Transkript
POLITFORUM
Xundheit in Bärn
MOTION vom 9.6.2016
Keine Prämienerhöhungen für Präventionsprogramme
Sebastian Frehner Nationalrat SVP Kanton Basel-Stadt
Der Bundesrat wird aufgefordert, auf weitere Prämienzuschläge zu Präventionszwecken zu verzichten. Die Finanzierung neuer Projekte und Präventionsfelder soll durch die Streichung alter und unnötiger Tätigkeiten kompensiert werden.
Begründung Obschon bereits die heutigen Präventionstätigkeiten des BAG und anderer staatlich finanzierter Gesundheitsakteure in der Kritik stehen, möchte der Bundesrat den Beitrag für die allgemeine Krankheitsverhütung, der über einen KVG-Prämienzuschlag erhoben wird, verdoppeln. Es werden immer mehr Aktivitäten aufgebaut, selten aber abgebaut. Zudem hat die staatliche Präventionstätigkeit die offensichtliche Tendenz, auf die
persönlichen Einstellungen, Lebenswelten und den individuellen Lebensstil Einfluss geltend machen zu wollen. Immer mehr Bereiche kommen dadurch unter staatliche Kontrolle, werden überwacht und ge- respektive besteuert. Dies widerspricht dem Subsidiaritätsprinzip und einer freiheitlichen Ordnungspolitik. In den meisten Fällen fehlt darüber hinaus eine Abschätzung der Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen. Es scheint so, dass damit nur
der Bürokratieapparat und der Einfluss der Gesundheitsfunktionäre ausgebaut werden sollen. Ein eigentliches Präventionsgesetz wurde vom Parlament jedoch abgelehnt. Diesen Bereich nun doch weiter mit Prämienerhöhungen ausbauen zu wollen, ist daher ein Affront gegenüber dem Parlament und gegenüber den Prämienzahlern. Die Wahlfreiheit als Alternative zur Bevormundung der mündigen Bürger muss hochgehalten werden.
MOTION vom 16.6.2016
Innovationshemmende und rechtsstaatlich fragwürdige Tarife verändern – Einführung der Vertragsfreiheit bei Labortarifen
Alex Kupprecht Nationalrat SVP Kanton Schwyz
Der Bundesrat wird beauftragt, Artikel 52 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) so zu ändern, dass die Tarife von Analysen durch medizinische Labors künftig – analog Tarmed und DRG – durch die Tarifpartner verhandelt werden. Ein Vertragszwang im Laborbereich ist aufzuheben.
Begründung Das Tarif- und Preisbildungssystem im schweizerischen Gesundheitswesen ist heterogen und unübersichtlich. Während die kostenintensivsten Tarife wie Tarmed und DRG in Verhandlungen zwischen den Tarifpartnern ermittelt werden, legt der Staat die Arzneimittelpreise auf Gesuch hin in der Spezialitätenliste fest, wobei immerhin noch ein Rechtsmittel möglich ist. Im Bereich der Labormedizin werden Tarife einseitig und ohne Rekursmöglichkeiten in einer Verordnung, der Analysenliste, festgelegt, was rechtsstaatlich fragwürdig ist.
Die Gründe hierfür sind unklar. Ausserdem nehmen Anpassungen der Analysenliste sehr viel Zeit in Anspruch, was sich innovationsfeindlich auswirkt. Nach eigenen Angaben des Bundesamtes für Gesundheit beansprucht dies durchschnittlich 22 Monate. Obwohl die Laboranalysen nur einen relativ geringen Teil der gesamten Gesundheitskosten ausmachen, haben sie hohen Einfluss auf Qualität und Kosten der nachfolgenden Leistungen. Analysen auf dem neusten medizinischen Stand tragen in erheblichem Masse dazu bei, unnötige und falsche The-
rapien zu verhindern. Seit vielen Jahren versucht der Verordnungsgeber, die Analysenliste total zu revidieren, definitive Resultate liegen aber bis heute nicht vor. Da auch bei der Mittel- und Gegenständeliste (MiGel) seit Jahren Handlungsbedarf im Sinne einer Totalrevision besteht, könnte die Rechtsnatur beider Tarife zusammen geändert werden. Aus verschiedenen Gesprächen ist mir bekannt, dass mehrere Organisationen, darunter vor allem der Verband der medizinischen Laboratorien der Schweiz (FAMH), eine Änderung sehr begrüssen würden.
