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So erkennen und behandeln Sie diabetische Hautveränderungen
Münchner Diabetessymposium widmet sich dermatologischen Folgeerkrankungen
BERICHT
Bei 30 bis 70 Prozent aller Menschen mit Diabetes mellitus treten im Krank- W/O-(Wasser-in-Öl-)Emulsionen sind
heitsverlauf pathologische Hautveränderungen auf. An einem Symposium im Rahmen der Fortbildungsveranstaltung «Innere Medizin fachübergreifend –
zu empfehlen, da sie die Haut mit Feuchtigkeit versorgen. Zusätze von Harnstoff erhöhen die Wasserbin-
Diabetologie grenzenlos» wurden die wichtigsten Punkte hierzu erläutert. dungsfähigkeit der Haut. Bei ausge-
prägtem Juckreiz können topisch auf-
Claudia Borchard-Tuch
getragene Glukokortikoide vorübergehend Linderung verschaffen.
Die diabetische Dermopathie ist eine
Hautveränderungen bei Diabetes melli- soll. Eine Lipohypertrophie kann ent- Pigmentierungsstörung, die meistens
tus kommen häufig vor. Die Pathome- stehen, wenn ein Patient seine Injek- an den Schienbeinen, manchmal auch
chanismen sind vielfältig und noch tionen immer wieder in den gleichen an Unterarmen und Füssen auftritt. An
nicht für alle diabetischen Hauterkran- Regionen setzt. Es handelt sich um den betroffenen Stellen zeigen sich
kungen geklärt. «Es kann sich um gummiartige und auch harte oder nar- schmerzlose, rötliche bis braune, rund-
allergische Reaktionen auf Antidiabe- benähnliche Schwellungen im subkuta- liche Atrophien. Histologisch finden
tika handeln», erklärte Dr. med. Dipl. nen Gewebe. Ursache sind vor allem sich Hyalineinlagerungen in den der-
malen Gefässen. An der Entstehung
Um eine Insulinatrophie zu vermeiden, ist es empfehlenswert, den Ort der Einstichstelle ständig zu verändern und ggf. die Insulinart zu wechseln.
sollen Mikroangio- und Neuropathie beteiligt sein. Angaben zur Prävalenz der diabetischen Dermopathie schwan-
ken stark und liegen zwischen 10 bis
chem. Alexander Konstantinow, Mün- wachsende Fettzellen. Die Lipohyper- 70 Prozent der Diabetespatienten. Die
chen. Besonders häufig treten allergi- trophie hat Folgen für den Stoffwech- Erkrankung tritt häufiger bei Män-
sche Reaktionen auf Sulfonylharn- sel: Das in die Bereiche gespritzte Insu- nern, älteren Patienten und bei zuneh-
stoffe oder Metformin auf. Auch Ver- lin wird weitaus langsamer resorbiert mender Diabetesdauer auf, kann sich
zögerungssubstanzen wie Protamin oder als aus gesundem Gewebe. Infolgedes- aber auch bei Nichtdiabetikern zeigen.
gewisse Additiva können Allergien ver- sen kann es zu Blutzuckerschwankun- Wirksame Therapien sind nicht be-
ursachen. Insulin selbst kann Haut- gen kommen.
kannt und nicht erforderlich. Gelegent-
reaktionen auslösen. Allergische Reak-
tionen können auch durch Süssstoffe Diabetes mellitus kann auch mit Pigmentstörungen einhergehen.
wie Cyclamat, Aspartam oder Benzos-
ulfimid ausgelöst werden.
Die Insulinatrophie ist eine eher seltene Hautveränderungen können auch als lich bilden sich die Hyperpigmen-
Nebenwirkung, welche sich in den ers- direkte Folge der Grunderkrankung tierungen von selbst zurück. Einige
ten zwei Jahren nach Therapiebeginn auftreten. Ursachen sind Mikroangio- Experten betrachten die diabetische
manifestiert. An der Einstichstelle kommt pathie, Neuropathie und Glykierung. Dermopathie als Marker für weitere
es zu einer umschriebenen Fettgewebs- Schweissdrüseninsuffizienz und Poly- diabetische Folgeerkrankungen.
atrophie. Es zeigen sich keine entzünd- urie führen zu Hauttrockenheit. Die
lichen Reaktionen. Um eine Insulin- Talgproduktion ist vermindert. Die tro- Auch Bindegewebe
atrophie zu vermeiden, ist es empfeh- ckene Haut führt bei Diabetespatienten und Gelenke betroffen
lenswert, den Ort der Einstichstelle häufig zu Juckreiz; 20 bis 40 Prozent Beim diabetischen Sklerödem Buschke
ständig zu verändern und gegebenen- aller Patienten leiden daran. Besonders handelt es sich um eine eher seltene
falls die Insulinart zu wechseln.
