Transkript
FORTBILDUNG
Therapie bei Diabetes Typ 2 – ein Update
Umfassender Review des American College of Physicians
Das Ziel einer Diabetesbehandlung besteht in der Vermeidung oder Minimierung mikro- und makrovaskulärer Komplikationen. Dazu sind mittlerweile zahlreiche Medikamente verfügbar. Ein Expertenteam des American College of Physicians (ACP) hat im Rahmen eines Reviews den aktuellen Wissensstand zur Behandlung von Diabetes Typ 2 zusammengefasst.
Annals of Internal Medicine
Diabetes mellitus gehört zu den Hauptursachen für Sehkraftverlust, Amputationen und Nierenerkrankungen im Endstadium. Zudem gilt die Stoffwechselstörung als bedeutendster Risikofaktor für atherosklerotische Erkrankungen, die bei Diabetespatienten die Hauptursache für Morbidität und Mortalität darstellen. Zur Vermeidung oder Minimierung dieser Komplikationen stehen zahlreiche therapeutische Optionen zur Verfügung.
MERKSÄTZE
Welche nicht medikamentösen Optionen gibt es?
Veränderungen des Lebensstils, vor allem eine Umstellung der Ernährung und ausreichend Bewegung, sind die Eckpfeiler der Diabetesbehandlung. Mit diesen Massnahmen sollte bei allen Patienten begonnen werden – ausser es liegt eine schwere Hyperglykämie vor, die sofort medikamentös behandelt werden muss.
Welche Rolle spielt die Blutzuckerkontrolle zu Hause?
Die regelmässige Blutzuckermessung zu Hause gewährleistet eine longitudinale Erfassung der glykämischen Kontrolle und liefert ein Feedback in Echtzeit zur aktuellen Behandlungsstrategie. Die häusliche Blutzuckerkontrolle ist Bestandteil der Versorgung von Patienten, die Insulin erhalten. Die Messung ermöglicht eine situationsgerechte Dosisanpassung und weist darauf hin, ob Symptome auf eine Hyperglykämie oder eine Hypoglykämie zurückzuführen sind. Bei oraler Diabetesbehandlung ist der Nutzen des Home-Monitorings weniger klar. Derzeit liegen keine Untersuchungen zur optimalen Kontrollfrequenz vor. Meist werden die Patienten angewiesen, ihre Nüchternglukosespiegel und die Werte vor den Mahlzeiten zu erfassen. Bei Patienten mit erhöhten HbA1c-Werten trotz normaler Nüchternglukose kann auch eine postprandiale Messung von Nutzen sein.
O Eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung sind die wichtigsten nicht medikamentösen Massnahmen.
O Mit den meisten oralen Antidiabetika kann eine vergleichbare glykämische Kontrolle erzielt werden.
O Die derzeit verfügbaren Insuline unterscheiden sich hauptsächlich bezüglich ihres Wirkeintritts und der Wirkdauer.
O Als neuere Substanzklassen stehen GLP-1-Agonisten, DPP-4-Hemmer, SGLT2-Inhibitoren und synthetische Pankreashormone zur Verfügung.
O Bei den meisten Diabetespatienten sind HbA1c-Werte von 7 bis 8,5 Prozent mit dem bestmöglichen Nutzen verbunden.
O HbA1c-Zielwerte < 7 Prozent sollten Patienten mit einer langen Lebenserwartung vorbehalten bleiben.
O Der Nutzen einer intensiven glykämischen Kontrolle zur Reduzierung schwerer diabetischer Komplikationen zeigt sich nach 15 bis 20 Jahren.
Welche HbA1c-Werte sollten angestrebt werden?
Bis anhin wurde noch kein verbindlicher HbA1c-Zielwert für alle Diabetespatienten formuliert. Die meisten Organisationen empfehlen für die Mehrheit der Patienten einen Zielwert ≥ 7 Prozent, der auf Ergebnissen der United Kingdom Prospective Diabetes Study (UKPDS) basiert. Allerdings wurde diese Studie mit neu diagnostizierten Diabetespatienten durchgeführt, die meist noch unter einer weniger ausgeprägten Erkrankungsform leiden. Bei Studienende, nach einer Beobachtungszeit von etwa zehn Jahren, lagen die durchschnittlichen HbA1c-Werte in der intensiv behandelten Gruppe etwa bei 8 Prozent. Nur einer Minderheit der Patienten war es gelungen, längerfristig einen HbA1c-Wert von weniger als 7 Prozent aufrechtzuerhalten. Bei Patienten mit besserer glykämischer Kontrolle zeigte sich zu diesem Zeitpunkt ein geringeres Risiko für frühe asymptomatische mikrovaskuläre Komplikationen. Ein eindeutiger Nutzen im Hinblick auf kardiovaskuläre Endpunkte oder auf symptomatische mikrovaskuläre Komplikationen wie Sehkraftverlust, Amputationen oder Nierenerkrankungen im Endstadium wurde hier jedoch nicht festgestellt.
