Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
«Der geschickte Journalist hat eine Waffe: das Totschweigen – und von dieser macht er oft genug Gebrauch.» (Kurt Tucholsky) Heute nennen manche das, was Tucholsky als Waffe bezeichnete, «Lügenpresse».
OOO
Armeechef Blattmann nannte Sandro Brotz, den ideologisch ziemlich einseitig giftelnden Rundschau-Moderator, «Sandro Kotz … ääh Brotz». Uiuiui, schlimm. Dabei waren andere da viel drastischer. Etwa Nicolas Sarkozy, ehemaliger (und künftiger?) französischer Ministerpräsident: «Journalisten sind wirklich die grössten Nullen, denen man nur ins Gesicht spucken kann. Alles Banditen. Aber Banditen haben wenigstens eine Moral.» Franz Josef Strauss bezeichnete Journalisten als Ratten und Schmeissfliegen und der deutsche Ex-Aussenminister Joschka Fischer nannte sie «5-MarkNutten».
OOO
Nein, die EU ist noch nicht reif für den Anschluss an die Schweiz. Sogar der deutsche Bundestagspräsident Norbert Lammert fühlt sich nach den Wahlen in Österreich «in seiner Zurückhaltung bestätigt, was die vermeintliche Überlegenheit plebiszitärer Wahlverfahren gegenüber repräsentativen Verfahren betrifft». Deutlicher: «Ich bin heilfroh, dass wir in Deutschland den Bundespräsidenten nicht in einer Direktwahl wählen.» Wer dem dummen Volk dermassen missund der Weisheit von (Berufs-)Politikern derart vertraut, muss noch viel lernen.
OOO
Auch Elmar Brok, deutscher EU-Parlamentarier der CDU, sieht das so: «In Deutschland gibt es keine Volksabstimmungen – und das aus gutem Grund.»
OOO
Am 9. Mai feierte Russland den Sieg über Nazideutschland mit einer pompösen Militärparade. Auf uns wirken paradierende Soldaten und Panzerkolonnen ziemlich fremd. Wir haben allerdings auch keinen Krieg hinter uns, der 27 Millionen Soldaten und Bürgern das Leben gekostet hat. 27 Millionen – sechsmal die gesamte damalige Schweizer Bevölkerung – gestorben, umgebracht. Unsereiner kann die Zahl nicht fassen. Dazu etwa 50 Millionen Menschen verwundet und behindert. Weit mehr als 100 Millionen Angehörige indirekt betroffen. Das hat Deutschland – nein, nicht das heutige, aber Deutschland – vor gerade mal 75 Jahren verbrochen. Irgendwie verständlich, dass die Opfer etwas pathetisch daran erinnern möchten. Und irgendwie erstaunlich, dass sie mehr traurig als wütend sind.
OOO
Wieder einmal Gisela, die liebe Bekannte, frivol wie immer: «Es muss ein Recht auf Vorurteile geben. Ich mag «sie» (Name egal, es könnte auch die Nachbarin, die Frau des Chefs, Frau Sommaruga oder Frau Merkel sein) nicht und ich will auch gar nichts hören, das mein Vorurteil ins Wanken bringen könnte.»
OOO
Wenn die Fahnen wehen, rutscht der Verstand in die Trompete.
(Herta Müller)
OOO
«Da-da-da – ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht – aha». 1982. Trio. Kennen Sie, oder? Die Platte (so nannte sich das damals) verkaufte sich 13 Millionen mal. Kalle Krawinkel, Stefan Remmler und Peter Behrens, der kleine Schlagzeuger mit dem Pokerface, wurden mit diesem Titel
Millionäre. Doch ab 1987 war der TrioHype vorbei. Peter Behrens, der Mann in Weiss mit den roten Hosenträgern, wurde Sozialhilfeempfänger; er hatte all sein Geld verloren. Und nun ist er, fast vergessen, verstorben, der traurige Clown, mit 68 Jahren. (Krawinkel starb übrigens 2014, er wurde nur 64.) Natürlich, musikalisch wiegt der Verlust von David Bowie, Prince oder Keith Emerson schwerer. Aber trotzdem … «Da-da-da, aha!»
OOO
Frust ist, wenn der 30-jährige Sohn der 55-jährigen geschiedenen Mutter, der es «stinkt», dass sie die Ferienreise nach Südafrika alleine organisieren und antreten soll, rät: «Geh doch mal zur Pro Senectute; da helfen sie dir bestimmt.»
OOO
Studieren ist wie arbeitslos sein. Nur, dass die Eltern stolz sind.
OOO
Und das meint Walti: Der Tag ist Schuld. Schliesslich hat er angefangen.
Richard Altorfer
496
ARS MEDICI 11 I 2016