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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Infektiologie
Hilft ASS bei Sepsis?
Man weiss aus In-vitro-Experimenten und Tierversuchen, dass Azetylsalizylsäure (ASS) einen positiven Effekt bei St.-aureus-Sepsis entfalten könnte. Die Ergebnisse der weltweit erste Untersuchung mit Patientendaten des Universitätsspitals Basel weist in die gleiche Richtung. In die retrospektive Studie wurden die Daten von 314 Patienten mit St.-aureusund 268 Patienten mit E.-coli-Sepsis einbezogen. Jeweils die Hälfte der Patienten nahm zum Zeitpunkt der Sepsis niedrig dosierte ASS (< 300 mg/Tag). Man konnte die Eigenschaften der Patienten mit oder ohne ASS jeweils passend bezüglich der gängigen Confounder, wie beispielsweise Alter und Geschlecht, zuordnen – mit einer Ausnahme: In der ASS-Gruppe nahmen mehr Patienten auch ein Statin. Von den Patienten mit St.-aureus-Sepsis waren nach 30 Tagen 12,1 Prozent derjenigen mit ASS verstorben und 27,4 Prozent der Patienten ohne ASS. Unter Berücksichtigung aller Patienten und des Propensity Score (d.h. der Tatsache, dass manche Patienten eine bestimmte Therapie aufgrund bestimmter Vorbedingungen erhalten, was die direkte Vergleichbarkeit verschiedener Patienten erschwert) errechnete man ein etwa halb so hohes Todesrisiko für die St.aureus-Sepsis-Patienten mit ASS (Hazard Ratio: 0,58; 95%-Konfidenzintervall: 0,34–0,98; p = 0,04). Anders bei den Patienten mit E.-coliSepsis: Bei ihnen fand sich kein ASS-Effekt (Hazard ratio: 0,78; 95%-Konfidenzintervall: 0,40–1,55; p = 0,8). Studienleiter Dr. Michael Osthoff, Oberarzt Infektiologie und Spitalhygiene am Universitätsspital Basel, interpretiert das Resultat so: «Die Studie rückt einen bis anhin nicht ausreichend untersuchten therapeutischen Ansatz für S.-aureus-Blutvergiftungen in den Fokus, welcher die Therapie dieser schweren Infektion verbessern könnte.» Ob Patientinnen und Patienten mit einer solchen Blutvergiftung effektiv von einer ASS-Therapie profitieren könnten, müsse nun in einer klinischen Interventionsstudie untersucht werden. Daher sei es sicher noch zu früh, diese Therapie routinemässig zu empfehlen, heisst es in einer Pressemitteilung des Universitätsspitals Basel. RBOO Osthoff M et al.: Low-dose acetylsalicylic acid treatment and impact on short-term mortality in Staphylococcus aureus bloodstream infection: a propensity score-matched cohort study. Crit Care Med 2016; 44 (4): 773–781. Diabetes Tipps fürs Wandern mit Diabetes Diabetespatienten sollten beim Wandern ein Auge auf ihre Blutzuckerwerte haben. In einer Pressemitteilung gibt die «Deutsche Diabetes Hilfe» praktische Tipps für Wandertouren mit Diabetes. Während und nach dem Wandern können kurzfristig starke Blutzuckerabsenkungen auftreten. Um Unterzuckerungen frühzeitig zu erkennen, sollten Diabetespatienten ihre Blutzuckerwerte sorgfältig kontrollieren: «Es ist ratsam, den Blutzucker vor jeder sportlichen Betätigung zu messen. Der gemessene Wert sollte zwischen 150 und 180 mg/dl liegen, um eine Art Sicherheitspuffer für die blutzuckersenkende Wirkung von Bewegung zu haben. Generell sollte eher mit einem erhöhten Blutzucker als mit einem zu niedrigen gestartet werden», empfiehlt Dr. Stephan Kress, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Sport der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Wenn Wanderer schon mit niedrigen Blutzuckerwerten gestartet