912
ARS MEDICI 19 I 2015
FORTBILDUNG
Tabelle 1:
Wirkeintritt und Wirkmechanismen verschiedener Insuline
Klasse
Wirkeintritt
Wirkpeak
Wirkdauer
Schnell wirksam Lispro (Humalog®), Aspart (NovoRapid®), Glulisin (Apidra®)
Kurz wirksam reguläres Humaninsulin (z.B. Huminsulin®)
Konzentriertes Insulin (Humulin R® U-500; nicht im AK der Schweiz)
Intermediär wirksam NPH-Insulin
Lang wirksam Glargin (Lantus®), Detemir (Levemir®)
Mischungen aus Humaninsulin 70% NPH / 30% regulär 50% NPH / 50% regulär
Mischungen aus Insulinanaloga 75% Lispro Protamin / 25% Lispro 50% Lispro Protamin / 50% Lispro 70% Aspart Protamin / 30% Aspart
Inhalierbares Insulin (Affreza® ist in der Schweiz nicht zugelassen)
≤ 30 Minuten
0,5–1 Stunde
0,5–1 Stunde 1,5–4 Stunden 0,8–4 Stunden
0,5–2 Stunden 0,5–2 Stunden < 15 Minuten < 15 Minuten 10–20 Minuten 12–15 Minuten
0,5–3 Stunden
3–5 Stunden
2–5 Stunden
Bis zu 12 Stunden
6–8 Stunden
Bis zu 24 Stunden
4–12 Stunden
Bis zu 24 Stunden
Relativ gering ausgeprägter Peak Bis zu 24 Stunden
2–12 Stunden 2–5 Stunden
1–2 Stunden 1–2 Stunden 1–4 Stunden 1 Stunde
Bis zu 24 Stunden Bis zu 24 Stunden
Bis zu 24 Stunden Bis zu 24 Stunden Bis zu 24 Stunden 2,5–3 Stunden
NPH = Neutral Protamin Hagedorn
(nach ACP 2015)
In einem 20-Jahres-Follow-up der UKPDS zeigte sich, dass in der Kohorte der zu Beginn intensiv kontrollierten Gruppe im Vergleich zu Patienten mit Standardzielwerten weniger Herzinfarkte (16,8 vs. 19,6/1000 Patientenjahre) und weniger Todesfälle (26,8 vs. 30,3 pro 1000 Patientenjahre) aufgetreten waren – auch wenn die Unterschiede der glykämischen Kontrolle nicht über die gesamte Zeitspanne aufrechterhalten werden konnten. Dieses Ergebnis impliziert, dass eine frühzeitige intensive Kontrolle mit einer Art «MemoryEffekt» und mit einem langfristigen Nutzen verbunden ist. Daraus wird aber auch deutlich, dass diese Vorteile erst nach 15 bis 20 Jahren zutage treten. Die Ergebnisse der vier bedeutendsten Studien zur Glukosesenkung weisen darauf hin, dass eine moderat intensive Kontrolle im frühen Verlauf der Erkrankung (HbA1c bei etwa 7% in den ersten 10 Jahren, bei anschliessender Verschlechterung der Werte) sich nach etwa 20 Jahren günstig auf das kardiovaskuläre Risiko und die Mortalität auswirkt. Eine noch intensivere Kontrolle bis in den Bereich der HbA1c-Normwerte ist nicht mit weiteren Vorteilen verbunden und kann – wie in der Studie Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes (ACCORD) beobachtet wurde – sogar die Sterblichkeit erhöhen. Die Experten des ACP kommen daher zu der Schlussfolgerung, dass HbA1c-Zielwerte zwischen 7 und 8,5 Prozent, je nach Diabetesdauer, bei den meisten Patienten mit dem bestmöglichen Nutzen verbunden sind. Da Patienten mit einer langen Lebenserwartung (≥ 20 Jahre) jedoch von einer intensiveren Kontrolle (< 7%) profitieren könnten, sollten die glykämi-
schen Ziele individuell in Abhängigkeit von der Lebenserwartung und den Komorbiditäten des Patienten festgelegt werden.
