1 konnte bei der Per-ProtocolPopulation für Umeclidinium aber nicht nur die Nichtunterlegenheit, sondern auch eine bessere Wirksamkeit im Vergleich zu Tiotropium festgestellt werden. Eine statistisch signifikante Verbesserung des FEV1Tiefstwerts trat interessanterweise erst ab dem 28. Tag der Behandlung auf, und wie es scheint, wirkt Umeclidinium insbesondere in der zweiten Hälfte des 24-Stunden-Dosierungsintervalls besser als Tiotropium. Die Inzidenz der Nebenwirkungen war für beide Medikamente gleich. Es kam in erster Linie zu Kopfschmerzen oder Nasopharyngitiden. Erstmals konnte gezeigt werden, dass Umeclidinium im Vergleich zu Tiotropium (beide 1-mal täglich verabreicht) nicht schlechter, sondern nach länger dauernden Gabe und in der zweiten Tageshälfte sogar wirksamer ist. Die Studiendauer erlaubt jedoch keine Aussage darüber, ob es Unterschiede in der Exazerbationsrate zwischen beiden Substanzen gibt. Aufgrund der Unterschiede in der Applikation der beiden Medikamente ist es offen, ob es sich bei den beobachteten Unterschieden um pharmakologische Effekte der Substanzen an sich handelt oder ob diese auf die unterschiedlichen Inhalatoren zurückzuführen sind, welche die Inhalationstechnik und/oder die Substanzabsorption in der Lunge möglicherweise beeinflussen. O
Marianne I. Knecht
Quelle: Feldman G et al.: A randomized, blinded study to evaluate the efficacy and safety of umeclidinium 62.5 µg compared with tiotropium 18 µg in patients with COPD. Int J COPD 2016; 11: 719–730.
Interessenlage: Die Studie wurde von GlaxoSmithKline (GSK) finanziert. Einer der Studienautoren ist Inhaber eines von den Canadian Insitutes of Health Research (CIRH) und GSK finanzierten Lehrstuhls; er erhielt, wie weitere Studienautoren, Honorare für Vorträge und Beiratstätigkeiten von mehreren Firmen. Vier der Autoren sind Angestellte von GSK.
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ARS MEDICI 19 I 2016