sind, emp- fiehlt der Diabetologe, nach einer halben Stunde eine Bewegungsbroteinheit einzunehmen. Alternativ kann man schon vor der Bewegung die Insulindosis reduzieren. «Dies sollten Patienten aber zuvor im Rahmen einer Diabetesschulung lernen, es erfordert Wissen und Können», betont Kress. Auch während des Wanderns empfiehlt der Diabetologe, den Blutzucker etwa alle ein bis zwei Stunden zu überprüfen. Dabei lernt der Betroffene, wie sich sein Blutzucker in dieser Situation verhält. Diese Erfahrungen helfen bei zukünftigen Fussmärschen: «Haben Sie eine gemütliche Wanderung gemacht, bedeuten Schwitzen oder Herzjagen meist eine Unterzuckerung. Haben Sie sich ins Zeug gelegt und körperlich stark belastet, können Herzklopfen und Schwitzen auf eine starke Belastung hindeuten.» Bei den ersten Anzeichen einer Unterzuckerung gilt es, schnell zu reagieren. Dabei sollte immer der Grundsatz «erst essen, dann messen» gelten. Traubenzucker und langsam ins Blut gehende Kohlenhydrate wie Vollkornbrot dürfen in keinem Wanderrucksack fehlen. Lange Wandertouren können den Blutzucker aber auch in die Höhe treiben. Bei Diabetes Typ 1 ist dies Folge einer nicht ausreichenden Insulinversorgung des Körpers. «Die Zellen können nach körperlicher Anstrengung nicht mehr genügend Zucker aufnehmen», erläutert Kress. Um diesen Energiemangel auszugleichen, baut der Körper Fettgewebe ab. Das Blut übersäuert, und der Körper schüttet Stresshormone aus, die den Blutzuckerspiegel erhöhen – es gilt, eine Ketoazidose abzuwehren. Bei Menschen mit Diabetes Typ 2 ist ein Blutzuckeranstieg meist Ausdruck einer Überanstrengung und wird durch Stresshormone ausgelöst. «Sind die Blutzuckerwerte in einem Bereich über 250 mg/dl, sollten Menschen mit Diabetes sich nicht stark anstrengen», rät Kress. diabetesDE/RBOO 638 ARS MEDICI 14+15 I 2016 MEDIEN, MODEN, MEDIZIN Infektiologie Neue Regeln für Gelbfieberimpfung Rückspiegel Zum 11. Juli 2016 ist die Änderung der internationalen Gesundheitsvorschriften (International Health Regulations, IHR) in Bezug auf die Gelbfieberimpfung in Kraft getreten. Die Impfung muss nicht mehr – wie früher empfohlen – alle zehn Jahre erneuert werden. Gelbfieber wird durch tag- und nachtaktive Stechmücken übertragen. Die Infektion beginnt plötzlich mit hohem Fieber und allgemeinen Krankheitserscheinungen. Meist heilt die Krankheit danach aus. Es kann jedoch auch zu einer dramatischen Verschlechterung mit Gelbsucht und Blutungen kommen, mit nachfolgendem von Herz-, Kreislauf-, Leber- und Nierenversagen. Diese Komplikationen führen oft zum Tod. Gelbfieber unterliegt einer strengen internationalen Meldepflicht. Für die Einreise in Länder, die einen Impfschutz gegen Gelbfieber zwingend verlangen, reicht künftig der Nachweis einer einmaligen Impfung. Derzeit nehmen in einigen Regionen der Welt die Fälle von Gelbfieber zu. Peru, Uganda, Angola und die Demokratische Republik Kongo verzeichnen derzeit Ausbrüche von Gelbfieber. In weiteren afrikanischen Staaten und in Südamerika wurden ebenfalls einzelne Fälle registriert, importierte Fälle sind unter anderem aus China gemeldet worden. Darum verschärfen einige Länder Afrikas, Mittel- und Südamerikas sowie Asiens bei der Einreise die Grenzkontrollen des Impfnachweises. Bei der Einreise ist der Nachweis einer Gelbfieberimpfung verpflichtend, sofern man aus einem Land kommt, in dem Gelbfieber auftritt, oder in einem solchen ein Zwischenstopp