Wann sind Medikamente erforderlich? Bei geringfügig erhöhten HbA1c-Werten sind keine Antidiabetika erforderlich. Ansonsten sollte mit Medikamenten begonnen werden, wenn das glykämische Ziel nach 6 Wochen mit nicht medikamentösen Massnahmen nicht erreicht werden konnte. Bei Patienten mit schwerer Hyperglykämie oder ausgeprägten Symptomen wird sofort mit Antidiabetika und/oder Insulin begonnen (Tabellen 1 und 2).
Wie wird das richtige orale Antidiabetikum ausgewählt? In der UKPDS-Studie war Metformin bei Patienten mit etwa 20 Prozent Übergewicht den Sulfonylharnstoffen und Insulin im Hinblick auf die Reduzierung der Sterblichkeit überlegen – trotz identischer glykämischer Kontrolle. Zudem war Metformin mit weniger Hypoglykämien und einer geringeren Gewichtszunahme verbunden als Insulin oder Sulfonylharnstoffe. Bei schwerer Niereninsuffizienz (glomeruläre Filtrationsrate < 30 ml/min/1,73 m²), symptomatischer Herzinsuffizienz oder schwerer Lebererkrankung sollte Metformin jedoch nicht angewendet werden. Vor der Durchführung radiologischer Verfahren, bei denen intravenöse Kontrastmittel erforderlich sind, muss Metformin aufgrund des Risikos für eine Laktatazidose abgesetzt werden. Ist Metformin kontraindiziert oder unverträglich, sollte die Auswahl des Medikaments entsprechend den Präferenzen
ARS MEDICI 19 I 2015
913
FORTBILDUNG
des Patienten unter Berücksichtigung möglicher Nebenwirkungen erfolgen. Mit den meisten oralen Antidiabetika kann eine ähnliche glykämische Kontrolle erreicht werden. Unterschiede hinsichtlich der Wirkmechanismen und des Applikationszeitraums ermöglichen jedoch eine individuelle Versorgung. So werden Insulinsekretagoga wie Nateglinid oder Repaglinid und Alphaglukosidasehemmer wie Acarbose oder Miglitol vor den Mahlzeiten eingenommen und können daher für Patienten mit unregelmässigen Essenszeiten geeignet sein. Bei den meisten Diabetikern verschlechtert sich die glykämische Kontrolle mit der Zeit. Zunächst wird dann üblicherweise die Dosis des ersten Medikaments erhöht. Das Ansprechen auf die Dosiserhöhung ist jedoch oft begrenzt. Dies gilt beispielsweise für Metformin und die Sulfonylharnstoffe. Daher muss häufig ein zweites Medikament zugefügt werden. Mittlerweile stehen auch zahlreiche Kombinationsprodukte zur Verfügung. Vor allem Sulfonylharnstoffe und Glitazone können mit Hypoglykämien und Gewichtszunahme verbunden sein. Die kardiovaskuläre Sicherheit von Rosiglitazon wird derzeit kontrovers diskutiert.
Wann sollte mit Insulin begonnen werden?