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ARS MEDICI 16 I 2016
POLITFORUM
INTERPELLATION vom 26.4.2016
Arbeitsunfähigkeitszeugnisse: Eine «fit note» als zukunftsweisendes Instrument für die Verbesserung der beruflichen Eingliederung?
Interpellation eingereicht von der Fraktion der BDP
Der Bundesrat legte in seiner Vernehmlassungsvorlage für eine weitere Teilrevision des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung dar, dass künftig die Arbeitsunfähigkeitszeugnisse weg von «intransparenten Krankschreibungszeugnissen» hin zu ressourcenorientierten Arztzeugnissen entwickelt werden sollten. Der Vorteil würde darin liegen, dass nicht mehr ein wochenlanges, für den Arbeitgeber intransparentes Fernbleiben vom Arbeitsplatz im Zentrum stehen sollte. Vielmehr sollte durch den Arzt abgestimmt auf das berufliche Umfeld beurteilt werden, welche Tätigkeiten in welchem Umfang der Patient
während einer Phase mit einer gesundheitlichen Einschränkung machen kann. Der Bundesrat verspricht sich davon eine Verbesserung der Chancen für die Erhaltung der Arbeitsmarktfähigkeit von Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, weil der Grundsatz der Früherkennung gilt: «Je früher die richtigen Massnahmen eingeleitet werden, desto besser die Erfolgschancen».
Fragen: 1.Inwiefern könnte ein solcher
Systemwechsel weg von intransparenten Arbeitsunfähigkeitszeugnissen hin zu ressourcenorientierten Arztberichten die berufliche Eingliederung von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen fördern?
2.Gesetzliche Anpassungen stehen gemäss Bericht zur Vernehmlassungsvorlage nicht im Vordergrund. Mit welchen Massnahmen will der Bundesrat die sinnvolle Idee der «fit-note» voranbringen?
3.Wie will er die Ärzteschaft motivieren, sich künftig die Zeit zu nehmen, anstelle eines summarischen Arbeitsunfähigkeitszeugnisses mit dem Patienten das notwendige Gespräch zu führen und gestützt darauf ein ressourcenorientiertes Zeugnis zu verfassen, das dem Arbeitgeber einen möglichst raschen und angepassten Einsatz des Mitarbeiters ermöglicht?
4. Aus der Arbeitgeberschaft gibt es seit Jahren Klagen betreffend die Zunahme des Phänomens
«kaum gekündigt und schon krank». Sieht der Bundesrat auch diesbezüglich ein Potenzial zur Verbesserung der Situation? 5.In Arbeitgeberkreisen ist das Thema seit Jahren virulent. Erste regionale Ansätze in Richtung «ressourcenorientierte Arztberichte» gibt es beispielsweise in der Ostschweiz. Könnten diese Bestrebungen allenfalls Modellcharakter haben? 6.Der Bundesrat muss aufgrund eines Postulats eine nationale Konferenz zur Eingliederung von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen planen. Sind dazu alle relevanten Akteure, insbesondere auch die Ärzteschaft, eingeladen?
