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STUDIE REFERIERT
Intranasale Steroide bei chronischer Rhinosinusitis
Die chronische Rhinosinusitis ist eine häufige Erkrankung. Eine wichtige therapeutische Option ist ein intranasales Steroid. In einem Review der Cochrane Collaboration wurden Wirksamkeit und Sicherheit von Fluticason, Beclomethason und Mometason untersucht.
Cochrane Database Systematic Reviews
Etwa 5 Prozent aller Erwachsenen in der Schweiz leiden unter einer chronischen Rhinosinusitis. Die typischen Symptome dauern mindestens 12 Wochen an. Charakteristische Zeichen sind eine nasale Schwellung («verstopfte Nase»), eine Rhinorrhö, eine Hyposmie oder Anosmie und ein Schmerzbeziehungsweise Druckgefühl über den Nasennebenhöhlen, besonders beim Vornüberbeugen. Etwa ein Viertel der Betroffenen hat zusätzlich Polypen. Die Ursachen der chronischen Rhinosinusitis sind komplex und längst noch nicht vollständig erforscht. Als mögliche Ursachen gelten der viral oder bakteriell bedingte sowie der allergische Schnupfen, asthmatische Erkrankungen, anatomische Besonderheiten im Nasenraum, eine Unverträglichkeit gegen nicht steroidale Schmerzmittel, in manchen Fällen wohl auch eine Besiedlung der Nasenschleimhäute mit Pilzen.
Studiendesign und -ziel Erfasst wurden zunächst alle randomisierten, kontrollierten Studien mit einem Follow-up von mindestens 3 Monaten. Primäre Endpunkte waren die krankheitsspezifische, gesundheitsbezogene Lebensqualität (health-related quality of life, HRQoL), die vom Patienten eingeschätzte Schwere der Erkrankung
MERKSATZ
O Es konnte kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen Fluticasonfuroat und Mometasonfuroat sowie zwischen Fluticasonpropionat und Beclomethasondipropionat gefunden werden. Eine höhere Dosierung war wirksamer als eine niedrigere; eine Epistaxis trat jedoch bei höherer Dosis häufiger auf.
und das am häufigsten vorkommende unerwünschte Ereignis – die Epistaxis. Sekundäre Endpunkte umfassten die allgemeine HRQoL, einen endoskopischen Score zur Beurteilung nasaler Polypen, einen Score zur Beurteilung des Schweregrads der Schleimhautschwellung im Computertomogramm und die Nebenwirkung lokale Reizung. Es wurde der GRADE-Ansatz zur Bewertung der Qualität der Evidenz (hoch, moderat, niedrig und sehr niedrig) angewandt.
Ergebnisse
Aufgenommen in den Review wurden neun Studien, an welchen insgesamt 911 Patienten teilgenommen hatten. Alle Studien hatten eine Plazebogruppe. Keine der Studien hatte die HRQoL beurteilt. Die Studien unterschieden sich in ihrer Grösse. Während einige nur eine Teilnehmerzahl von 20 aufwiesen, nahmen an anderen 200 Patienten teil. Mit Ausnahme einer Studie wurden erwachsene Patienten rekrutiert. Die meisten der Patienten waren männlich (72–79%). Alle Patienten litten unter einer chronischen Rhinosinusitis mit nasalen Polypen. In drei Studien verglich man unterschiedliche Steroidarten, in fünf Studien hohe mit niedrigen Dosierungen, in zwei Studien zweimalige mit einmaliger Gabe und in einer Studie wässriges Nasenspray mit Aerosolspray. Zwei kleine Studien (insgesamt 56 Patienten mit nasalen Polypen; Endpunkte Schweregrad der Rhinosinusitis und Epistaxis) ergaben keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Fluticasonpropionat und Beclomethasondipropionat. Die Evidenz war von sehr niedriger Qualität. In einer Studie (100 Patienten mit nasalen Polypen) verglich man Fluticasonfuroat und Mometasonfuroat hinsichtlich des
Schweregrads der Erkrankung, insbesondere der Grösse und Ausdehnung der nasalen Polypen. Es konnte kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen Fluticasonfuroat und Mometasonfuroat gefunden werden. Auch hier war die Evidenz von sehr niedriger Qualität. In fünf Studien (insgesamt 663 Teilnehmer mit nasalen Polypen) untersuchte man Wirksamkeit und Nebenwirkungen verschiedener Dosierungen. Die Teilnehmerzahl einer Studie war jedoch niedrig. In drei Studien wurde Mometasonfuroat geprüft (400 µg vs. 200 µg bei Erwachsenen und Kindern ab 12 Jahren bzw. 200 µg vs. 100 µg bei Kindern bis zu einem Alter von 11 Jahren), in zwei Studien Fluticasonfuroat (800 µg vs. 400 µg). Alle Studien ergaben, dass eine höhere Dosierung zur Verringerung der Polypengrösse wirksamer ist. Die Qualität der Evidenz war gering. Eine Epistaxis trat signifikant häufiger bei höherer Dosierung auf (Risk Ratio: 2,06; 95%-Konfidenzintervall: 1,2–3,54; Qualität der Evidenz mässig). In einer Studie wurde wässriges Nasenspray mit Aerosolspray verglichen. Aufgrund erheblicher Unterschiede in den miteinander verglichenen Patientengruppen zu Studienbeginn konnten aus dieser Studie jedoch keine Schlussfolgerungen gezogen werden.
Fazit
Die Autoren des Cochrane-Reviews
kommen zu dem Ergebnis, dass zum
jetzigen Zeitpunkt keine Aussage ge-
troffen werden kann, welches intrana-
sale Steroid das effektivste in der The-
rapie der chronischen Rhinosinusitis ist.
Auch ist unklar, ob eine höhere Dosie-
rung die Symptomatik verbessert (Evi-
denz von niedriger Qualität). Jedoch
zeigte sich eine Evidenz von mässiger
Qualität hinsichtlich der Epistaxis, wel-
che bei höherer Dosierung ausgepräg-
ter war. Neue Studien sind erforderlich,
um die Wirksamkeit und die Verträg-
lichkeit von intranasalen Steroiden bes-
ser beurteilen zu können.
O
Claudia Borchard-Tuch
Chong LY et al.: Different types of intranasal steroids for chronic rhinosinusitis. Cochrane Database Syst Rev 2016; 4: CD011993.
Interessenlage: Einige der Autoren des Cochrane-Reviews geben an, finanzielle Forschungsunterstützung und Honorare von verschiedenen Pharmafirmen erhalten zu haben.
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ARS MEDICI 13 I 2016