häufig sind die Extremitäten betroffen. Bindegewebserkrankung. Etwa 20 bis
Der Referent ging nicht auf die Lipo- Kratzen verstärkt die Beschwerden. 30 Prozent der Patienten sind Typ-2-
hypertrophie ein, die an dieser Stelle je- Um Juckreiz, Kratzen und kutane Diabetiker, wobei sie zumeist älter und
doch als recht häufige Nebenwirkung Folgeerkrankungen zu vermeiden, ist männlichen Geschlechts sind. Es fin-
von Insulininjektionen erwähnt werden eine konsequente Hautpflege wichtig. det sich eine Kollagenvermehrung mit
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Dystrophie, lymphohistiozytären Infiltraten und Muzinablagerungen. In der Dermis kommt es zu einem schmerzlosen, wachsartigen Umbau. Zunächst ist der Hals betroffen, später sind es das Gesicht, der Thorax, die Arme, die Handflächen und schliesslich die Finger. Die Haut ist verdickt, die Gelenkmobilität eingeschränkt. Schliesslich treten Kontrakturen auf. Eine PUVA(Psoralen-plus-UV-A-)Therapie verbessert bei den meisten Patienten die Beschwerden, wobei es notwendig ist, diese Therapie in regelmässigen Abständen zu wiederholen. Mit Cheiropathie, auch Cheiroarthropathie oder «limited joint mobility» genannt, wird eine krankhafte Einschränkung der Beweglichkeit vor
Diabetisches Fusssyndrom
Als Spätfolge eines Diabetes mellitus kommt es zum diabetischen Fusssyndrom. Etwa 3 Prozent aller Diabetiker haben Fussulzera. Das diabetische Fusssyndrom ist die häufigste Ursache für eine Amputation. Zugrunde liegen die Makroangiopathie und die Neuropathie. Infolge des Diabetes mellitus kommt es zu einer Arteriosklerose der Unterschenkelarterien und der Arteria femoralis profunda. Als Folge einer Schädigung des Gefässendothels durch Glykierung entwickelt sich eine Hyperkoagulabilität. Bei zwei Dritteln der Diabetiker entsteht eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK). Die Ischämie bleibt infolge der diabetischen sensorischen Neuropathie häufig län-
Bei konsequenter Behandlung kann die Amputationsrate um bis zu 80 Prozent gesenkt werden.
allem der Finger- und Handgelenke bezeichnet. Langfristig erhöhte Blutzuckerspiegel fördern die Bildung von AGE (advanced glycation end products). Es kommt zu einer Glykosilierung des Kollagens und zu Störungen der Kollagensynthese. Muzin wird abgelagert, und es finden sich verdickte Kollagenschollen. Die Haut verdickt sich wachsartig, vor allem an Fingern, Handflächen, Unterarmen und Oberschenkeln. Die Gelenkmobilität ist eingeschränkt. Eine Cheiropathie kann einem Diabetes vorausgehen, so Konstantinow. Die Risiken für eine Retinopathie und eine Neuropathie sind erhöht.
gere Zeit unbemerkt. Bei autonomer Neuropathie mit Autosympathektomie erweitern sich die Gefässe, sodass die Haut warm ist. Arteriovenöse (AV) Shunts mit Unterversorgung der Endstrombahnen, Neuroosteoarthropathien mit Fussdeformitäten (Plattfuss, Krallenzehe) oder Rückbildung und Verlagerung der Fettschicht im Vorfussbereich fördern ebenfalls die Entstehung eines diabetischen Fusssyndroms. Es kommt zunächst zu Kallusbildung, dann zu subkutaner Einblutung und schliesslich zur Ulzerierung der Haut. Die Gefahr für eine tiefe Fussinfektion mit Osteomyelitis besteht. Sehr häufig sind die Erreger
Staphylococcus aureus, Escherichia coli
oder Pseudomonas aeruginosa. Ober-
flächliche Spezies sind oft wenig rele-
vant. Daher sollten tiefe Abstriche
durchgeführt werden. Eventuell ist auch
eine Probeexzision erforderlich, zum
Beispiel bei Verdacht auf einen MRSA-
Keim (methicillinresistenter Staphylo-
coccus aureus).
Der Therapie kommt eine besondere
Bedeutung zu. Bei konsequenter Be-
handlung in interdisziplinären Zentren
mit Ausschöpfung aller Möglichkeiten
zur Revaskularisierung kann die Am-
putationsrate um bis zu 80 Prozent ge-
senkt werden. Die arterielle Rekon-
struktion kann zur Revaskularisierung
der Unterschenkelarterien führen.
Im Vordergrund stehen fast immer eine
Nekrose und eine Infektion. Es ist eine
stadiengerechte feuchte Wundbehand-
lung indiziert. Bei Gangrän muss ein
radikales chirurgisches Débridement
durchgeführt werden. Der Patient muss
einen Vakuumverband (Unterdruck-
wundverband) erhalten. Es sollte eine
sorgfältige Fusspflege durchgeführt
werden mit Behandlung von Nagelmy-
kosen und Hornhautschwielen. Durch
das Tragen von Spezialschuhen kommt
es zur Druckentlastung der Wunde.
Fussdeformitäten und Fettpolsterrück-
bildung können durch chirurgische Ge-
lenkrekonstruktion und Fetttransplan-
tation behandelt werden.
O
Claudia Borchard-Tuch
Quelle: Symposium «Diabetes und Dermatologie» im Rahmen der Fortbildungsveranstaltung «Innere Medizin fachübergreifend – Diabetologie grenzenlos», München, 19. Februar 2016.
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