Antwort des Bundesrats vom 6.7.2016
Das ressourcenorientierte Arbeitsunfähigkeitszeugnis respektive die sogenannte «fit note» dient in erster Linie dazu, dem Arbeitgeber wie auch der erkrankten Person über den Beginn, die Dauer und den Grad der Arbeitsunfähigkeit, bezogen auf den bestehenden Arbeitsplatz Auskunft zu geben sowie zusätzlich über die funktionellen Auswirkungen der gesundheitlichen Einschränkung der Person und die verbleibenden Ressourcen zu orientieren. Die «fit note» liegt aber auch im Interesse der Invalidenversicherung (IV), welche ihr Abklärungsverfahren im Nachgang zum wegweisenden Urteil des Bundesgerichts vom 3. Juni 2015 konsequent offen und ressourcenorientiert ausrichtet. 1. Der Erhalt des bisherigen Arbeitsplatzes oder die Eingliederung an einem neuen Arbeitsplatz werden rascher und gezielter unterstützt, wenn die Ressourcen und Möglichkeiten der einzugliedernden Person hinreichend abgeklärt und bekannt sind. Je frü-
her dies bekannt ist, desto hilfreicher ist es. 2./3. Eine gesetzliche Regelung für eine «fite note» ist in der Weiterentwicklung der IV nicht vorgesehen, da diese nicht in der Kompetenz der IV liegt, weil das Erstellen von Arbeitsunfähigkeitszeugnissen primär zuhanden des Arbeitgebers vor einem möglichen Abklärungsverfahren der IV erfolgt. Im Rahmen der Weiterentwicklung der IV werden jedoch Grundlagen erarbeitet, wie die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber, den behandelnden Ärztinnen und Ärzten und den IV-Stellen verbessert werden kann. In diesem Zusammenhang ist die Optimierung der Kommunikation und die Instrumente wie zum Beispiel die «fit note» ein prioritäres Thema, damit auch die IV rascher und gezieltere Informationen als heute zu Beginn ihrer Arbeit bekommt. Seit dem 1. Januar 2015 ist die fallunabhängige Sensibilisierung der Arbeitgeber und behandelnden Ärztinnen und Ärzte in die Weisungen
des Bundesamtes für Sozialversicherungen aufgenommen. Die IV organisierte mehrere Informationsveranstaltungen zur Sensibilisierung der Ärzteschaft und Arbeitgeber bezüglich engerer Zusammenarbeit und versicherungsrechtlichen Themen, gerade im Hinblick auf die Eingliederung der von Invalidität bedrohten Personen. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte können bereits heute die Zeit, die sie für das Erstellen von Arztberichten zuhanden der IV brauchen, verrechnen. 4. Es gibt auf Stufe Bund keine Erhebungen zu diesem Thema. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass es Missbräuche geben kann. Diese müssen jedoch im konkreten Einzelfall abgeklärt werden. Der Arbeitnehmende muss seine Arbeitsunfähigkeit insbesondere anhand eines Arztzeugnisses belegen. Der Arbeitgeber kann seinerseits anhand aller ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel aufzeigen, dass eine Arbeitsunfähigkeit nicht gegeben ist. Vor allem kann er eine Untersuchung bei einem Vertrauensarzt verlan-
gen, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt. Schliesslich kann ein unwahres Arztzeugnis strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Es gibt somit Möglichkeiten, um gegen allfällige Missbräuche vorzugehen. Auf gesetzlicher Ebene besteht kein Handlungsbedarf. 5. Diese Bestrebungen können Modellcharakter haben. So verweist die Interessengemeinschaft Versicherungsmedizin Schweiz (SIM) auf ihrer Website auf ein detailliertes Arbeitsunfähigkeitszeugnis für den Arbeitgeber, welches inhaltlich mit jenem aus der Ostschweiz identisch ist. Der Verein Compasso unter dem Patronat des schweizerischen Arbeitgeberverbandes widmetsichaktuellebenfallsderThematik «Zusammenarbeit mit Ärzten». 6. Vertreter der Ärzteschaft sind an diese Konferenz eingeladen wie auch die anderen in die berufliche Eingliederung involvierten Partner, so insbesondere die Arbeitgebervertreter, die Gewerkschaften, die Behindertenorganisationen, die Versicherer und die kantonalen Instanzen für Bildung, Soziales und Wirtschaft.
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