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STUDIE REFERIERT
Renale Komplikationen unter Protonenpumpeninhibitoren
Analysen der populationsbasierten Langzeitbeobachtungsstudie ARIC und des Pflegesystems Geisinger Health mit 10 482 beziehungsweise 248 751 Patienten weisen darauf hin, dass die Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren über einen längeren Zeitraum mit einem höheren Risiko für Nierenerkrankungen verbunden ist.
95%-KI: 1,28–1,67, p < 0,001) ging mit einem höheren Risiko einher als die einmalige Einnahme (adjusted HR: 1,62; 95%KI: 1,47–1,60, p < 0,001). Ein ähnlicher Zusammenhang bestand zwischen der Einnahme eines PPI und rezidivierendem akutem Nierenversagen. Die zweimalige Einnahme eines PPI (adjusted HR: 1,62, 95%-KI: 1,32–1,98, p < 0,001) war mit einem höheren Risiko assoziiert als die einmalige Einnahme (adjusted HR: 1,28; 95%-KI: 1,18–1,39, p < 0,001). JAMA Internal Medicine Durch Blockade der H+/K+-ATPase (Protonenpumpe) lässt sich eine fast vollständige Unterdrückung der Salzsäuresekretion erreichen. Protonenpumpeninhibitoren (PPI) sind dementsprechend Mittel der ersten Wahl bei der Therapie von peptischen Ulzera und Refluxösophagitis. Die Einnahme von PPI kann in direktem Zusammenhang mit einer akuten interstitiellen Nephritis stehen. Bis heute ist noch unbekannt, ob zwischen PPI und einer chronischen Nierenerkrankung (chronic kidney disease, CKD) ein Zusammenhang besteht. Eine amerikanisch-australische Arbeitsgruppe hat diesbezüglich nun die 12- beziehungsweise 15-Jahres-Daten von 10 482 Teilnehmern der populationsbasierten Langzeitbeobachtungsstudie ARIC (Atherosclerosis Risk in Communities) ausgewertet. Die glomeruläre Filtrationsrate betrug mindestens 60 ml/min/1,73 m2. Eine zusätzliche Analyse wurde an 248 751 Patienten durchgeführt, die in Pennsylvania von einem Pflegesystem (Geisinger Health System) betreut wurden. Vergleichssubstanzen waren H2-Antihistaminika. Primäres Ziel war es zu untersuchen, ob PPI ein unabhängiger Risikofaktor für eine CKD sind. Zudem wurde ein Zusammenhang MERKSÄTZE O Protonenpumpeninhibitoren (PPI) sind Mittel der ersten Wahl bei der Therapie von peptischen Ulzera und Refluxösophagitis. O Eine längere Einnahme von PPI kann in Zusammenhang mit rezidivierendem akuten Nierenversagen und chronischer Nierenerkrankung stehen. zwischen der Einnahme von PPI und rezidivierendem akutem Nierenversagen (acute kidney injury, AKI) untersucht. PPI als unabhängiger Risikofaktor In der ARIC-Studie lag das Durchschnittsalter der Patienten bei 63 Jahren, wobei 43,9 Prozent männlich waren. Im Vergleich zur übrigen Bevölkerung waren die Anwender signifikant häufiger adipös und nahmen Antihypertensiva ein. Wie eine statistische Analyse auf Basis der unveränderten Ausgangswerte (unadjusted analysis) ergab, erwies sich die Einnahme von PPI als unabhängiger Risikofaktor für eine CKD (Hazard Ratio [HR]: 1,45, 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,11–1,9, p = 0,006). Dies zeigte sich auch dann, wenn mögliche Verzerrungen wie demografische Unterschiede, sozioökonomischer Status oder klinische Faktoren wie Komorbiditäten berücksichtigt wurden (adjusted analysis; HR: 1,5, 95%-KI: 1,14–1,96, p = 0,003). Der Zusammenhang blieb auch bei einem direkten Vergleich zwischen PPI und H2-Antihistaminika (HR: 1,39, 95%-KI: 1,01–1,91, p = 0,05) beziehungsweise bei einem Vergleich zwischen PPI und Nichtmedikation (HR: 1,76, 95%-KI: 1,13–2,74, p = 0,01) bestehen. Eine noch stärkere Assoziation ergab sich zwischen der Einnahme von PPI und rezidivierendem akutem Nierenversagen. Auf Basis der unveränderten Ausgangswerte ging die Einnahme von PPI beispielsweise mit einem 1,72-fach höheren Risiko für ein AKI einher (95%-KI: 1,28–2,3, p < 0,001). Die Datenanalyse der Patienten des Geisinger Health System bestätigt den Zusammenhang zwischen PPI und CKD (HR:1,20, 95%-KI: 1,15–1,26, p < 0,001 [unadjusted analysis]; HR: 1,17, 95%-KI: 1,12–1,23, p < 0,001 [adjusted analysis]). Die zweimalige Einnahme eines PPI (adjusted HR: 1,46, Weitere Studien erforderlich Verschiedene Studien wiesen einen Zusam- menhang zwischen der Einnahme von PPI und AKI nach, insbesondere in Form einer akuten interstitiellen Nephritis. Zudem kann die Dauereinnahme von PPI den Magnesiumspiegel senken. Beides kann eine mögliche Erklärung für das nachge- wiesene erhöhte CKD-Risiko sein. Wie alle Beobachtungsstudien unterliegt auch diese hinsichtlich ihrer Aussagekraft einigen Begrenzungen. So kann nicht aus- geschlossen werden, dass bei Teilnehmern, welche PPI einnehmen, ein höheres Risiko für eine CKD besteht, welches nicht auf der Einnahme von PPI beruht. Auch mögliche Verzerrungen des Ergebnisses können über- sehen werden. Eine weitere Einschränkung ist, dass weder die Einnahme von PPI noch von H2-Antihistaminika direkt beobachtet wurde, sondern Daten aus einem 12- bezie- hungsweise 15-jährigen Zeitraum ausge- wertet wurden. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass PPI im Gegensatz zu H2-Antihistaminika einen unabhängigen Risikofaktor für CKD und AKI darstellen. Weitere Forschungs- arbeiten sind erforderlich, um festzustellen, ob PPI selbst die Niere zerstören, und gege- benenfalls den zugrunde liegenden Mecha- nismus aufzuklären. O Claudia Borchard-Tuch Lazarus B et al.: Proton pump inhibitor use and the risk of chronic kidney disease. JAMA Intern Med 2016, Jan 11; doi: 10.1001/ jamainternmed.2015.7193 [Epub ahead of print]. Interessenkonflikte: keine deklariert 174 ARS MEDICI 4 I 2016