Patienten, bei denen mit oralen Antidiabetika keine ausreichende glykämische Kontrolle erzielt werden kann, erhalten Insulin. Zu weiteren Indikationen für Insulin gehört die Notwendigkeit einer raschen Blutzuckersenkung aufgrund schwerer Symptome. Manche Experten empfehlen auch direkt nach der Diabetesdiagnose einen sofortigen Beginn mit Insulin, wenn die HbA1c-Werte deutlich erhöht sind, weil dadurch eine Verlängerung der Funktionsfähigkeit der Betazellen erreicht werden kann. Derzeit stehen zahlreiche Insuline zur Verfügung, die sich vor allem im Hinblick auf den Wirkbeginn und die Wirkdauer unterscheiden (Tabelle 1). Bis anhin hat sich kein Therapie-
schema gegenüber den anderen als deutlich überlegen erwiesen. In einer randomisierten Studie waren die durchschnittlichen HbA1c-Werte unter biphasischen, prandialen und basalen Insulinen vergleichbar. Die Hypoglykämieraten waren jedoch bei der Applikation von Basalinsulinen am niedrigsten. Bei den meisten Patienten wird der HbA1c-Wert mit Insulin um 1 bis 2 Prozent gesenkt. Wird eine intensive glykämische Kontrolle angestrebt, ist ein Nüchternglukosespiegel < 6,7 mmol/l (< 120 mg/dl) ein geeigneter Zielwert. Die primären Risiken der Insulintherapie bestehen in Hypoglykämie und Gewichtszunahme. Zu Beginn der Insulinbehandlung ist meist eine Injektion pro Tag auseichend. Patienten ohne Hypoglykämien können häufig mit einer Dosis NPH (Neutral Protamin Hagedorn)Insulin in Kombination mit einem oralen Antidiabetikum wie Metformin beim Zubettgehen behandelt werden. Bei Patienten mit normaler Nüchternglukose oder bei hohem Hypoglykämierisiko sollte ein Basalinsulin wie Glargin oder Detemir die erste Wahl sein. Bleibt der HbA1c-Wert trotz normaler Nüchternglukose erhöht, kann ein prandiales Insulin in Betracht gezogen werden. Einige Patienten benötigen zwei Insulininjektionen täglich, um das glykämische Ziel zu erreichen. Mehr als zwei tägliche Injektionen sind jedoch nur selten erforderlich. Für Patienten, die hohe Dosierungen benötigen, steht das hoch konzentrierte Insulin U-500 zur Verfügung. In den USA wurde kürzlich auch inhalierbares Insulin zugelassen.
Welche weiteren Optionen stehen zur Verfügung?
Bei den GLP (glucagon-like peptide)-1-Agonisten Exenatid, Albiglutid und Dulaglutid handelt es sich um injizierbare Inkretinmimetika, welche die Wirkung von GLP-1, einem natürlichen Hormon im Regelkreis der Glukosehomöostase, nachahmen. Diese Substanzen bewirken eine glukoseabhängige Insulinsekretion, und bei vielen Patienten eine verzögerte
Tabelle 2:
Nicht-Insulin-Medikamente zur Behandlung von Diabetes Typ 2
Medikamentenklasse
Initiale Dosis
Maximale Dosis
Biguanide Metformin (Glucophage® und Generika)
Metformin XR Sulfonylharnstoffe Glimepirid (Amaryl® und Generika) Glipizid (in der Schweiz nicht mehr im Handel) Glipizid SR
500 mg 2-mal täglich oder 850 mg/Tag 500 mg/Tag
1–2 mg/Tag 2,5–5 mg/Tag
5 mg/Tag
2550 mg/Tag
2000 mg/Tag 8 mg/Tag 40 mg/Tag 20 mg/Tag
Glibenclamid (Daonil®, Semi-Daonil® und Generika)
Glibenclamid mikronisiert
2,5–5 mg/Tag 0,75–3 mg/Tag
20 mg/Tag 12 mg/Tag
Erhaltungsdosis
500–1000 mg 2-mal täglich
1500–2000 mg/Tag
4 mg/Tag 10–20 mg/Tag (oder 2-mal täglich) 5–20 mg/Tag (oder 2-mal täglich) 5–20 mg/Tag (oder 2-mal täglich) 3–12 mg/Tag (oder 2-mal täglich) Fortsetzung auf der folgenden Seite
914
ARS MEDICI 19 I 2015
FORTBILDUNG
Fortsetzung Tabelle 2:
Nicht-Insulin-Medikamente zur Behandlung von Diabetes Typ 2
Medikamentenklasse
Initiale Dosis
Maximale Dosis
Glitazone Pioglitazon (Actos® und Generika) Rosiglitazon (in der Schweiz nicht mehr im Handel) Alphaglukosidasehemmer Acarbose (Glucobay®)
Miglitol (Diastabol®)
Glinide Repaglinid (NovoNorm® und Generika)
Nateglinid (Starlix®, Starlix® mite)