oder Umstieg (Transitverkehr) erfolgt ist. Unklar sei, ob die aktuellen Vorgaben der WHO an den Grenzen tatsächlich sofort umgesetzt würden, teilt das CRM Centrum für Reisemedizin mit. CRM/RBOO Ophthalmologie Unerwartete Geschlechterfrage Bei einer Corneatransplantation sollten Frauen möglichst die Cornea einer Frau erhalten. Zu diesem Schluss kommen die Autoren einer kürzlich publizierten Studie aus Grossbritannien. Bei 80 Prozent von rund 18 000 Patienten, die ein erstes Corneatransplantat erhalten hatten, war auch nach fünf Jahren noch alles in Ordnung. Es zeigte sich jedoch ein Einfluss des Geschlechts von Spender und Empfänger. Unter 1000 Patienten, denen die Cornea eines Spenders gleichen Geschlechts transplantiert wurde, war das in 180 Fällen nicht erfolgreich. Wurde eine männliche Cornea einer Frau transplantiert, waren es 220 Fälle. Die Geschlechtsabhängigkeit war besonders deutlich bei Patienten mit Fuchs-Endotheldystrophie, einer Erkrankung, die eine dünne Zellschicht an der Rückseite der Cornea befällt. Von den 4046 Patientinnen und Patienten mit dieser Augenkrankheit ging die Transplantation einer männlichen Cornea bei einer weiblichen Empfängerin in 18 Prozent der Fälle schief, von Frau zu Frau waren es nur 12 Prozent. Statistische Berechnungen zur Berücksichtigung weiterer Faktoren ergaben, dass das Versagen des Transplantats von Frau zu Frau bei dieser Erkrankung um 40 Prozent und eine Abstossung um 30 Prozent weniger wahrscheinlich war als bei der Transplantation von Mann zu Frau. Grund für dieses Phänomen sei höchstwahrscheinlich eine mit dem Y-Chromosom verbundene Antigeninkompatibilität, so Studienleiter Stephen Kaye in einer Pressemitteilung anlässlich der Studie. Da Frauen kein Y-Chromosom haben, könne umgekehrt eine weibliche Cornea mit dem gleichen Erfolg auch einem Mann transplantiert werden. RBOO Hopkinson C et al.: The influence of donor and recipient gender incompatibility on corneal transplant rejection and failure. Am J Transplant 2016; published online: July 14, 2016 Foto: © chettythomas – Fotolia.com Vor 10 Jahren Sonnencremestudie Sonnenschutzmittel sollte man gleichmässig und reichlich auftragen, aber nicht einreiben. Zu diesem Schluss kommt ein Forscher an einer Klinik für plastische Chirurgie nach einer sinnvollen Zweitverwertung übrig gebliebener Hautstückchen. Wenn man Sonnencreme als Film aufträgt, schützt diese wie gewünscht vor schädlichen UV-Strahlen. Reibt man sie hingegen in die Haut ein, ist es mit dem Schutz vorbei. Vor 50 Jahren Angst vor Down-Syndrom Ein Hausarzt sucht bei «Ars Medici» Rat, weil die gesunden Töchter einer Familie mit zwei Down-Syndrom-Geschwistern aus Angst vor «kranken Genen» keinen Ehepartner finden. Die Redaktion stellt klar, dass es sich beim Down-Syndrom meist um ein «familiäres Einzelereignis» handelt und darum nicht zu befürchten sei, dass das Down-Syndrom bei Kindern der gesunden Töchter auftreten wird. Vor 100 Jahren Zahnschmerzen Ein Wattetampon, getränkt mit Schwefeläther, wird in «Ars Medici» als wirksame Anästhesie bei Zahnschmerzen empfohlen. Die Watte wird dafür in das Nasenloch auf der gleichen Seite wie der Schmerz eingeführt: «Durch leichten Druck auf die Nase bei nach hinten gebeugtem Kopfe gelangen dabei einige Tropfen nach rückwärts auf die Nasenschleimhaut.» Die Watte wird danach entfernt, der schmerzstillende Effekt soll längere Zeit anhalten. RBO ARS MEDICI 14+15 I 2016