Transkript
STUDIE REFERIERT
Schwere GERD: Welche Therapie hilft am besten?
Vergleich von medikamentöser und operativer Therapie bei gastroösophagealem Reflux
Eine schwere gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) kann die Lebensqualität beeinträchtigen und Komplikationen wie Ösophagitis, peptische Strikturen oder Barrett-Ösophagus nach sich ziehen. Im Wesentlichen stehen zwei Therapiealternativen zur Verfügung: die langfristige Gabe von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) und die operative Fundoplicatio.
British Medical Journal
Welche der beiden Behandlungsformen effektiver ist, untersuchten schwedische Wissenschaftler auf der Basis einer umfangreichen Literaturrecherche. Ein Cochrane-Review, der vier randomisierte klinische Studien umfasste, kam zu dem Schluss, dass Refluxsymptome nach einer Fundoplicatio seltener auftraten. Allerdings klagten die chirurgisch behandelten Patienten häufiger über Dysphagie. Eine Studie mit 554 Patienten berichtete über ein Therapieversagen nach 3 Jahren bei 10 Prozent der Fundoplicatio-Patienten und bei 7 Prozent der PPI-Patienten. Einige Studien untersuchten die ösophageale Säureexposition; insgesamt nahm diese in beiden Behandlungsgruppen ab, in manchen Studien ging die Säureexposition nach Fundoplicatio jedoch deutlicher zurück als unter der medikamentösen Therapie. Zudem hatten die operativ behandelten Patienten 1,4-mal mehr Tage ohne Sodbrennen.
MERKSÄTZE
O Therapie der ersten Wahl bei schwerer gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD) sind Protonenpumpeninhibitoren (PPI).
O Wenn Patienten innerhalb von acht Wochen auf PPI nicht ausreichend ansprechen, kann insbesondere bei jungen, fitten Patienten eine Fundoplicatio erwogen werden.
Insgesamt scheinen Rezidive in beiden Behandlungsgruppen ähnlich häufig aufzutreten. Im Hinblick auf die Säurekontrolle schneidet die Fundoplicatio etwas besser ab, doch geht sie mit einem erhöhten Dysphagierisiko einher.
Mögliche Komplikationen
Bei der Fundoplicatio kann es zu intraoperativen Komplikationen kommen, beispielsweise zu Verletzungen von Leber, Milz, Ösophagus oder Pleura. Postoperativ können weitere Komplikationen wie Verlagerung der Fundusmanschette, Dysphagie oder dilatationsbedürftige Strikturen auftreten. Die frühe postoperative Mortalität liegt unter 1 Prozent. Im Zusammenhang mit der PPI-Dauerbehandlung wurde über das vermehrte Auftreten von Osteoporose und Frakturen berichtet, was auf eine verminderte Kalziumaufnahme zurückgeführt wird. Eine aktuelle Metaanalyse kam zu dem Ergebnis, dass die PPI-Therapie mit einem erhöhten Risiko für Clostridium-difficile-assoziierte Durchfälle einhergeht. Jedoch waren die berücksichtigten Studien sehr heterogen, was sich möglicherweise auf die Ergebnisse auswirkte. Insgesamt sprechen die Studien für ein nicht vernachlässigbares Risiko schwerer Komplikationen nach Fundoplicatio, während Komplikationen der PPIBehandlung selten und weniger gravierend sind.
Kostenaspekt
Randomisierte klinische Studien zeigen, dass die medikamentöse Behandlung
nach 1 Jahr kosteneffektiver ist als die Operation. Eine Studie kam nach 5-jähriger Nachbeobachtungszeit zu dem Schluss, dass die Fundoplicatio kurzfristig teurer ist, auf die Dauer jedoch kosteneffektiv sein könnte.
PPI als Erstlinientherapie anbieten
Zu welchen Schlussfolgerungen kommen die Autoren? Patienten mit schwerer GERD sollte man als Erstlinientherapie PPI vorschlagen, da diese effektiv und im Vergleich zur chirurgischen Therapie mit einem geringeren Risiko für schwere Komplikationen behaftet sind. Obwohl die Literaturrecherche ergab, dass nach einer Fundoplicatio im Vergleich zur PPI-Therapie seltener Refluxsymptome auftreten und die Exposition der Speiseröhre gegenüber Magensäure geringer ausfällt, muss das Risiko schwerer Komplikationen im Zusammenhang mit einer Fundoplicatio bedacht werden. Hierzu zählen unter anderem Organschäden und auch ein geringes Mortalitätsrisiko. Die Einstellung des Patienten auf eine Langzeittherapie ist ebenfalls sehr wichtig, da die PPI-Therapie bei schwerer GERD eine langfristige Behandlung und eine gute Compliance erfordert. Falls der Patient innerhalb von acht Wochen auf eine angemessen dosierte PPI-Therapie nicht ausreichend anspricht, sollte eine Fundoplicatio als eine gute Alternative in Erwägung gezogen werden, insbesondere bei jungen, körperlich fitten Patienten, deren Behandlung sich voraussichtlich über einen langen Zeitraum erstrecken wird. Die gegenwärtige Datenlage weist darauf hin, dass eine Operation langfristig kosteneffektiver sein könnte. O
Andrea Wülker
Quelle: Maret-Ouda J et al.: What is the most effective treatment for severe gastro-oesophageal reflux disease? BMJ 2015; 350: h3169, online first 24 June 2015.
Interessenkonflikte: keine deklariert
ARS MEDICI 22 I 2015
1075