DPP-4-Inhibitoren Sitagliptin (Januvia®, Xelevia®) Saxagliptin (Onglyza®) Linagliptin (Trajenta®) Alogliptin (Vipidia®) SGLT-2-Hemmer Canagliflozin (Invokana®) Empagliflozin (Jardiance®) Dapagliflozin (Forxiga®) GLP-1-Agonisten Exenatid (Byetta®)
Exenatid ER (Bydureon®)
Liraglutid (Victoza®) Albiglutid (Eperzan®)
Dulaglutid (Trulicity®)
15–30 mg/Tag 4 mg/Tag (oder 2-mal täglich)
25 mg/Tag (mit einer Mahlzeit) 25 mg/Tag (mit einer Mahlzeit)
0,5 mg vor den Mahlzeiten
120 mg 3-mal täglich vor den Mahlzeiten (60 mg 3-mal täglich bei Werten nahe dem glykämischen Ziel)
100 mg/Tag 2,5 mg/Tag 5 mg/Tag 25 mg/Tag
100 mg/Tag 10 mg/Tag 5 mg/Tag
5 µg 2-mal täglich (innerhalb von 60 Minuten vor den Mahlzeiten) 2 mg 1-mal wöchentlich 0,6 mg/Tag 30 mg 1-mal wöchentlich 0,75 mg/Woche
45 mg/Tag 8 mg/Tag (oder 2-mal täglich)
100 mg 3-mal täglich 100 mg 3-mal täglich
4 mg vor den Mahlzeiten (16 mg/Tag) 1 Woche Abstand vor Erhöhung der Dosis 120 mg 3-mal täglich vor den Mahlzeiten
100 mg/Tag 5 mg/Tag 5 mg/Tag 25 mg/Tag
300 mg/Tag 25 mg/Tag 10 mg/Tag
10 µg 2-mal täglich
2 mg 1-mal wöchentlich 1,8 mg/Tag 50 mg 1-mal wöchentlich 1,5 mg/Woche
Erhaltungsdosis
15–45 mg/Tag 4–8 mg/Tag
50–100 mg 3-mal täglich 25–100 mg 3-mal täglich
0,5–4 mg mit den Mahlzeiten
60–120 mg 3-mal täglich vor den Mahlzeiten
100 mg/Tag 5 mg/Tag 5 mg/Tag 25 mg/Tag
100–300 mg/Tag 10–25 mg/Tag 5–10 mg/Tag
5–10 µg/Tag
2 mg 1-mal wöchentlich 1,2 mg/Tag 30–50 mg 1-mal wöchentlich 0,75–1,5 mg/Woche
(nach ACP 2015)
Magenentleerung, eine Unterdrückung des Glukagons, verminderten Appetit und Gewichtsverlust. GLP-1-Agonisten sind für Patienten geeignet, bei denen mit oralen Antidiabetika keine ausreichende glykämische Kontrolle erzielt wird, und können auch in Kombination mit Insulin angewendet werden. Zu den unerwünschten Wirkungen gehören Übel-
keit und Erbrechen. Retardiertes Exenatid, Albiglutid und Dulaglutid stehen in einmal wöchentlich injizierbarer Form zur Verfügung. Die Langzeitsicherheit von GLP-1-Agonisten wird derzeit in Anwendungsbeobachtungen untersucht. Zu weiteren neueren Optionen gehören oral applizierbare Dipeptidyl-Peptidase (DPP)-4-Inhibitoren wie Sitagliptin,
916
ARS MEDICI 19 I 2015
FORTBILDUNG
Saxagliptin, Linagliptin und Alogliptin, die über das Inkretin-/GLP-1-System eine Blutzuckersenkung herbeiführen. DPP-4-Inhibitoren können allein oder in Kombination mit anderen Substanzen wie Metformin gegeben werden und verursachen nur selten Hypoglykämien. In einer Studie wurde unter Saxagliptin eine erhöhte Hospitalisierungsrate aufgrund von Herzinsuffizienz beobachtet. Auf andere kardiovaskuläre Ergebnisse scheinen sich diese Substanzen jedoch nicht auszuwirken. Zu den Hauptnebenwirkungen von Sitagliptin gehören Kopfschmerzen, Beschwerden der oberen Atemwege und, weniger häufig, Übelkeit und Erbrechen. SGLT2 (sodium-glucose linked transporter 2)-Inhibitoren wie Cangliflozin, Dapagliflozin und Empagliflozin hemmen die Reabsorption von Glukose in die Niere. Diese Substanzen senken den HbA1c-Wert um etwa 1 Prozent und bewirken oft auch einen geringen Gewichtsverlust. Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen gehören genitale Pilzinfektionen, eine Erhöhung der LDL (low-density lipoprotein)-Cholesterin-Werte, vermehrte Harnausscheidung und Hypotonie. In Studien weisen erste Ergebnisse auf eine mögliche Zunahme schwerer kardiovaskulärer Ereignisse hin. Bei Pramlintid (nicht im AK der Schweiz) handelt es sich um eine synthetische Form des Pankreashormons Amylin. Pramlintid muss vor den Mahlzeiten appliziert werden. Zu
Beginn wird es meist in Dosierungen von 60 mg subkutan injiziert. Später kann die Dosis bis zu 120 mg gesteigert werden. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Übelkeit und Hypoglykämien.
