Transkript
23rd UNITED EUROPEAN GASTROENTEROLOGY WEEK
Neue Erkenntnisse zur Wirkung von Saccharomyces boulardii
Die probiotische Hefe Saccharomyces boulardii CNCM 1-745 (syn. Saccharomyces cerevisiae HANSEN CBS 5929, Perenterol®) hat mittlerweile einen festen Platz in der Prävention und Therapie von Diarrhö. Die Wirkung wird – neben immunologischen, Pathogen-bindenden und antitoxischen Effekten – vor allem auf die Stärkung und Unterstützung der gesunden Darmflora zurückgeführt (1). An der UEGWoche wurden nun von einer Arbeitsgruppe aus Nizza und Monaco tierexperimentelle Daten zum Einfluss dieser Hefe auf die Zusammensetzung der Populationen dendritischer Zellen in der Darmschleimhaut vorgestellt. Bei Mäusen, die mit Streptomycin vorbehandelt waren, führte die Gabe von S. boulardii zu einer Zunahme derjenigen Subpopulation, welche die Salmonellen intrazellulär innerhalb der Lamina propria aufnehmen, während gleichzeitig diejenigen dendritischen Zellen, welche für den Transport der Erreger in
die mesenterialen Lymphknoten verantwortlich sind, reduziert wurden (2). Eine weitere präsentierte Studie derselben Arbeitsgruppe zeigt einen neuen Aspekt des therapeutischen Potenzials von S. boulardii: So hat sich die Hefe auch als Prophylaktikum bei gastrointestinalen Anthraxinfektionen in vitro als effektiv erwiesen. Das LT-Toxin von Bacillus anthracis beeinträchtigt die epitheliale Integrität und ist für die Barrieredysfunktion bei der gastrointestinalen Form der Erkrankung verantwortlich. Durch eine Vorbehandlung ihrer Zellkulturen mit S. boulardii konnten die Forscher diese auch in vitro nachweisbaren Effekte nach Inkubation mit dem LT-Toxin nachweislich mindern: Die ZellkulturMonolayer blieben intakt, und die Therapie mit S. boulardii verhinderte offenbar eine sonst nachweisbare Modifikation der Tight junctions. Zur weiteren Erforschung der zugrunde liegenden Mechanismen wurde S. boulardii mit Untereinheiten des
LT-Toxins inkubiert und zentrifugiert.
Nach Zentrifugation konnten Spaltpro-
dukte dieser Untereinheiten im Zellüber-
stand sowie gebundene Toxine in der
S.-boulardii-Fraktion nachgewiesen wer-
den. Diese Ergebnisse könnten nach An-
sicht der Autoren die Antitoxinwirkung
von S. boulardii erklären. Insgesamt wiesen
ihre Daten auf das Potenzial von S. boular-
dii auch in der Prophylaxe von gastrointes-
tinalen Anthraxerkrankungen hin, betonen
die Autoren (3).
Adela Žatecky O
Referenzen: 1. More MI et al.: Saccharomyces boulardii CNCM I-745 sup-
ports regeneration of the intestinal microbiota after diarrheic dysbiosis – a review. Clinical and Experimental Gastroenterology 2015; 8: 237–255. 2. Czerucka D et al.: Effect of Saccharomyces boulardii strain CNCM I-745 on dendritic cells populations in the lamina propria of mice following Salmonella typhimurium infection. United European Gastroenterology Journal 2015; 2 (Suppl. 1). 3. Czerucka D et al.: Saccharomyces boulardii strain CNCM I-745 shows protective effects against B. anthracis LT toxin. United European Gastroenterology Journal 2015; 2 (Suppl. 1).
Neue Option im Management der opioidinduzierten Obstipation
Zu den für viele Patienten besonders unangenehmen und dosislimitierenden Nebenwirkungen einer Schmerzbehandlung mit Opioiden zählt Verstopfung, die mit unterschiedlichen medikamentösen Strategien behandelt werden kann. Eine besteht darin, die Opioidwirkung im Darm zu antagonisieren. Das ist mit dem Opioidantagonisten Naloxegol – einem pegylierten Derivat von Naloxon – möglich, da es nur peripher und nicht im zentralen Nervensystem wirksam ist. Damit hat Naloxegol keinen Einfluss auf die analgetische Wirkung der Opioide. Im Rahmen der UEGW 2015 wurden Daten zu dieser neuen Option im Management der Opioidnebenwirkungen präsentiert. Die Zulassung von Naloxegol basiert auf zwei Phase-III-Studien (1, 2), in denen sich Naloxegol in den Dosierungen 12,5 mg
und 25 mg im Vergleich zu Plazebo als überlegen im Hinblick auf den primären Endpunkt Verbesserung der Konstipation erwies. Für die 25-mg-Dosierung war der Vorteil in allen Studien und Gruppen signifikant. Der Endpunkt war definiert durch mindestens 3 Stuhlgänge pro Woche sowie eine Zunahme um mindestens 1 Stuhlgang pro Woche in mindestens 9 der 12 Wochen, darunter mindestens 3 der letzten 4 Wochen. Die Verträglichkeit war gut, insbesondere wurden keine Anpassungen der Opioiddosierung notwendig, und es traten keine Veränderungen der Schmerz-Scores auf. «Naloxegol zeigt pharmakokinetische Eigenschaften, die entscheidend für die selektive Wirkung an Opioidrezeptoren in der Peripherie sind. Es ist wirksam, sicher, wird gut vertragen und hat in therapeuti-
schen Dosierungen keinen Einfluss auf die
opioidmediierte Analgesie», fasst Prof. Jan
Tack von der Katholischen Universität
Leuven zusammen.
Reno Barth O
Tack J et al.: Naloxegol for opioid-induced constipation: mechanism of action and clinical implications. United European Gastroenterology Journal; 2015: 2 (Supplement 1), OP057.
Referenzen: 1. Chey WD et al.: Naloxegol for Opioid-Induced Constipation in
Patients with Noncancer Pain. N Engl J Med 2014; 370 (25): 2387–2396. 2. Webster L et al.: Randomised clinical trial: the long-term safety and tolerability of naloxegol in patients with pain and opioid-induced constipation. Aliment Pharmacol Ther 2014; 40 (7): 771–779.
156
ARS MEDICI 4 I 2016