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STUDIE REFERIERT
Impfung schützt Ältere vor Gürtelrose
Literatur-Review bescheinigt Herpes-zoster-Impfstoffen gute Wirksamkeit und Verträglichkeit
Von Herpes zoster sind ältere Menschen besonders häufig betroffen. In einem Review der Cochrane Colloboration wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit der Zosterimpfung bei über 60-Jährigen geprüft. In die Untersuchung ging auch ein neuer Impfstoff mit ein, welcher zurzeit noch nicht für den klinischen Gebrauch verfügbar ist.
Cochrane Database of Systematic Reviews
Herpes zoster, auch bekannt als Gürtelrose, ist eine neurokutane Erkrankung. Er ist die Zweitmanifestation einer Infektion mit Varizella-zoster-Viren, die nach erfolgter Erstinfektion (Windpocken) in den Gliazellen der Spinalganglien lebenslang persistieren. Die Erkrankung beginnt mit Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen und leichter Temperaturerhöhung. Etwa drei Tage nach Beginn dieser Symptome
MERKSÄTZE
O Ältere Menschen sind häufiger als jüngere von Herpes zoster betroffen.
O Ein Cochrane-Review bestimmte die Effektivität und Sicherheit lebender Herpes-zoster-Impfstoffe bei über 60-Jährigen.
O Die Inzidenz von Herpes zoster war innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren bei den geimpften Probanden geringer als bei denjenigen, welche Plazebo erhalten hatten. Das Vorkommen von milden oder moderaten unerwünschten Ereignissen war in der Gruppe der Geimpften geringfügig höher.
O Eine Studie verglich einen neuen Impfstoff, welcher das rekombinante Glykoprotein E enthält, mit Plazebo. In der Gruppe der Geimpften war die Inzidenz von Herpes zoster innerhalb eines Zeitraums von 3,2 Jahren geringer. Die Gruppe der Geimpften hatte eine höhere Inzidenz an unerwünschten Ereignissen, aber zumeist waren diese mild oder moderat.
entwickeln sich stecknadel- bis reiskorngrosse, wasserklare Bläschen auf erythematösem Grund. Die Effloreszenzen sind in Gruppen und segmental angeordnet. Im Versorgungsgebiet des betroffenen Nervs treten heftige Schmerzen auf, die über Wochen bis Monate anhalten können. Ältere Menschen sind häufiger betroffen, da das Altern mit einer verminderten zellulären Immunität einhergeht. Im Durchschnitt erleiden von 1000 älteren Personen 5,22 Herpes-zoster-Episoden. Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat einen Impfstoff für ältere Menschen bewilligt, welcher abgeschwächte aktive Viren enthält. Er wurde in grossen Populationen getestet. Geprüft wurde auch ein anderer Impfstoff, welcher das rekombinante Glykoprotein E enthält und deshalb auch bei abwehrgeschwächten Patienten nicht replikationsfähig ist. Um die Immunogenität zu verstärken, enthält der Impfstoff das Adjuvans AS01B. Dieser Impfstoff ist zurzeit noch nicht für den klinischen Gebrauch verfügbar.
Studiendesign und -ziel
Der Review hatte das Ziel, die Effektivität und Sicherheit der Impfstoffe bei älteren Patienten zu bestimmen. Die Literaturdatenbanken Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL 2015, Issue 9), MEDLINE (1948 bis 3. Woche des Oktobers 2015), EMBASE (2010 bis Oktober 2015) und LILACS (1982 bis Oktober 2015) wurden nach wichtigen Publikationen durchsucht. Es wurden randomisierte bzw. quasi-randomisierte kontrollierte Studien erfasst. An den
Versuchen nahmen ältere Patienten (Durchschnittsalter ≥ 60 Jahre) teil. Primärer Endpunkt war die Inzidenz einer Herpes-zoster-Infektion. Sekundäre Endpunkte waren das Auftreten unerwünschter Ereignisse oder systemischer Reaktionen (z.B. Schmerzen, Pruritus, Schwellungen, Kopfschmerzen) sowie die vorzeitige Beendigung der Studie.
Studienergebnisse
Es wurden 13 Studien mit insgesamt 69 916 älteren Teilnehmern untersucht. Alle Studien wurden in einkommensstarken Ländern durchgeführt und erfassten gesunde kaukasische Probanden, welche über 60 Jahre alt waren und keinerlei immunsuppressive Komorbiditäten aufwiesen. Nur fünf der 13 Studien waren von hoher Qualität und hatten ein geringes Risiko für einen systematischen Fehler (Bias). In zehn Studien wurden Lebendimpfstoffe eingesetzt. Drei Studien testeten eine neue Art von Impfstoff, welcher zurzeit noch nicht für den klinischen Gebrauch erhältlich ist. An der grössten Studie nahmen 38 546 Probanden teil. Sie verglich den Impfstoff mit Plazebo. Die Studie war von hoher Qualität. Die Inzidenz von Herpes zoster war innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren bei den geimpften Probanden geringer als bei denjenigen, welche Plazebo erhalten hatten (Risk Ratio [RR]: 0,49; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,43–0,56; Risikodifferenz [RD]: 2%; Anzahl der notwendigen Behandlungen [number needed to treat, NNT]: 50; Evidenzgrad: moderat). Die Inzidenz von milden oder moderaten unerwünschten Ereignissen war in der Gruppe der Geimpften höher. Gekühlter Impfstoff erzeugte weniger lokale Reaktionen als gefrorener. Die subkutane Injektion war mit weniger lokalen Reaktionen verbunden. Eine Studie mit 8122 Probanden verglich den neuen Impfstoff mit Plazebo. In der Gruppe der Geimpften war die Inzidenz von Herpes zoster innerhalb eines Zeitraums von 3,2 Jahren geringer (RR: 0,04; 95%-KI: 0,02–0,1; RD: 3%; NNT: 33; Evidenzgrad: moderat). Die Gruppe der Geimpften hatte eine höhere Inzidenz an unerwünschten Ereignissen, aber zumeist waren diese mild oder moderat.
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STUDIE REFERIERT
Diskussion
Die Hauptergebnisse dieses Reviews stehen in Übereinstimmung mit einer früheren Übersichtsarbeit (Sanders 2009).
Fazit
Die Zosterimpfung beugt effektiv der
Gürtelrose vor, und diese Vorbeugung
kann über drei Jahre andauern. Im
Allgemeinen werden Zosterimpfstoffe
gut vertragen. Einige systemische un-
erwünschte Ereignisse sowie lokale
Reaktionen an der Injektionsstelle kön-
nen auftreten. Diese sind jedoch von
milder bis mässiger Intensität.
O
Claudia Borchard-Tuch
Quelle: Gagliardi AM et al.: Vaccines for preventing herpes zoster in older adults. Cochrane Database Syst Rev 2016, 3: CD008858.
Interessenlage: Die Autoren des referierten Cochrane Reviews geben jeweils an, dass ihnen kein Interessenkonflikt bekannt ist.
Literatur: Sanford M et al.: Zoster vaccine (Zostavax): a review of its use in preventing herpes zoster and postherpetic neuralgia in older adults. Drugs Aging 2010; 27(2): 159–176.
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