Welche weiteren Interventionen
senken das Komplikationsrisiko?
Bluthochdruck ist ein Hauptrisikofaktor für diabetische
Komplikationen. Daher gehört die Blutdruckkontrolle neben
der glykämischen Kontrolle bei Diabetespatienten zu den
wichtigsten Massnahmen. In den meisten Richtlinien werden
Zielwerte von 140/90 mmHg empfohlen, die mit Thiazid-
diuretika in Kombination mit ACE-Hemmern oder Angio-
tensinrezeptorblockern erreicht werden können. Viele Dia-
betespatienten profitieren auch von einer Lipidsenkung mit
Statinen. Für Diabetespatienten mit einer Herzerkrankung
wird eine Behandlung mit Acetylsalicylsäure (Aspirin® und
Generika) empfohlen.
O
Petra Stölting
In the Clinic®: Type 2 Diabetes. Annals of Internal Medicine 2015.
Interessenkonflikte: Der Review wurde vom American College of Physicians (ACP) finanziert.
34. Symposium
«Medizin up to date» 2015
Für das diesjährige Symposium «Medizin up to date», das erstmals im Hotel Ramada in Basel stattfinden wird, hat Prof. Dr. med. Thierry Ettlin, Chefarzt und Medizinischer Direktor der Reha Rheinfelden, ein spannendes Programm zusammengestellt.
Prof. Ettlin, an wen richtet sich «Medizin up to date»? Mit dem Symposium wollen wir Allgemeinpraktikern, Internisten, aber auch Fachärzten verschiedener Richtungen und Apothekern aus der Deutschschweiz eine Weiterbildung jenseits der Routine bieten.
Nach welchen Kriterien stellen Sie das Programm zusammen? Wichtig sind mir nicht nur interessante und spezielle Themen, die man nicht überall präsentiert bekommt, sondern vor allem auch fachlich versierte und didaktisch begabte Referenten, die ihr Wissen praxisbezogen vermitteln können. So sind in den letzten Jahren immer sehr ansprechende Symposien zustande gekommen.
dass die Podiumsdiskussion die Teilnehmenden zur Mitwirkung bewegt. Dadurch entsteht ein interessanter und für die Praxis relevanter Austausch zwischen den Referenten und dem Publikum.
Weshalb findet das Symposium nicht mehr im Hotel Hilton statt? Das Hotel Hilton wird demnächst durch einen Neubau ersetzt. Mit dem Hotel Ramada im Messeturm in Basel haben wir eine gleichwertige Lokalität gefunden, die mit dem Tram 2 vom Bahnhof SBB und vom Badischen Bahnhof gut erreichbar ist. Ausserdem verfügt das Messegelände über genügend Parkplätze.
Interview: Christoph Herzog
Findet auch in diesem Jahr ein Podiumsgespräch statt? Ja, das Podium hat sich bewährt und ist etabliert. Wir stellen immer wieder fest,
Weitere Informationen und Anmeldung unter www.mepha.ch/events
«Medizin up to date»
auf einen Blick
Datum: Donnerstag, 5. November 2015 Zeit: 8.45–13.00 Uhr mit anschliessendem Stehimbiss Ort: NEU im Hotel Ramada, Basel Kosten: CHF 40.–; Anmeldung: www.mepha.ch/events Wissenschaftliche Organisation durch Prof. Thierry Ettlin, Chefarzt und Medizinischer Direktor Reha Rheinfelden
Referenten und Themen: PD Dr. Hakan Sarikaya: «Hirnschlagprävention – effiziente Massnahmen in der Praxis» PD Dr. Laurenz L. Meier: «Stressmanagement und Stressbewältigung» Dr. Marcus D’Souza: «Umgang mit genetischen Erkrankungen am Beispiel der Huntington Erkrankung – Patient und Familie» Prof. Dr. Hanspeter Killer: «Visuelle Halluzination – Was passiert im Kopf des Betrachters» Podiumsgespräch mit den Referenten, dem Auditorium sowie Dr. Dieter Frey, Dr. Klaus Bally und Dr. Sebastian Euler Die Credits wurden von den Fachgesellschaften bestätigt.